Polen, Österreich und die Kapitalmarktpolitik

Österreich und Polen weisen neben der katholischen Religion viele weitere Gemeinsamkeiten auf. Bei der Kapitalmarktpolitik könnten sie jedoch nicht verschiedener sein.


Während Polen aufgrund der aufstrebenden Finanzwirtschaft von einigen Analysten schon als New York des Ostens bezeichnet wird, stellt der österreichische Kapitalmarkt im internationalen Vergleich ein Schattendasein dar. Wenige Börsengänge, kaum Niederlassungen internationaler Finanzkonzerne und eine geringe Aktionärsquote kann man als dessen Haupteigenschaften bezeichnen.
Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Polen diesbezüglich schon immer die Nase vorne hatte. Zwar zählt die 1771 gegründete Wiener Börse zu den ältesten der Welt, in Polen wurde allerdings schon um 1300 nachweislich mit Schuldscheinen gehandelt. Die älteste erhaltene polnische Aktie stammt aus dem Jahre 1768. Da die bis zum 2. Weltkrieg entstandenen sieben polnischen Wertpapierbörsen von den Nationalsozialisten und in späterer Folge von den Sowjets geschlossen wurden, besteht allerdings kein Bezug mehr zum heutigen Aktienmarkt, was diesem im Vergleich mit Wien um einiges jünger macht. Ins Leben gerufen wurde er 1989, nachdem mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion dessen System der Planwirtschaft zu Ende ging. Bei der Transformation zu einer liberalen Marktwirtschaft gilt die Gründung der Warsaw Stock Exchange, heute einer der wichtigsten Handelsplätze Europas, als Meilenstein. Diese ermöglichte nicht nur neu gegründeten Unternehmen die Beschaffung von frischem Kapital in Form von IPO’s (Börsengängen), auch ehemalige Staatskonzerne konnten so privatisiert werden, wodurch die Kapitalisierung schon zur damaligen Zeit ungemein erhöht wurde. Auch in Österreich wurden im Laufe der Zeit einige staatliche Unternehmen privatisiert. Dennoch verblieben bis heute viele in staatlicher oder teilstaatlicher Hand. Prominente Beispiele sind die stark subventionierten ÖBB oder auch die OMV. Selbst Betriebe, welche keine außerordentlich wichtige Infrastruktur betreiben, wie beispielsweise die Österreichische Post, befinden sich noch immer im (teil)staatlichen Besitz. Die Privatisierung dieser hätte die gleichen positiven Effekte wie in Polen. Selbst falls der Staat sich lediglich auf die Sperrminorität von 25% + 1 Aktie zurückzieht, um wichtige Entscheidungen im Aufsichtsrat noch blockieren zu können, brächte der Börsengang der restlichen Anteile ein gesamtes Potential von 20-25 Milliarden Euro für den österreichischen Kapitalmarkt. Dies wird aber höchstwahrscheinlich, selbst vermutlich unter der übernächsten Bundesregierung, nicht passieren. Im Gegensatz dazu nahm die damalige polnische Regierung laut Studien aus den neunziger Jahren erheblichen Einfluss auf den Ausgabepreis der Aktien, was zur Entstehung bemerkenswert positiver Emissionsrenditen führte. Obwohl die Regierung ihr Massenprivatisierungsprogramm 1997 einstellte, wuchs der polnische Kapitalmarkt weiterhin an. 2004 war es dann endlich so weit: in Bezug auf Marktkapitalisierung überholte die Warsaw Stock Exchange die Wiener Börse. Das rasante Wachstum des polnischen Kapitalmarktes beruht also auf mehreren Aspekten, die Privatisierung von ehemals sowjetischen Staatskonzernen ist also nur einer davon. Die hohe Rate an ausländischen Anlegern sowie Emittenten fällt signifikant auf. Für diese stellt Polen eine Drehscheibe für ganz Osteuropa dar. Ironischerweise wollte sich ebenso Wien in den vergangenen Jahren als solche positionieren. Aufgrund des bescheidenen Erfolgs hat die Wiener Börse ihre Strategie allerdings wieder geändert und konzentriert sich nun auf andere Märkte. In Österreich macht grundsätzlich auch die hohe Steuerlast Anlegern zu schaffen. Während in Polen die Abgeltungssteuer nur 19 % beträgt, müssen in Österreich beispielsweise 27,5 % berappt werden.
Einen weiteren wichtigen Aspekt stellt zweifelsohne das Pensionssystem dar. Während in Österreich das staatliche Pensionssystem auf einem Umlageverfahren basiert, ist es in einer Säule des polnischen Systems obligatorisch, Geld auf einen frei wählbaren Fonds anzulegen. Dieses anvertraute Geld wird dann am Kapitalmarkt angelegt und vermehrt, wovon sowohl dieser als auch der zukünftige Pensionär profitieren. Eine diesbezügliche Reform wäre also auch in Österreich unumgänglich. Hierfür müsste die Regierung, allen voran der sozialdemokratische Teil, ihre kapitalmarktfeindliche Haltung ablegen. Ein jeder Anleger wird in der Öffentlichkeit als Spekulant abgestempelt und genießt infolgedessen nur ein äußerst niedriges Ansehen. Über die Funktion eines starken Kapitalmarktes sollte auch an österreichischen Schulen unterrichtet werden. Doch auch hierfür wäre eine Reform nötig, was ja der österreichischen Regierung im Gegensatz zur polnischen gar nicht liegt.


Marcus Hengsberger, Polonika nr 258, styczeń 2017

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