55 POLNISCHE SPUREN im Zentrum von Wien


Vom Autor
Wussten Sie, dass es in Österreich mehrere hundert Orte gibt, die mit der polnisch-österreichischen Geschichte verbunden sind? Viele Denkmäler, Gedenktafeln, Grabsteine, Straßen- und Platznamen sowie verschiedene Gebäude erinnern materiell an das Leben mehrerer Generationen von Polinnen und Polen in diesem Land. Ihre Zahl ist so groß, dass es unmöglich wäre, sie alle in einer einzelnen Publikation zu beschreiben. Beginnen wir unsere Reise also mit Wien und konzentrieren uns auf das Zentrum der Stadt, den 1. Gemeindebezirk. Allein in der Innenstadt finden sich über 50 Orte, die von der jahrhundertealten Präsenz der Polinnen und Polen in dieser Stadt zeugen.
Ich lebe seit über 30 Jahren in Wien und habe die vorliegende Publikation aufgrund meiner persönlichen Interessen verfasst. Ich hoffe, dass sie auch das Interesse der Leserinnen und Leser wecken wird. Unsere Tour beginnt mit dem bekannten Stephansdom, dem Wahrzeichen Wiens, und endet auch dort. Ich möchte Sie herzlich einladen, den Spuren der polnischen Geschichte in Wien zu folgen.


Mag. Sławomir Iwanowski
Chefredakteur des Magazins für Polen in Österreich „Polonika“

(Übersetzung vom Polnischen ins Deutsche: Barbara Pociecha)

INHALTSVERZEICHNIS

1. Die Reliquien von Papst Johannes Paul II
2. Das Bildnis von Papst Johannes Paul II
3. Die Statue von Johann III. Sobieski
4. Die Statue des hl. Klemens Maria Hofbauer
5. Das Gnadenbild des Barmherzigen Jesus
6. Die Grabplatte von Alexander Herzog von Masowien
7. Das Reliquiar mit Erde und Asche der Opfer von Auschwitz und Mauthausen
8. In den Katakomben begrabene Polen
9. Altar aus der Marienkirche in Danzig
10. Die Gedenktafel von Andrzej Taczanowski und Leopold Dassanowsky
11. Das Kaffeehaus von Franciszek Kulczycki
12. Die Gedenktafel von Stanislau Potocki
13. Das Gnadenbild des Barmherzigen Jesus in der Franziskanerkirche
14. Die Statue der Maria mit der Axt
15. Die Kapelle von Stanislaus Kostka in der Kirche St. Anna
16. Die Gedenktafel des hl. Klemens Maria Hofbauer
17. Der Wiener Musikverein und die Familie Czartoryski
18. Das Denkmal des Ludwig Zamenhof
19. Die Gedenktafel von Leon Zelman
20. Der Grundstein für das Entsatz-Denkmal
21. Herzog Friedrich von Teschen
22. Das Papstkreuz
23. Das Wappen des Königreichs Galizien und Lodomerien
24. Joseph Maximilian Ossolinski
25. Statue eines polnischen Soldaten von der Entsatzschlacht
26. Medaillons am Denkmal von Kaiser Joseph II
27. Die Gedenktafel von Johann III. Sobieski
28. Die Wappenschilder mit dem polnischen Adler und dem litauischen Pahonja
29. Der polnische Adler und das litauische Pahonja auf der Albertina-Galerie
30. Eleonore Maria Josefa von Österreich, Königin von Polen
31. Die polnischen Ulanen
32. Die Gedenktafel von Frédéric Chopin
33. Franciszek Trześniewski, der König der Brötchen in Wien
34. Das Bildnis des heiligen Maximilian Kolbe
35. Teofil Kotykiewicz, polnischer Harmoniumbauer
36. Das Denkmal des hl. Klemens Maria Hofbauer
37. Agenor Gołuchowski
38. Die Gedenktafel des hl. Johannes Paul II
39. Das Gnadenbild des Barmherzigen Jesus in der Kirche Am Hof
40. Der Krakauer auf dem Palais Ferstel
41. Die Allegorie des Flusses Weichsel
42 Fürst Józef Poniatowski
43. Die Stanislaus-Kostka-Kapelle in der Kurrentgasse
44. Die Ortsnamen auf dem Mahnmal für die Opfer des Holocausts
45. Die Steine der Erinnerung
46. Das Oberste Nationalkomitee (NKN)
47. Das Pressebüro des Obersten Nationalkomitees (NKN)
48. Polnisches Institut Wien
49. Hl. Klemens Maria Hofbauer, Stadtpatron von Wien und Warschau
50. Die Kapelle von Stanislaus Kostka in der Jesuitenkirche
51. Hl. Hyazinth – Apostel von Polen
52. Ladislaus IV. Wasa, König von Polen
53. Hl. Josaphat Kuncewicz, Schutzpatron von Polen und der Ukraine
54. Wohnhaus von Franciszek Kulczycki
55. Octavianus Wolckner von Krakau


1. Die Reliquien von Papst Johannes Paul II.
Domkirche St. Stephan, Stephansplatz 3, 1010 Wien
Beim Haupteingang des Stephansdoms befinden sich in der Wand im rechten Domschiff die Reliquien des Heiligen Johannes Paul II. Sie wurden unter dem Portrait des polnischen Papstes angebracht. Durch das eingebaute Vergrößerungsglas kann die Haarsträhne des Heiligen in der Kapsel angesehen werden. Das Reliquiar ist aus Bronze angefertigt, hat die Form eines Schlüssels und verweist somit auf die Schlüssel Petri, ein Symbol der Vorherrschaft des Papstes als Nachfolger Petri über die irdische Kirchengemeinschaft.


Die Arbeiten an der Gestaltung und dem Bau des Reliquiars, das von dem österreichischen Maler und Bildhauer Bernd Fasching (geb. 1955) stammt, dauerten über ein Jahr. Am 22. Oktober 2020 wurde anlässlich des 42. Jahrestags seines Pontifikatsbeginns die Reliquie des heiligen Johannes Paul II. im Stephansdom enthüllt. Das Jahr 2020 war besonders, da es den 100. Geburtstag des polnischen Papstes, zuvor unter dem bürgerlichen Namen Karol Wojtyła bekannt, markierte. Drehen wir die Zeit aber um ein Jahr zurück.
Am Sonntag, den 5. Mai 2019, fand im Wiener Stephansdom ein außergewöhnliches Ereignis statt. Die Reliquien des Johannes Paul II. wurden feierlich beim Glockenläuten ins Innere gebracht. Sie waren ein Geschenk an den Metropoliten von Wien, Kardinal Christoph Schönborn, und die Pfarrgemeinde des Stephansdoms. Diese wertvolle Gabe an die WienerInnen kam von dem Erzbischof von Lemberg, Mieczysław Mokrzycki, dem langjährigen Sekretär des polnischen Papstes. Im überfüllten Dom versammelten sich die Gläubigen aus ganz Wien zum Sonntaggottesdienstes, an dem die Reliquie dem Dompfarrer Anton Faber überreicht wurde. Sie enthält Haare des im Jahr 2014 kanonisierten Johannes Paul II.
Der Erzbischof von Lemberg feierte den Gottesdienst im dem originalen liturgischen Gewand, das Karol Wojtyła 1983 während der Liturgie im Stephansdom getragen hatte. Die bei der Feier verwendeten Kelche hingegen waren ein Geschenk an den Dom während seiner zweiten Pilgerfahrt im Jahr 1988. Das den Reliquien beigesetzte Dekret wurde in polnischer und deutscher Sprache verlesen. „Möge das Volk Gottes vor dieser Reliquie beten. Möge es durch die Fürsprache des hl. Johannes Paul II. Gnaden empfangen. Möge es ihm in Glauben und Eifer folgen. Möge die ständige Anwesenheit der Reliquie in dieser Kirche wie ein Siegel die Einheit der heiligen Kirche betonen, die sich im Gebet für den Nachfolger des heiligen Petrus versammelt“ – steht im Dokument, das vom Metropoliten von Lemberg unterzeichnet wurde.
In der Predigt richtete Erzbischof Mieczysław Mokrzycki in Erinnerung an den polnischen Papst unter anderem folgende Worte an die versammelten Gläubigen: „Und ich glaube, dass er Sie, hier anwesend in einem Teil seines Körpers, von nun an segnen wird. Er wird diese Stadt segnen, die jedem Polen, auch dem Heiligen Vater Johannes Paul II. selbst, auf besondere Weise am Herzen liegt, und lasst uns diesen göttlichen Segen nun empfangen...“.

2. Das Bildnis von Papst Johannes Paul II.
Domkirche St. Stephan, Stephansplatz 3, 1010 Wien
Auf allen seiner drei apostolischen Reisen nach Österreich (1983, 1988 und 1998) besuchte Johannes Paul II. den Stephansdom und betete, bevor der Gottesdienst begann, immer in der Eligiuskapelle oder beim Maria-Pócs-Altar. Genau an diesem Ort, beim Haupteingang in den Stephansdom, neben dem Eingang in die Eligiuskapelle, wurde am 28. Februar 2013 ein Bild von Johann Paul II enthüllt.


Die Enthüllung fand anlässlich des Dankgottesdienstes nach dem Pontifikat von Papst Benedikt XVI. statt, und das Bild wurde vom Apostolischem Nuntius in Wien, Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen, gesegnet.
Das Gemälde wurde anstelle einer Gedenktafel aufgehängt, die zuvor die Pilgerfahrten des polnischen Papstes nach Österreich verewigt hatte. Zur Erinnerung an seine Person und seine Pilgerfahrten nach Österreich wurde am 16. Oktober 2007, zum 29. Jahrestag seiner Wahl zum Papst, im Dom eine Gedenktafel aus weißem Marmor enthüllt, die durch Beiträge der Polinnen und Polen in Österreich finanziert wurde. Bald wurde sie wieder abgenommen, weil sie nicht dem anfänglichen Entwurf entsprach. Heute befindet sich die abgenommene Tafel in der St. Josefskirche am Kahlenberg.
Das Portrait des Papstes ist ein sogenanntes Tondo, das ebenfalls von Bernd Fasching kreiert wurde. Ein Tondo ist ein Gemälde oder Relief in kreisrunder Form. Das Wort ist eine abgekürzte Form des italienischen Begriffs rotondo (lat. Rotumdus, übersetzt „rund“). Tondo war charakteristisch für die Kunst der italienischen Renaissance, in der das häufigste Motiv religiöse Szenen waren. Kunstwerke jener Art waren bereits im antiken Griechenland und Rom beliebt und sind noch heute auf Grabsteinen zu finden. Das kreisförmige Format unterstreicht die Würde und den Status der dargestellten Person und lenkt den Blick auf das Abbild selbst, wodurch die Wirkung des Werks verstärkt wird.
Bernd Fasching bezieht sich mit der Wahl des Tondo-Formats auf die Zeit und den Ursprung des christlichen Glaubens und der Kirche in der Antike. Der Künstler stellt den Papst mit Absicht als Mensch fortgeschrittenen Alters mit schmerzerfüllten Gesichtszügen dar. Der durch Krankheit und Alter geschwächte Johannes Paul II. hat nämlich sein Leiden vor der Öffentlichkeit nicht verborgen. Bernd Fasching arbeitete in das Bild die Botschaft ein, dass die Würde eines Menschen fortlebe, selbst wenn ihn alle seine Kräfte verlassen haben.

3. Die Statue von Johann III. Sobieski
Domkirche St. Stephan, Stephansplatz 3, 1010 Wien
Begeben wir uns von der rechten Seite des Hauptaltars zum Südturm des Doms hin. Auf dessen Wand befinden sich einige Skulpturen des damaligen Denkmals, das die Abwehr während der Zweiten Wiener Türkenbelagerung verewigte.


Die Stadt Wien initiierte den Bau des Türkenbefreiungsdenkmals, um den 200. Jahrestag der Befreiung der Hauptstadt der Habsburger zu feiern (Schlacht am Kahlenberg: siehe Nr. 25). Um zu vermeiden, dass die Errichtung als Vorwand für interne nationale Konflikte in der Habsburgermonarchie missbraucht wird – unter anderem aufgrund der Deutschen, die nationalistisch gegen Polen eingestellt waren und die Beteiligung von Johann III. Sobieski herabsetzen wollten –, wurde entschieden, das Denkmal nicht im öffentlichen, städtischen Raum Wiens aufzustellen, sondern im Stephansdom.
Es wurde am 13. September 1894 eingeweiht. Neben den Skulpturen der Hauptfiguren der Schlacht um Wien befand sich auch die Statue von Johann III. Sobieski. Jedoch war diese von geringer Größe und befand sich außerdem im Hintergrund, was zu großer Unzufriedenheit von Seiten der Polen führte. 1945 wurde das Denkmal im Zuge eines Brandes vom Dom durch die vom Turm fallende Glocke Alte Pummerin zerstört. Sie wurde 1710 aus Kanonen gegossen, die von der aus Wien im Jahre 1683 flüchtenden Osmanischen Armee zurückgelassen wurden.
Die übriggebliebenen Reste des Denkmals, also die Figur des Kaisers Leopold I., des Papstes Innozenz XI. und der Muttergottes wurden 1947 an der Wand des Doms angebracht. Die Inschrift auf der Gedenktafel lautet: Einst in der türkischen Not zu Hilfe kam rettend Maria. Stolze Gestalten in Stein zeugten vom Dank ihrer Stadt. Nun da der furchtbarste Krieg zerstörte den Dom und das Denkmal, Jungfrau, Kaiser und Papst einzig verschonte der Brand. Innozenz sehet den Elften und Leopoldus den Ersten, Knieend mahnen sie euch: Lasset zu hoffen nicht ab! Nie wird in künftigem Sturm ihr betendes Wien sie verlassen. Österreichs Mutter, sie hilft, seid ihr nur stark und getreu. Preradović.
Paula Preradović (1887- 1951) war eine Lyrikerin und Schriftstellerin, die die österreichische Bundeshymne verfasst hat.
Die zerstörten Statuen der anderen Personen können in den Katakomben betrachtet werden. Die des polnischen Königs befindet sich in der St. Josefskirche auf dem Kahlenberg. Neben den erhaltenen Skulpturen, die an der Wand des Domes hängen, wurde ein Modell aufgestellt, dass das damalige Denkmal darstellt. Darauf ist die Figur von Johann III. Sobieski zu erkennen.
Es sollte noch hinzugefügt werden, dass die Behörden von Wien in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum 200. Jahrestag der Schlacht am Kahlenberg beschlossen, eine kleine Straße und einen kleinen Platz im 9. Gemeindebezirk nach dem polnischen König zu benennen (Sobieskigasse, Sobieskiplatz). Sie befinden sich an der Stelle, wo Johann III. Sobieski am Tag nach der siegreichen Schlacht unter dem Jubel und den Rufen „Ah, unser tapferer König!“ der Einwohnerinnen und Einwohner in Wien einritt. Die Polinnen und Polen in Österreich kommentierten dies damals folgendermaßen: „Endlich, nach 200 Jahren, ehrten die Wienerinnen und Wiener das Andenken ihres Befreiers, natürlich umsonst”.

4. Die Statue des hl. Klemens Maria Hofbauer
Domkirche St. Stephan, Stephansplatz 3, 1010 Wien
Im rechten Domschiff auf der Säule direkt beim Hauptaltar befindet sich die Statue des hl. Klemens Maria Hofbauer (1751-1820), des Stadtpatrons von Wien und Warschau. Lasst uns nun seine Geschichte kennenlernen.


Kindheit und Jugend
Klemens Maria Hofbauer wurde am 26. Dezember 1751 in Tasswitz bei Znaim im Landesteil Mähren geboren und war das neunte von zwölf Kindern von Maria und Pavel Dvořák. Sein Taufname war Johannes. Unter diesem war er auch bekannt, bis er sich für ein Einsiedlerleben entschied, Mönch wurde und den Namen Klemens Maria annahm. Sein Vater, der von Beruf Viehzüchter und Metzger war, wanderte nach Mähren aus, das zur Habsburgermonarchie gehörte, und änderte seinen tschechischen Namen Dvořák in sein deutschsprachiges Äquivalent Hofbauer. Er starb, als Johannes sieben Jahre alt war.
Schon in seiner Kindheit hatte Johannes den Wunsch, Priester zu werden. Als junger Ministrant träumte er davon, beim Altar als Priester zu stehen. Aufgrund der finanziellen Situation seiner Familie konnte er das Theologiestudium jedoch nicht finanzieren und musste arbeiten. 1767 begann er als Bäckerlehrling in Znaim zu helfen und 1770 bekam er eine Stelle in der Bäckerei beim Prämonstratenserstift Klosterbruck. Zu dieser Zeit herrschten im Land infolge von Kriegen schreckliche Hungersnot und Typhus. Viele abgemagerte Menschen standen vor den Toren des Klosters und warteten auf ein Stück Brot. Tag und Nacht arbeitete Hofbauer hart, um die Bedürfnisse derer, die um Hilfe baten, zu befriedigen. Beim Klostertor verteilte er auch Almosen und kam so mit dem Leid der Menschen in direkten Kontakt. Diese Erfahrungen prägten seine Sensibilität ein Leben lang. Die Bereitschaft, den Armen zu helfen, wurde ein Kennzeichen seines Lebens als Geistlicher. Er suchte Trost bei Gott und pilgerte 1769 zusammen mit seinem Freund Peter Kunzmann zum ersten Mal nach Rom.

Leben als Einsiedler
1771 zog er erneut zu Fuß nach Italien. Er erreicht die Stadt Tivoli in der Nähe von Rom und bat dort den örtlichen Bischof, ihn in die einheimische Einsiedlergemeinschaft im Sanktuarium Santuario della Madonna di Quintiliolo aufzunehmen. Johann Hofbauer wurde Mönch und nahm den Namen Klemens Maria an: Klemens nach Klemens, dem Bischof von Ankara und frühchristlichen Märtyrer, und Maria nach der Mutter von Jesus. Er arbeitete im Sanktuarium in Tivoli, verließ jedoch die Stadt nach sechs Monaten, um seinen Wunsch zu realisieren – zu studieren und Priester zu werden. Hofbauer kehrte nach Znaim zurück, arbeitete erneut in der dem Kloster nahegelegenen Bäckerei und begann anschließend sein Theologiestudium an der Wiener Universität. Da die Regierung nach und nach alle Priesterseminare geschlossen hatte, konnten Priesterkandidaten nämlich nur noch an staatlichen Universitäten studieren. Kurz danach erließ Kaiser Joseph II. Gesetze, die eine Zulassung von Novizen zum Priestertum untersagten. Erneut wurde Klemens somit der Weg zum Priestertum verwehrt. Er kehrte deshalb nach Hause zurück und lebte zwei Jahre lang als Einsiedler in der Nähe seiner Heimatstadt Tasswitz, um sich dem Gebet zu widmen. Seine Mutter überredete ihn, erneut das Einsiedlerleben aufzugeben und wieder in der Bäckerei zu arbeiten, diesmal aber in Wien.

Eintritt in die Gemeinschaft der Redemptoristen
Im Jahr 1784, während einer weiteren Wallfahrt nach Rom, beschlossen Klemens und sein Reisebegleiter und Freund vom Theologiestudium Thaddäus Hübl, der Kongregation des Heiligen Erlösers (Congregatio Sanctissimi Redemptoris) beizutreten. Beide wurden aufgenommen und nach ihrem Noviziat 1785 zu Redemptoristen. Sie schworen Armut, Keuschheit und Gehorsam und wurden zu Priestern geweiht. Klemens Maria Hofbauer war 34 Jahre alt.
Einige Monate nach ihrer Weihe wurden Klemens und Thaddäus, die zwei neuen Redemptoristen, zum Ordensgeneral, Francesco Antonio de Paola, geladen, der sie bat, nach Österreich zurückzukehren. Dort, in den slawischen und germanischen Ländern Nordeuropas, sollten sie neue Standorte für die Gemeinschaft der Redemptoristen errichten und gemäß der Mission des Ordens, allen Menschen, insbesondere den Armen und geistlich Verlassenen, die am Rande der Kirche und der Gesellschaft lebten, religiöse Hilfe leisten. Klemens war es jedoch nicht möglich, dies in seinem Land zu erreichen. Der österreichische Kaiser, der Klöster beseitigte, beabsichtigte nicht, neue Siedlungen auf seinem Gebiet zuzulassen. Klemens reiste daher nach Polen und kam im Februar 1787 nach Warschau.

Mission in Warschau
Klemens kam mit leeren Händen nach Warschau. Sein letztes Geld gab er nämlich an einige Bettler, denen er unterwegs begegnete. Er besuchte den apostolischen Delegaten, Erzbischof Saluzzo, der ihm die Kirche St. Benno in Warschau anvertraute, um dort als Pfarrer für die deutschsprachige Bevölkerung zu predigen.
Während der Aufklärungsepoche ging die Zahl der Kirchenbesucher zurück. Obwohl sich in Warschau zu dieser Zeit über 150 Kirchen und über 20 Klöster befanden, wurde die Stadt als „Stadt ohne Gott“ beschrieben. Die Aufgabe, eine neue Kirche zu gründen, die Klemens sich selbst erteilt hatte, war nicht einfach. Anfangs predigte er in einer leeren Kirche, weil er das Vertrauen der Gläubigen erst noch gewinnen musste. Sobald er die polnische Sprache gelernt hatte, übernahm er ebenfalls das Apostolat der Polinnen und Polen.
Kurz nach seiner Ankunft in Warschau wurde die Kirche St. Benno zur meistbesuchten katholischen Kirche in der Stadt. Täglich wurden Predigten in deutscher und polnischer Sprache gehalten, und man konnte an vielen feierlichen Gottesdiensten teilnehmen. Die Priester standen zu jeder Tages- und Nachtzeit im Beichtstuhl zur Verfügung. Die Anzahl der erhaltenen Sakramente stieg von 2.000 im Jahr 1787 auf über 100.000 im Jahr 1800. Die Ordensgemeinschaft wuchs um mehrere Dutzend Redemptoristen. Als der General des Redemptoristenordens das Ergebnis seiner Arbeit sah, ernannte er Klemens zum Generalvikar der Gebiete nördlich der Alpen.
Die Redemptoristen unterstützten ärmere Familien, gründeten ein Waisenhaus für obdachlose Jungen und verwandelten dasselbe vier Jahre nach ihrer Ankunft in eine Schule für Jungen. Sie eröffneten in dieser Zeit auch das einzige Internat für Mädchen in Warschau, das von Nonnen betreut wurde. Das von Spendern kommende Geld reichte aber nicht aus, um zwei Kirchen aufrechtzuerhalten: St. Benno und die Jesuitenkirche, das oben erwähnte Waisenhaus, das Internat und die Grundschule für mehrere hundert Kinder, von denen die meisten für Bildung und Unterhalt nicht bezahlen konnten. Klemens, der die polnische Sprache hervorragend erlernt hatte, gründete eine Druckerei und einen Verlag, der religiöse Bücher und Schulbücher veröffentlichte.
Um die Schüler mit Kleidung und Essen zu versorgen, mussten Klemens und seine Gefährten manchmal in reichen Häusern betteln, manchmal auch auf der Straße. Sie wurden unterschiedlich behandelt, jedoch nicht immer freundlich. Einmal, als Klemens einen Mann um Almosen bat, verspottete dieser ihn und spuckte ihm sogar ins Gesicht. Klemens blieb jedoch ruhig, wischte sich das Gesicht ab und antwortete: Das war für mich. Bitte, gib mir jetzt etwas für meine Waisenkinder. Geschockt von der Haltung des heiligen Klemens, drückte ihm der Mann alle Münzen, die er bei sich hatte, in die Hand.
Die Tätigkeit von Klemens in Polen, die 21 Jahre dauerte, war von turbulenten Zeiten geprägt. Das Land hatte bereits die erste Teilung erlebt und im Jahr 1794 folgte die zweite. Im Herbst 1794 griff die russische Armee unter General Alexander Suworow Warschau an. Klemens schrieb in dieser Zeit an seinen Ordensgeneral: Schweres Unglück erfüllte uns mit Angst (...) Nach der Eroberung der Prager Vororte wurden über 16.000 Menschen - Männer, Frauen und Kinder - ermordet. Wir mussten diese grausamen Szenen beobachten, als es vor unserem Haus geschah. Klemens Hofbauer organisierte zusammen mit anderen Redemptoristen die Betreuung von Kindern – Waisen nach den Opfern der Schlacht bei Prag.
1806 wurde Warschau von Napoleons Armee besetzt. Die Franzosen, die religiöse Orden ablehnten, blickten auf die den Frieden verkündenden Redemptoristen mit besonderem Misstrauen. Klemens, als Priester aus dem Ausland, traute man nicht, und der Gemeinschaft selbst wurde vorgeworfen, mit der königlichen Familie der Bourbonen zu sympathisieren, da ihr Brüder aus Frankreich ebenfalls angehörten. Es kam der Verdacht auf Verrat auf. Geistlichen aus anderen Pfarrgemeinden war es verboten, Redemptoristen in ihre Häuser einzuladen. Kurz darauf wurden die Beschränkungen verschärft und den Brüdern verboten, zu predigen und anderen die Beichte abzunehmen. Am 20. Juni 1808 wurden auf Befehl der französischen Behörden 40 Redemptoristen festgenommen. Viele BewohnerInnen aus Warschau wollten die Väter und Brüder verteidigen, aber als sie sich in der Nähe der Kirche St. Benno versammelten, griff sofort das Militär ein. Napoleon persönlich forderte, sie unverzüglich aus Warschau auszuweisen. Sie wurden in die Festung Küstrin gebracht und die Kirche St. Benno wurde geschlossen. Die Geistlichen verbrachten einen Monat im Gefängnis. Nach ihrer Entlassung wurden sie aufgefordert, in ihre eigenen Länder zurückzureisen und durften nicht mehr in das Herzogtum Warschau zurückzukehren.

Die Rückkehr nach Wien
Im September 1808 erreichte Klemens Wien, wo er bis zu seinem Tod blieb.
Unermüdlich half er den Kranken, den Leidenden und den Armen und lehrte Studentinnen und Studenten. Er übte großen Einfluss auf die akademische Jugend in Wien aus. Aber auch in der kaiserlichen Hauptstadt wurde Hofbauer angegriffen. Aufgrund der eifrig gefeierten Gottesdienste, in denen Ansichten gegen die religiösen Reformen von Kaiser Joseph II. verkündet wurden, wurde Klemens verfolgt. Seine Predigten wurden niedergeschrieben und zur Polizei gebracht (auf diese Weise sind sie bis heute in den Archiven aufbewahrt). Sein Haus wurde durchsucht, für eine gewisse Zeit war es ihm verboten zu predigen, und ihm wurde mit Vertreibung aus Österreich gedroht. Dank der Fürsprache von Papst Pius VII. erlaubte der Habsburger Kaiser, die Zusammenkünfte der Redemptoristen in Österreich zu genehmigen, anstatt Klemens zu vertreiben. Als Sitz des Ordens wurde die Kirche Maria am Gestade gewählt. Die Dienstjahre von Klemens wurden endlich belohnt, doch dies erlebte er nicht mehr. Anfang März 1820 erkrankte er und starb in Wien am 15. März, 12 Jahre nach seiner Rückkehr aus Warschau.
Klemens Maria Hofbauer wurde am 29. Jänner 1888 von Papst Leo XIII. seliggesprochen. Papst Pius X. erklärte ihn am 20. Mai 1909 zum Heiligen der katholischen Kirche und verlieh ihm 1914 den Titel des Stadtpatrons von Wien. Er ist ebenfalls Patron der BäckerInnen. Aufgrund seiner großen Verdienste in Warschau gilt er auch als Stadtpatron der polnischen Hauptstadt.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kehrten die Redemptoristen nach Polen zurück. 1909 entstand die sogenannte „Prowincja Warszawska Redemptorystów“ (deutsch: die Warschauer Provinz der Redemptoristen), die heute die größte Einheit dieser Ordensgemeinschaft auf der Welt ist.

Apostel von Wien und Warschau
Als die Bolschewiki 1920 Warschau bedrohten, fand am 10. August auf dem Schlossplatz ein Gebetsgottesdienst für die Heimat statt. Im Feldaltar, der beim Turm des Schlosses steht, wurden Reliquien von drei Patronen von Warschau platziert: dem heiligen Andreas Bobola, dem seligen Ladislaus von Gielniów und dem heiligen Klemens Maria Hofbauer. Mehrere tausend Einwohner der Hauptstadt baten um ein Wunder und die Abwehr der Roten Armee, die die Stadt bedrohte. Der Erzbischof von Warschau, Kardinal Aleksander Kakowski, appellierte an die Einwohner der Hauptstadt: „Solange der Glaube an Gottes Schutz und wahren Patriotismus in der polnischen Seele pulsiert, haben Sie keine Kraft, die uns brechen könnte”. Die Rote Armee wurde an den Vorgeländen von Warschau zurückgeschlagen und begann, sich zurückzuziehen.
Der heilige Klemens Maria Hofbauer wird heute „Apostel von Wien und Warschau” genannt. Er selbst war durch sein 21-jähriges Apostolat in Warschau mit Polen verbunden und betrachtete es als seine zweite Heimat.
Im Zentrum Wiens gibt es mehrere Orte, an denen an diesen österreichischen und polnischen Heiligen erinnert wird (siehe Nr. 16, 36, 49). Seine wichtigste Gedenkstätte in Wien ist in der Kirche Maria am Gestade, in der seine sterblichen Überreste ruhen.

5. Das Gnadenbild des Barmherzigen Jesus
Domkirche St. Stephan, Stephansplatz 3, 1010 Wien
Begeben wir uns in das linke Seitenschiff des Stephansdoms. In der Nähe des Haupteingangs befindet sich das Bild des auferstandenen Jesus mit den charakteristischen Strahlen, die aus seinem Herzen hervorgehen. Im Zentrum Wiens finden wir das gleiche Bild auch in anderen Kirchen (siehe Nr. 13, 39). Dieses Kunstwerk ist in vielen Kirchen, Kapellen und Häusern auf allen Kontinenten der Welt anzutreffen. In der Kirchengeschichte ist es sogar das bekannteste Motiv von Jesus Christus. Was hat dieses Bild nun mit Polen zu tun?

Dieses Gemälde wurde nach den genauen Anweisungen von Helena Kowalska (1905-1938), auch bekannt als die heilige Maria Faustyna Kowalska, einer Schwester der Muttergottes von der Barmherzigkeit, erstellt.
Im Stephansdom befindet es sich im linken Seitenschiff, in der Nähe des Haupteingangs. Unter dem Bild stehen die Worte: „Jesus, ich vertraue auf Dich“. In der Kirche Am Hof, die für die kroatische Christengemeinschaft in Wien bestimmt ist, befindet sich dasselbe Gemälde in einer Seitenkapelle in der Nähe des Hauptaltars. Es ist mit derselben Unterschrift in kroatischer Sprache versehen, nämlich „Isuse, ja se uzdam u Tebe”.
Das Gemälde wird das Gnadenbild des Barmherzigen Jesus, der barmherzige Jesus oder „Jesus, ich vertraue auf Dich“ genannt. Es zeigt Jesus Christus, der in weißes Gewand gekleidet ist. Seine rechte Hand ist zum Segen erhoben, während er mit der linken auf sein Herz zeigt, aus dem zwei leuchtende Strahlen, ein roter und ein weißer, scheinen. Am 22. Februar 1931 erschien Jesus genau in dieser Gestalt der Schwester Faustyna in einer Zelle des Klosters der Kongregation der Schwestern der Muttergottes von der Barmherzigkeit in der polnischen Stadt Płock.
1925 trat Helena Kowalska in den katholischen Orden der Kongregation der Schwestern der Muttergottes von der Barmherzigkeit in Warschau ein und nahm den Namen Maria Faustyna an. Ihre mystischen Erfahrungen schrieb sie in ihrem Tagebuch zusammen. Dieses führte sie von 1934 bis 1938 in Vilnius und in Krakau. Nur wenigen ist bewusst, dass das später veröffentlichte „Tagebuch der Schwester Maria Faustyna Kowalska“ in dutzende Sprachen übersetzt und in millionenfacher Ausgabe gedruckt wurde und somit das bekannteste polnische literarische Werk der Welt ist. Besonders überraschend mag diese Information für Polinnen und Polen sein.
Die heilige Faustyna hat oft für Polen gebetet. In ihrem Tagebuch schrieb sie: Mein liebes Vaterland Polen, wenn du wüsstest, wie viele Opfer und Gebete ich für dich zu Gott bringe. Gib jedoch acht und lobpreise Gott. Gott erhöht und bevorzugt dich, aber bleibe dankbar.
Wie wir in einem weiteren Teil lesen können, kündigte Jesus eine Erhabenheit Polens an: Als ich für Polen betete, hörte ich die Worte: „Polen habe Ich besonders liebgewonnen, und wenn es Meinem Willen gehorcht, werde Ich es in seiner Macht und Heiligkeit erhöhen. Aus ihm wird ein Funke hervorgehen, der die Welt auf Mein endgültiges Kommen vorbereitet.
Der erschienene Jesus befiehlt der heiligen Faustyna, die Barmherzigkeit Gottes zu verkünden. In seinen Worten ist die göttliche Barmherzigkeit eine Voraussetzung für die Vergebung und somit die einzige Rettung für die Welt. Jesus Christus beauftragt sie ebenfalls, ein Gemälde in seinem Abbild zu erstellen.
Das Bild entstand basierend auf einer Vision der heiligen Faustyna und bezieht sich auf zwei Grundelemente des Glaubens: das grenzlose Vertrauen in Gott und Seine barmherzige Liebe zu den Menschen. Es ruft die Gläubigen auf, ihren Mitmenschen gegenüber barmherzig zu sein, was eine grundlegende christliche Pflicht ist.
Die heilige Faustyna Kowalska wird heute als Apostelin der Barmherzigkeit Gottes bezeichnet. Das unter ihrer Leitung gemalte Bild wurde auf der ganzen Welt verbreitet und ist eine wertvolle Errungenschaft der religiösen Kunst.

Die Entstehungsgeschichte des Bildes
Das Gnadenbild des Barmherzigen Jesus ist nicht nur deswegen einzigartig, weil es das bekannteste Jesusbild der Welt ist. Der besondere religiöse Kult dieses Bildes ist vor allem darauf zurückzuführen, dass das Werk durch den Willen Jesu entstanden und er selbst sein Autor ist. In dieser Gestalt erschien er nämlich Schwester Faustyna am 22. Februar 1931 im Kloster in Plock. So schrieb sie in ihrem Tagebuch: Am Abend, als ich in der Zelle war, erblickte ich Jesus, den Herrn, in einem weißen Gewand. Eine Hand war zum Segnen erhoben, die andere berührte das Gewand auf der Brust. Von der Öffnung des Gewandes an der Brust gingen zwei große Strahlen aus, ein roter und ein blasser. Schweigend betrachtete ich den Herrn; meine Seele war von Furcht, aber auch von großer Freude durchdrungen. Nach einer Weile sagte Jesus zu mir: Male ein Bild, nach dem, was du siehst, mit der Unterschrift: Jesus, ich vertraue auf Dich. Ich wünsche, dass dieses Bild verehrt wird, zuerst in eurer Kapelle, dann auf der ganzen Welt.
Die Schwester Faustyna konnte diese Bitte nicht selbst erfüllen; sie konnte weder malen noch kannte sie jemanden, der ihr dabei helfen konnte. Glücklicherweise wendeten sich die Dinge zum Besseren. Im April 1933, nachdem sie in der Klosterkapelle in Łagiewniki in der Nähe von Krakau ihre ewigen Gelübde abgelegt hatte, wurde sie in das Kloster in Vilnius geschickt. Dort traf sie den Pfarrer Michał Sopoćko, ihren festen Beichtvater. Sie vertraute ihm ihre spirituellen und mystischen Erfahrungen und Schwierigkeiten bei der Erfüllung der ihr aufgetragenen Aufgabe an. Pfarrer Sopoćko beauftragte einen Künstler aus Vilnius, Eugeniusz Kazimirowski, das Bild von Jesus zu malen.
Die Arbeiten dauerten ein halbes Jahr. Faustyna kam mehrmals in der Woche in das Malatelier, um seine Arbeit zu korrigieren, damit sie ihrer Erscheinung entsprach. Das Bild wurde 1934 fertiggestellt. Obwohl der Künstler sich bemühte, das Abbild Jesu nach den ihm gegebenen Anweisungen darzustellen, war Schwester Faustyna nicht ganz zufrieden. Daraufhin erreichten sie folgende Worte von Jesus: Nicht in der Schönheit der Farben oder des Pinselstrichs liegt die Größe dieses Bildes, sondern in Meiner Gnade.
Unter dem Bild wurde auf einer Messingtafel die polnische Inschrift „Jezu, ufam Tobie”, also „Jesus, ich vertraue auf Dich“, eingraviert. Diese Unterschrift ist ein integraler Bestandteil des Werks.
Das Gemälde wurde den Gläubigen erstmals 1935 am ersten Sonntag nach Ostern, dem Tag der Göttlichen Barmherzigkeit, in der Kapelle der Muttergottes der Barmherzigkeit beim Tor der Morgenröte in Vilnius gezeigt. Dies geschah gemäß der Empfehlung von Jesus, der Faustyna erneut erschienen war. Folgendes notierte sie dazu in ihrem Tagebuch: Ich wünsche, dass dieses Bild am ersten Sonntag nach Ostern öffentlich ausgestellt wird.
Schwester Faustyna starb 1938, doch das Gnadenbild des Barmherzigen Jesus wurde immer bekannter. Es entstanden zahlreiche Reproduktionen und Kopien. In Form von kleinen Bildern wurden gedruckte Exemplare verteilt, die z.B. Soldaten während des Zweiten Weltkriegs oder Gefangene in Konzentrationslagern erhielten.
Nach dem Krieg wurde das Originalbild des Barmherzigen Jesus jedoch für die Gläubigen unzugänglich. Litauen wurde Teil der Sowjetunion, die Katholiken unterlagen strengen Einschränkungen und im Jahr 1948 lösten die sowjetischen Behörden das Kloster in Vilnius auf. Das Gemälde hat jedoch die Zeiten des Kommunismus überstanden, indem es versteckt und von einem Ort zum anderen transportiert wurde.
Als 1987 in der Sowjetunion durch die Perestroika politische Veränderungen einsetzten, wurde das Gemälde zurück nach Vilnius gebracht und in der Heilig-Geist-Kirche ausgestellt. Nach Jahrzehnten konnte somit das Bild wieder betrachtet und seine unglaubliche Herkunft erneut verkündet werden. 2005 wurde das Gemälde ins Sanktuarium der Barmherzigkeit Gottes in Vilnius gebracht, wo es bis heute von den Gläubigen verehrt wird.

Die zwei Versionen des Bildes
Das Gemälde von Kazimirowski, das 1934 in Vilnius nach den genauen Anweisungen der heiligen Faustyna gemalt wurde, ist das einzige Werk, das zu Lebzeiten der Schwester entstanden ist. Der darauf dargestellte Jesus sieht genau so aus, wie er ihr in der Zelle des Klosters in Plock erschienen ist. Mit der Zeit entstanden weitere Varianten des Gnadenbildes des Barmherzigen Jesus. Doch die bekannteste und am meisten erkennbare Version war nicht das Jesusbild aus Vilnius, das die heilige Faustyna gesehen hat.
Es war das zehn Jahre später entstandene Gemälde von Professor Adolf Hyła, einem Künstler aus Krakau, der sich die Darstellung von Eugeniusz Kazimirowski und die Beschreibung des Jesus aus dem „Tagebuch der Schwester Maria Faustyna Kowalska“ als Vorbild nahm. Das fertige Gemälde schenkte er als Weihgabe für seine Rettung während des Krieges der Kongregation der Schwestern der Gottesmutter von der Barmherzigkeit. 1943 wurde es im Sanktuarium der Barmherzigkeit Gottes in Krakau-Łagiewniki ausgestellt.
Da das Gemälde des Barmherzigen Jesus aus Vilnius während des kommunistischen Regimes für mehrere Jahrzehnte verschwand, war das Gemälde von Adolf Hyła das einzige, zu dem die Gläubigen Zugang hatten. Das Gemälde aus Łagiewniki wurde außerordentlich verehrt. Es diente als Vorlage für zahlreiche Reproduktionen. Kopien dieses Gemäldes sind mit den Worten „Jesus, ich vertraue auf Dich“ in verschiedenen Sprachen auf der ganzen Welt zu finden. Und ebensolche Reproduktionen dieser Version des Bildes befinden sich im Stephansdom und in der Kirche Am Hof.
Das Gemälde von Adolf Hyła unterscheidet sich jedoch von dem in Vilnius gemalten Original. Neben einigen kleinen Details liegt der größte Unterschied im Blick von Jesus. Während der Visionen verkündete Jesus alle Einzelheiten zu seinem Aussehen. Mein Blick auf diesem Bild gleicht Meinem Blick vom Kreuz – waren die Worte Jesu aus ihrem Tagebuch.
Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene Interpretationen dieser Worte herausgebildet. Einige nehmen seine Aussage wörtlich: „Blick vom Kreuz“, d.h. sein Blick sollte nach unten gerichtet sein, wie von der Höhe des Kreuzes. Andere interpretieren diese Worte eher geistlich, und glauben, dass der Ausdruck „Blick vom Kreuz“ einen Blick beschreibt, der Barmherzigkeit ausdrückt. Je nach Deutung entstanden somit unterschiedliche Versionen des Abbilds Jesu.
Auf dem Gemälde von Adolf Hyła ist der Blick direkt auf den Betrachter gerichtet, während Jesus auf dem Bild von Eugeniusz Kazimirowski nach unten schaut. Als die korrekte Version kann Kazimirowskis Werk aus dem Jahr 1934 angesehen werden, das unter der genauen Aufsicht von Schwester Faustyna gemalt wurde. Der darauf dargestellte Jesus ist ihr nämlich auf diese Weise erschienen. Sie hat ihn so mit ihren eigenen Augen gesehen. Diese beiden Gemälde, die manchmal auch als Vilnius- und Łagiewniki-Gemälde bezeichnet werden, haben sich im Laufe ihrer Geschichte gegenseitig ergänzt. Die erste Version des Bildes verdankt nämlich ihre Rettung der zweiten. Das wachsende Interesse an dem Gemälde aus Krakau lenkte die Aufmerksamkeit der Kommunisten vom Original aus Vilnius ab, das so erhalten blieb. Vielleicht ist dies ja der wahre Grund, wieso das zweite Gemälde entstanden ist?

Die Mission
Das Gnadenbild des Barmherzigen Jesus war nicht der einzige Wille von Christus, den Faustyna erfüllte, nachdem sie ihn in ihren mystischen Erfahrungen angetroffen hatte. Der Feiertag der Göttlichen Barmherzigkeit wurde eingeführt, der Rosenkranz zur Barmherzigkeit Gottes wurde zu einem beliebten Gebet und die Kongregationen der Schwestern der Muttergottes von der Barmherzigkeit entwickelten sich weiter. Schwester Faustyna war überzeugt, dass ihre Mission nicht mit ihrem Tod enden würde. Auf den Seiten ihres Tagebuchs notierte sie: Ich spüre, dass meine Mission nicht mit dem Tod endet, sondern beginnt.
Am Tag der Barmherzigkeit, dem 30. April 2000, wurde Schwester Faustyna Kowalska heiliggesprochen. In seiner Predigt während der Messe mit Heiligsprechung in Rom sagte Papst Johannes Paul II unter anderem diese Worte: Meine Freude ist fürwahr groß, der ganzen Kirche heute das Lebenszeugnis von Schwester Faustyna Kowalska gewissermaßen als Geschenk Gottes an unsere Zeit vorzustellen. Die göttliche Vorsehung hat das Leben dieser demütigen Tochter Polens ganz und gar mit der Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts verbunden, das wir gerade hinter uns gelassen haben. […] Was werden die vor uns liegenden Jahre mit sich bringen? Wie wird die Zukunft des Menschen hier auf Erden aussehen? Dies zu wissen ist uns nicht gegeben. Dennoch ist gewiß, daß neben neuen Fortschritten auch schmerzliche Erfahrungen nicht ausbleiben werden. Doch das Licht der göttlichen Barmherzigkeit, dass der Herr durch das Charisma von Schwester Faustyna der Welt gleichsam zurückgeben wollte, wird den Weg der Menschen des dritten Jahrtausends erhellen.

6. Die Grabplatte von Alexander Herzog von Masowien
Domkirche St. Stephan, Stephansplatz 3, 1010 Wien
Gehen wir das linke Seitenschiff entlang Richtung Hauptaltar. Die älteste Schrift im Dom, die von Polen in Österreich berichtet, widmet sich der Verewigung des Bischofs Alexander. Seine lebensgroße Figur wurde zusammen mit dem Adlerwappenschild der polnischen Herrscherdynastie der Piasten in eine Grabplatte aus rotem Marmor gemeißelt, die vertikal in die Wand des Domes eingemauert wurde. Sie befindet sich im Nebenschiff auf der linken Seite des Hauptaltars und ist das vorletzte Grabmal links, wenn man vom mittelalterlichen Wiener Neustädter Altar zählt.

Alexander Herzog von Masowien (1400-1444) war der Neffe des polnischen Königs Wladislaw II. Jagiełło. Schon von seiner Kindheit an wurde er auf eine Karriere als Geistlicher vorbereitet. Seine Schwester war die berühmte Cimburgis von Masowien, die Ehefrau des Prinzen Ernst des Eisernen. Dank ihrer Fürsprache wurde Alexander Bischof von Trient. Später wurde er zum Patriarchen von Aquileja erhoben. Als Höhepunkt seiner Karriere gilt die Übernahme der Funktion als Pfarrer des Stephansdoms im Jahre 1442. Diese Beförderung ermöglichte ihm Kaiser Friedrich III., für den Aleksander ein Onkel war. Genau zur Zeit der Herrschaft von Friedrich III. wurde Wien zur Diözese und die Kirche zum Dom erklärt. Zwei Jahre nach der Übernahme des Pfarramtes wurde der Bischof Alexander Herzog von Masowien schwer krank und starb unerwartet. Er wurde im Dom begraben. Seine Person kann bis heute auf der Grabplatte bewundert werden.

7. Das Reliquiar mit Erde und Asche der Opfer von Auschwitz und Mauthausen
Domkirche St. Stephan, Stephansplatz 3, 1010 Wien
Ebenfalls auf der linken Seite des Domes, in der Nähe von der Grabplatte von Bischof Alexander, befindet sich die Barbarakapelle mit einem Reliquiar – einer Urne mit der Asche der Gefangenen der nationalsozialistischen Konzentrationslager Auschwitz und Mauthausen.

Die Urne mit der Asche der Gefangenen von dem deutschen nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz hat die Form einer kleinen dreieckigen Kapsel. 1983 wurde sie von Franciszek Macharski, dem Erzbischof von Krakau, anlässlich der ersten Pilgerfahrt von Papst Johannes Paul II. nach Österreich, an den Erzbischof von Wien, Franz König, übergeben. Sie wurde in den vertikalen Balken des spätgotischen Kreuzes aus dem 15. Jahrhundert, unter den Füßen von Jesus Christus platziert. Die Aufschrift auf dem Reliquiar lautet: Terra et cineres victimarum ex Oswiecim 1939–1945 (Erde und Asche der Opfer aus Auschwitz 1939-1945). Unter dieser Urne befindet sich eine weitere, die 1998 dort untergebracht wurde. Sie ist mit Erde und Asche der Gefangenen von Mauthausen gefüllt.
Das Konzentrationslager Mauthausen existierte von 1938 bis 1945. Als Standort wurden Gebiete in der Nähe der Stadt Linz gewählt, in der Nähe des Wiener Grabens, einem der größten Granitsteinbrüche Österreichs. Nach der Errichtung des Konzentrationslagers Mauthausen wurde mit dem Bau eines Außenlagers begonnen. Ein Netz von mehreren Außenlagern war über ganz Österreich verteilt und zählte ungefähr 50 Lager. Diese Lager fassten insgesamt über 200.000 Gefangene vieler Nationalitäten aus den Ländern Europas, die vom Dritten Reich erobert wurden. Über 100.000 Gefangene kamen dort zu Tode. In den Außenlagern von Mauthausen kamen über 30.000 Polen ums Leben.
1940 wurde in der Nähe von Mauthausen das Zweiglager Gusen errichtet. Mauthausen-Gusen war ein spezielles Lager mit höchster Sicherheitsstufe, das zur Vernichtung der polnischen nationalen Eliten diente. Während des gesamten Betriebs des Lagers stellten Polinnen und Polen den größten Anteil aller Gefangenen.
Bereits in den ersten zwei Jahren des Zweiten Weltkriegs transportierten die Nationalsozialisten im Rahmen der Intelligenzaktion und der Außerordentlichen Befriedungsaktion ungefähr 50.000 Polen, Vertreter der intellektuellen Elite, in Konzentrationslager. Weitere 50.000 Polen aus kulturellen, politischen, religiösen, sozialen und wirtschaftlichen Eliten wurden sofort erschossen. – Nur der Staat, dessen Führungsschichten vernichtet wurden, wird sich in die Rolle der Sklaven zurückdrängen lassen – sagte 1939 der Kanzler des Dritten Reichs, der Massenmörder Adolf Hitler.
Das Lager Mauthausen-Gusen wurde von der SS als „Vernichtungslager für die polnische Intelligenz” bezeichnet. Die Vernichtung der polnischen Elite sollte die nationale Identität der Polinnen und Polen zerstören. Der überlebende Rest der polnischen Gesellschaft sollte auf die Rolle unqualifizierter Hilfsarbeiter reduziert werden.
Bei seinem Besuch in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen am 24. Juni 1988 beendete Papst Johannes Paul II. seine Predigt mit Worten, die heute besonders aktuell sind: – Mensch von gestern – und von heute, wenn das System der Vernichtungslager auch heute noch irgendwo in der Welt fortdauert, sage uns, was kann unser Jahrhundert an die Nachfolgenden übermitteln? Sage uns, haben wir nicht mit allzu großer Eile deine Hölle vergessen? Löschen wir nicht in unserem Gedächtnis und Bewußtsein die Spuren der alten Verbrechen aus? Sage uns, in welche Richtung sollten sich Europa und die Menschheit „nach Auschwitz“ und „nach Mauthausen“ entwickeln? Stimmt die Richtung, in die wir uns von den furchtbaren Erfahrungen von damals entfernen? […] Wie müßten die Nationen und die Gesellschaften sein? Wie müßte Europa fortfahren zu leben?
Seit 1988 dient die Barbarakapelle im Stephansdom, nachdem dort die Asche der Gefangenen von Mauthausen platziert wurde, als Ort der Erinnerung und der Meditation.

8. In den Katakomben begrabene Polen
Domkirche St. Stephan, Stephansplatz 3, 1010 Wien
Im Dom gibt es mit der polnischen Geschichte verbundene Orte, die nur schwer zu besichtigen sind. In den Katakomben befindet sich der Sarg von Andrzej Poniatowski (1734-1773). Er war der Bruder des polnischen König Stanislaus II. August, ein General der österreichischen Armee und als Diplomat tätig. Andrzej Poniatowski ist in Wien gestorben. Prinz Józef Poniatowski, sein Sohn, war Oberbefehlshaber der polnischen Streitkräfte des Herzogtums Warschau, einem wenig einflussreichen Staat. Er liegt in der Wawel-Kathedrale begraben.
In den Katakomben des Stephansdoms befindet sich auch das Grab von dem 1773 in Wien verstorbenen Tomasz Sołtyk, dem Woiwoden von Lenczyca, einer Stadt in Mittelpolen. 1805 wurde eine Marmortafel im rechten Nebenschiff des Doms aufgestellt, die ihm gewidmet ist. Diese wurde jedoch 1945 während des Brandes des Doms zerstört.

9. Der Altar aus der Marienkirche in Danzig
Deutschordenskirche, Singerstraße 7, 1010 Wien
Direkt neben dem Stephansdom, bei der Singerstraße 7, befindet sich der Hauptsitz des Deutschen Ordens. In der Kirche St. Elisabeth, die zu diesem gehört, finden sich Orte, die mit der polnischen Geschichte verbunden sind.
Am 15. Juli 1410 wurde bei der Schlacht bei Tannenberg (Grunwald) das Heer des Deutschen Ordens durch die Polnisch-Litauische Union besiegt. Es war eine der größten mittelalterlichen Schlachten, die für die Geschichte Polens und ganz Mittel- und Osteuropas von großer Bedeutung war. Der Deutsche Orden verlor dabei seinen Ruf des „unbesiegbaren Ritterordens“, und die Schlacht selbst wurde für viele Jahrhunderte zum Symbol des Sieges über die deutschen Angreifer. Die gegenwärtige Realität des Ordens sieht jedoch völlig anders aus. Beginnen wir aber am Anfang.

Die Ritter mit dem schwarzen Kreuz
Der Deutsche Orden wurde zu Zeiten des Dritten Kreuzzugs (1189-1192) gegründet und war ursprünglich eine Spitalgemeinschaft, die Verletzte und Kranke behandelte. Die Bruderschaft bekam ein Krankenhaus in ihre Obhut, von dem ihr offizieller Name stammt: Der Orden der Brüder vom Deutschen Haus Sankt Mariens in Jerusalem. Einige Jahre später wurde die Spitalbruderschaft in einen Ritterorden umgewandelt, der Pilger im Heiligen Land schützten und Ungläubige bekämpften sollte. Ein charakteristisches Merkmal ihrer Kleidung waren weiße Mäntel mit einem schwarzen Kreuz, die sie über der Rüstung trugen. Der Orden wurde von Papst und Kaiser anerkannt und mit viel Gut beschenkt, nicht nur im Heiligen Land, sondern auch in Europa. So gewann er stärkeren wirtschaftlichen und politischen Einfluss und gründete weitere Konvente auf dem ihm zugeteilten Land. Die Angehörigen des Ordens waren bestrebt, einen eigenen, unabhängigen Ordensstaat zu gründen.

Der Deutsche Orden in Wien
Im Jahr 1205 wurde das Konvent des Deutschen Ordens in Österreich gegründet, als der österreichische Herzog Leopold VI. dem Orden ein bereits bebautes Gebiet im Zentrum von Wien zuteilte. Dort befand sich ein Wohnhaus, eine Kirche, Ställe und Hauswirtschaftsräume. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Gebiet infolge weiterer Spenden vergrößert. Heute umfasst es einen ganzen Gebäudekomplex, der zwei große Innenhöfe miteinschließt und zwischen der Churhausgasse und der Blutgasse sowie dem Stephansplatz und der Singerstraße liegt. Seit 1809 befindet sich hier der Sitz des Hochmeisters des Ordens. Es befinden sich dort auch die Schatzkammer, die Bibliothek, das Zentralarchiv, das Gästehaus und die wunderschöne Kirche St. Elisabeth, die Elemente der Gotik und des Barocks harmonisch verbindet.
Die Kirche stand zweimal in Flammen: 1258 und 1269. Nur der Turm blieb erhalten, zu dem das Hauptschiff im gotischen Stil hinzugefügt wurde. 1395 wurde das Gotteshaus der Patronin des Deutschen Ordens, der Hl. Elisabeth, geweiht.
Der gescheiterte Versuch eines Staates in Ungarn
Die Heilige Elisabeth, auch bekannt als Elisabeth von Thüringen oder Elisabeth von Ungarn, war die Tochter von Andreas II., dem König Ungarns. 1211 lud dieser die Ritter des Deutschen Ordens in sein Königreich ein, damit sie ihn im Kampf gegen heidnische Stämme, die in sein Land eingedrungen waren, unterstützten. 1225, bereits nach einigen Jahren, vertrieb er den Deutschen Orden jedoch aus seinem Land, bevor dieser sich dort festigen konnte. Der Herrscher erkannte, dass die Ordensritter mehr daran interessiert waren, auf seinem Land einen eigenen Staat des Deutschen Ordens zu schaffen, anstatt gegen die Heiden zu kämpfen.

Die Einladung aus Polen
1226, ein Jahr nachdem der Ritterorden aus Ungarn vertrieben worden war, lud der Herzog Konrad I. von Masowien den Deutschen Orden ein, die christliche Mission in Masowien zu übernehmen. Und so fing es an… Ungefähr zwei Jahrhunderte lang haben sich die Ordensritter dort so eingenistet, dass sie ihren eigenen Staat des Deutschen Ordens gründeten. Es war nicht mehr möglich, den Orden zu bitten, das Land zu verlassen, und so musste man mit Gewalt eingreifen, was im Jahr 1410 auf den Feldern von Tannenberg geschah.
Die Schlacht bei Tannenberg ließ die wirtschaftliche und politische Macht des Ritterordens zusammenbrechen. Das Land hörte auf zu existieren, nachdem der Hochmeister des Ordens Albrecht von Preußen (Hohenzollern) im Jahr 1525 vor dem polnischen König Sigismund I. dem Alten den Huldigungseid ablegte. Der Deutsche Orden selbst überlebte und hat heute seinen Sitz im Gebäudekomplex bei der Singerstraße 7 mit angrenzender Kirche.
Die Kirche des Deutschen Ordens
An den Wänden der Kirche hängen 85 Wappenschilde, darunter das von Hochmeister Ulrich von Jungingen, dem Anführer des Ordensheers in der Schlacht bei Tannenberg. Nach damaligem Brauch hängte der Ordensritter in der Kirche, in der er seinen Eid ablegte, sein Wappenschild (das sogenannte „Aufschwörschild“) auf. In der Kirche befinden sich außerdem noch zahlreiche Epitaphen, die an die Brüder und Ritter des Deutschen Ordens erinnern.
Aufgrund seiner polnischen Motive verdient der Hauptaltar der Kirche mit dem sogenannten Flügelaltar besondere Aufmerksamkeit. Er ist ein Element des Altarretabels, eines dekorativen Aufsatzes hinter dem Altartisch. Der Flügelaltar taucht in der Gotik hauptsächlich in Ländern Nordeuropas auf, er war aber auch in der Renaissance und dem Barock üblich. Später wurde auf die Flügel verzichtet, wodurch nur der zentrale Teil übrigblieb.

Die Geschichte des Altars
Der Altar in der Kirche wurde 1520 für die Marienkirche in Danzig angefertigt. Er wurde mit „I.V. Wavere“ von seinem Erschaffer Jan van Wavere, einem herausragenden niederländischen Bildhauer und Maler, signiert. Der Altar wurde in der Stadt Mecheln (im heutigen Belgien) gebaut. Viele Jahre schmückte er die St. Antoni-Kapelle in der Danziger Kirche. Im Inneren befanden sich über 40 Altäre, die in den Seitenkapellen platziert waren. Einige wurden von der Handwerkerzunft aus Danzig betreut. Der Altar der St. Antoni-Kapelle gehörte der Trägerzunft.
Während der Reformation diente die Marienkirche gleichzeitig als Gotteshaus für Katholiken und Protestanten: Katholische Gottesdienste wurden vor dem Hauptaltar gehalten und protestantische Gottesdienste vor den Seitenaltären. 1572 wurde die Kirche vollständig von den Protestanten übernommen. Seit 1793 wurde Danzig infolge der zweiten Teilung Polens Teil von Preußen. Die Protestanten begannen, einige der Kunstwerke zu verkaufen, darunter auch Altäre der Seitenkapellen. Nach der Auflösung der Trägerzunft gelangte einer davon, der sich in der St. Antoni-Kapelle befand, 1809 in Besitz des Schulprofessors Johann Preising. 1842 wurde der Altar an den österreichischen Erzherzog Maximilian Joseph von Österreich-Este (1782-1863), dem Hochmeister des Deutschen Ordens in den Jahren von 1835 bis 1863, verkauft.
Ursprünglich stiftete Erzherzog Maximilian den Altar der dem Deutschritterorden gehörenden Kreuzerhöhung-Kapelle in Troppau (in Opava, der heutigen Hauptstadt der tschechischen Ordensprovinz). Während der Renovierung der Ordenskirche in Wien und der Wiederherstellung des ehemaligen gotischen Erscheinungsbildes des Innenraums, wurde der Altar 1864 aber nach Wien gebracht.

Das Werk der gotischen Kunst
Es handelt sich dabei um einen klassischen Flügelaltar, der aus einem Mittelteil und beweglichen Flügeln (daher die Namen „Flügelaltar“, Schreinaltar oder Klappaltar) besteht. Solche Konstruktionen sind aus kleinen Reisealtären, die einfach wie ein Buch geschlossen, auf die Reise mitgenommen und zum Gebet geöffnet werden konnten, hervorgegangen.
Der aus der Marienkirche mitgebrachte Altar zeigt Szenen der Passion Christi und hat die Form eines umgedrehten „T“s. Der zentrale Teil des Altars enthält eine Reihe von Skulpturen aus Eichenholz, die durch Polychromie bemalt und teilweise vergoldet wurden. Er ist dreiteilig: In der Mitte ist die Kreuzigung Jesu, links seine Geißelung und rechts seine Verspottung und die Krönung mit der Dornenkrone zu sehen.
Die sogenannten Flügel sind mit Hilfe von Scharnieren an den Seitenkanten des Mittelteils angebracht, die zum Öffnen und Schließen dienen. Der Altar hat zwei Flügelpaare: die größeren unten und die kleineren oben. Sie sind mit Gemälden verziert und ergänzen die zentrale Dekoration. Der untere linke Flügel zeigt die Festnahme und Befragung Christi, der rechte Szenen der Abnahme vom Kreuz, der Beförderung ins Grab und seine Auferstehung. Die oberen Flügel enthalten Bilder von Christus, der das Kreuz trägt und in die Hölle hinabsteigt. Die äußere Seite (Revers) ist mit gemalten Bildern der vier Apostel verziert: Andreas, Petrus, Johannes und Jakobus.
Die Dekoration der inneren Seite der Flügel (Avers) ist dann sichtbar, wenn die Flügel geöffnet sind. Nach dem Schließen der beweglichen Teile zeigt sich die Außenseite. Die Flügelaltäre wurden nur an Sonn- und Feiertagen geöffnet. Ein Altar mit einem Flügelpaar erlaubte zwei Ansichten: Im geschlossenen Zustand zeigte er die sogenannte Werktagsseite und in offenem die Sonntag-Feiertag-Seite. Ein Altar mit zwei Flügelpaaren, wie in der erwähnten Kirche, ermöglichten drei Ansichten: an Werktagen (gänzlich geschlossen), am Sonntag (kleine Flügel sind offen) und an Feiertagen (große und kleine Flügel sind offen). Der Flügelalter in der Kirche des Deutschen Ordens ist täglich geöffnet. Er ist ein einzigartiges Juwel der gotischen Kunst, das Merkmale von Architektur, Skulptur und Malerei kombiniert.
Leider kann dieses künstlerische Werk nicht in seiner ganzen Pracht bewundert werden. In den Jahren 1938-1947 wurde der Altar auf dem Gelände des geschlossenen Salzbergwerks Altaussee gelagert. Während des Krieges wurde dort ein großes Lager für Kulturgüter eingerichtet, in dem auch deutsche Nationalsozialisten gestohlene Kunstwerke versteckten. Durch die Demontage und den Transport wurde der Altar teilweise beschädigt und sechs seiner Figuren gestohlen.
Wissenswertes
Wolfgang Amadeus Mozart lebte 1781 im Deutschordenshaus in Wien, weshalb seine Musikkonzerte in der „Sala terrena“ stattfanden, einem schönen venezianischen Konzertsaal neben der Kirche. Heute können Zimmer in diesem Gebäude nicht nur von den Gästen des Ordens, sondern auch von Touristen gemietet werden. Im Treppenhaus zeigen große Vitrinen die Geschichte des Ordens, der Marienburg und der Schlacht bei Tannenberg.
Der Wiener Sitz des Deutschen Ordens beherbergt auch eine Schatzkammer. Unter den Wertsachen, wertvollen Dokumenten und Skulpturen findet sich unter anderem ein Gemälde, das die Schlacht bei Tannenberg und die Marienburg darstellt, sowie ein Portrait von Clemens August von Bayern, einem Enkel von König Johann III. Sobieski. In den Jahren 1732-1761 war dieser Hochmeister des Deutschen Orden.

Die geistlichen Ritter
Auch 600 Jahre später bleibt die mittelalterliche Schlacht im Jahr 1410 ein Phänomen, das nicht nur Historiker interessiert. Für viele Polen ist der Ritter mit einem schwarzen Kreuz auf dem weißen Mantel weiterhin ein Symbol der besiegten deutschen Eroberer.
Der heutige Orden unterscheidet sich jedoch von dem, den wir aus der Geschichte kennen. Der Tätigkeitsbereich des Ritters des Deutschen Ordens hat nichts mehr mit dem stereotypischen Ritter mit dem schwarzen Kreuz, den der polnische Schriftsteller Henryk Sienkiewicz in seinem Werk „Krzyżacy“ (Kreuzritter) darstellte, zu tun. Der Orden wurde gründlich reformiert. 1929 gab er seinen ritterlichen Charakter auf und kehrte zu seinem ursprünglichen Motto „Heilen und Helfen“ zurück, das sich von seinen Wurzeln als Spitalgemeinschaft herleitete. Neben der pastoralen Tätigkeit in den Pfarreien, betreibt der Orden Krankenhäuser, Hospizen, Schulen, Studentenhäuser, Waisenhäuser, Seniorenheime, Sanatorien, Unterkünfte für Menschen mit Behinderungen und Behandlungszentren für Drogenabhängige. Er hat ungefähr tausend Mitglieder: Brüder, Schwestern und Vertraute. Er ist seiner Mission „Hilfe für wohltätige Zwecke zu leisten“ entsprechend in fünf europäischen Provinzen tätig: der österreichischen, slowenischen, italienischen, deutschen und tschechisch-slowakischen. Es ist an der Zeit, die Meinung über die Ordensritter zu ändern, die heute nur noch „geistliche Ritter“ sind.

10. Die Gedenktafel von Andrzej Taczanowski und Leopold Dassanowsky
Hotel Royal, Singerstraße 3, 1010 Wien
Direkt neben der Kirche St. Elisabeth, weniger als 100 Meter entfernt, befindet sich in der Singerstraße 3 eine bereits vergessene Gedenktafel von Andrzej Taczanowski und seinem Sohn Leopold Dassanowsky.
Die Singerstraße ist eine der ältesten Straßen in Wien. Die Tafel hängt beim Gebäude Nummer 3 und befindet sich an der Fassade des Hotel Royal. Auf der rechten Seite befindet sich das Hotelrestaurant Ristorante Firenze. Im 18. Jahrhundert wurde hier ein Wirtshaus betrieben, und einer seiner Besitzer war Leopold Dassanowsky (1698-1761). Sein Vater Andrzej Taczanowski erlangte als einer der Ritterkommandanten der polnischen Armee von König Johann III. Sobieski während der Türkenbelagerung Wiens im Jahr 1683 Berühmtheit.
Die Inschrift auf der Tafel lautet: „An dieser Stelle stand das privilegierte Gasthaus Zum Roten Apfel, um dessen Führung sich der Sohn des 1683 kgl. sobieskischen Ritterkommandanten, Andrzej Taczanowski, Leopold Dassanowsky 1698-1761 besonders verdient machte. Gestiftet von der Austria-Mundi-Gesellschaft“.
Die Familie Taczanowski ist eine polnische Adelsfamilie, die aus Großpolen stammte. Der Familienname kommt von dem Ort Taczanów, der ihnen seit dem 15. Jahrhundert als Sitz diente. Im Laufe der Jahrhunderte erlangte die Familie Taczanowski einen hohen sozialen Status, viele Familienmitglieder spielten eine wichtige Rolle in politischen, militärischen, religiösen und wissenschaftlichen Feldern. Andrzej Taczanowski kam zusammen mit den Truppen von Johann III. Sobieski nach Wien und ließ sich dort dauerhaft nieder. Der österreichische Zweig der Familie Taczanowski ist die Familie Dassanowsky – die Schreibweise des Nachnamens hat sich verändert.
Im 1. Gemeindebezirk Wiens gibt es einige Orte, die an die Nachkommen von Andrzej Taczanowski erinnern. Unter der Adresse Tuchlauben 8 befindet sich eine Tafel, die Heinrich Franz von Dassanowsky verewigt, mit der Inschrift: „Im alten Schönbrunnerhaus wohnte bis zu seinem Tod am 2. März 1892 der Philanthrop und Wohltäter Heinrich Franz von Dassanowsky.“ Beim Bauernmarkt 24 hängt hingegen eine weitere Gedenktafel. Diese ist Prof. Elfriede „Elfi“ von Dassanowsky, einer Opernsängerin, Schauspielerin und Filmproduzentin gewidmet. Die Inschrift lautet: „In diesem Haus wurde 1946 die Belvedere Filmproduktion von August Diglas, Emmerich Hanus, Elfi von Dassanowsky gegründet. Dieses erste Nachkriegs-Studio hat wesentliche Beiträge für den österreichischen Film geleistet.“ In der Griechengasse 2 hängt an der Wand des Gebäudes eine Gedenktafel mit folgender Inschrift: „An dieser Stelle stand das Wohn- und Sterbehaus des k.k Hofpoststallpächters Leopold Johannes Dassanowsky (1737-1815), der sich um Ausbau und Verbesserung der Poststraßen besonders verdient machte“.
So viele Orte bestätigen, wie sehr die VertreterInnen der Familie Dassanowsky, die ab dem 17. Jahrhundert einen großen Einfluss auf das sozialpolitische und kulturelle Leben von Wien ausübten, von den Behörden Wiens wertgeschätzt wurden.

11. Das Kaffeehaus von Georg Franz Kolschitzky (poln. Jerzy Franciszek Kulczycki)
Singerstraße 11, 1010 Wien
Kehren wir jedoch zu den Vorfahren des österreichischen Zweigs der Familie Dassanowsky zurück. Andrzej Taczanowsky nahm an der Schlacht am Kahlenberg teil, sein Name wurde auf der Tafel bei der Singerstraße 3 verewigt. Auf derselben Straße unter der Nummer 11 befand sich eine Tafel, die an einen weiteren polnischen Helden aus dem Jahr 1683 erinnerte, nämlich Georg Franz Kolschitzky (1640-1694).

Diese Tafel teilte mit, dass sich sein Kaffeehaus an dieser Adresse befand (zur Person von Franz Kolschitzky: siehe Nr. 54). Im Laufe der Jahrhunderte wechselte das Lokal bei der Singerstraße 11 mehrmals den Besitzer und ist heute ein chinesisches Restaurant.
Der Text auf der alten Tafel lautete: „In diesem Lokal gründete im Jahre 1683 Kolschitzy das erste Kaffeehaus in Wien. Alle geistigen u. künstlerischen Größen ihrer Zeit wie Schubert, Lanner u. Strauß waren hier Stammgäste“. Diese Gedenktafel war bis zum Ende des 20. Jahrhunderts an der Fassade des Gebäudes angebracht und befindet sich heute im Wien Museum.
Gehörte das erwähnte Kaffeehaus wirklich Kolschitzy und war es das erste in Wien? Da Historiker auf mehrere andere wahrscheinliche Orte verweisen, ist das schwierig zu erschließen. Der österreichische Schriftsteller Friedrich Torberg meinte einst: „Wien ist die Stadt der funktionierenden Legenden. Böswillige behaupten, dass die Legenden überhaupt das Einzige seien, was in Wien funktioniert.“ Heute wissen wir nicht genau, ob die Räumlichkeiten in der Singerstraße 11 Kolschitzy gehörten, dem heute übrigens unterschiedliche Nationalitäten zugeschrieben werden. Die Gedenktafel ist aber mit Gewissheit echt und rühmt seine Person.

12. Die Gedenktafel von Stanislau Potocki
Franziskanerkirche, Franziskanerplatz 4, 1010 Wien
Links vom Haupteingang, in der ersten Nebenkapelle der Franziskanerkirche, befindet sich eine Gedenktafel aus dem 17. Jahrhundert. Sie ist Stanislau Potocki, dem Befehlshaber der polnischen gepanzerten Kavallerie während der Schlacht am Kahlenberg vom 12. September 1683, gewidmet.


Als der Feldhetman der polnischen Krone, Nikolaus Hieronymus Sieniawski, befahl, einen Probereiterangriff auf eine sogenannte „Schanze der Türken“ (Gebiet des heutigen Türkenschanzparks) durchzuführen, war Stanislau Potocki derjenige, der seine Kavallerie freiwillig zur Teilnahme an diesem Angriff meldete und so das Kommando übernahm. Die Schanze, ein Festungsbau, befand sich auf dem Gebiet, das unter dem Kommando des Großwesirs Kara Mustafa, des Oberbefehlshabers der Osmanischen Armee, stand. Ziel dieses Angriffs war es, zu prüfen, ob das Gebiet, das beide Armeen teilte, sich für einen Reiterangriff der Flügelhusaren eignet oder ob die dort vorhandenen Unebenheiten den Hauptangriff der Kavallerie der Hussaria verhindern würden. Nach der Überwindung dieses Gebiets sollte eine kleine Rittergruppe die dicht gedrängten Reihen der zahlenmäßig stark überlegenen osmanischen Armee angreifen und ihren Widerstand prüfen. Diese Operation, auch „Gewaltsame Aufklärung“ genannt, erforderte außerordentlichen Mut. In diesem einsamen, beinah selbstmörderischen Reiterangriff kamen Stanislau Potocki, durch einen Degen verletzt, und viele seiner Soldaten ums Leben. Bis heute gelten er und seine Abteilung als Vorbilder des ritterlichen Mutes.
Sein einbalsamierter Körper wurde zurück nach Polen gebracht, sein Herz hingegen verblieb in der Franziskanerkirche. Jan Ponikiewski und Stanislau Poradowski, die Kampfgenossen von Stanislau Potocki während der Schlacht um Wien, errichteten ihrem Anführer ein Grabmal in Form einer Tafel.
Die Aufschrift auf dieser lautet auf lateinisch: Wien! Sei gegrüßt und lebe wohl helllicht glänzender und prächtiger Stanislau von Potock, in Stanisławów, Starost von Halytsch, Kolomyja, Oberst seiner Majestät des Königs von Polen, der unter der Führung des erhabensten, gütigsten und unbesiegbaren Johannes III., König von Polen, den Angriff auf die osmanischen Lager leitete und sein Leben mit Blut, Tapferkeit und Tod bei dem Entsatz opferte. Gib Wien Gott die Ehre, dem helllicht glänzenden polnischen König den Dank, bewahre für immer das Andenken an den Namen und die Tat der Polen, seiner treusten Kammeraden und Obersten; Jan Ponikiewski den Schwertträger und Stanisłau Poradowski den Fähnrich.
1683 wurde der Leichnam von Stanislau Potocki nach Polen transportiert und ruhte in der Krypta der Familie Potocki in der Kirche der Allerheiligen Mutter Gottes (kociół pw. NMP) in Stanisławów (heute bekannt als Iwano-Frankiwsk, in der Westukraine). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden seine Überreste aus der Familienkrypta geworfen und durch die sowjetische Regierung entweiht. Die Krypta wurde zerstört. Den polnischen Helden der Schlacht um Wien rühmt nunmehr eine beinah vergessene Tafel, die bis heute erhalten ist.
(Schlacht um Wien: siehe Nr. 25)

13. Das Gnadenbild des Barmherzigen Jesus in der Franziskanerkirche
Franziskanerkirche, Franziskanerplatz 4, 1010 Wien
In der Kapelle mit der Gedenktafel von Potocki befindet sich im Altar das Bild des Barmherzigen Jesus, das nach den Anweisungen von der heiligen Maria Faustyna Kowalska erstellt wurde.
(die Geschichte des Bildes und seine Beschreibung: siehe Nr. 5)

14. Die Statue von Maria mit der Axt
Franziskanerkirche, Franziskanerplatz 4, 1010 Wien
Über dem Hauptaltar der Kirche befindet sich eine zwei Meter hohe Statue aus Lindenholz aus dem 16. Jahrhundert. Sie stellt die heilige Madonna mit dem Jesuskind im Arm dar. Den Namen „Maria mit der Axt“ bekam sie aufgrund der Axt, die in ihrer linken Schulter steckt. Es handelt sich dabei um kein „typisches polnisches Andenken“. In der Geschichte des Bildes findet sich aber ein interessantes polnisches Motiv.

Der Besitzer dieser Statue war nämlich ein Pole, Peter von Turnoffsky. Wieso steckt aber eine Axt in der Figur der Madonna? Im 16. Jahrhundert, in der Zeit des religiösen Kampfes zwischen den Protestanten und Katholiken, wurden allgemein kirchliche Bilder und Statuen überall dort zerstört, wo die protestantische Seite überlegen war. Dasselbe geschah in der kleinen Stadt Grünberg (heute Zelená Hora, Tschechien) unter der Herrschaft von Andreas von Sternberg.
Die Familie Sternberg konvertierte Anfang des 16. Jahrhunderts zum Protestantismus. Im Jahr 1575 bekämpfte Andreas Sternberg die Katholiken und ordnete an, alle Skulpturen und Bilder in der lokalen Kirche, die ein Abbild von Heiligen waren, zu verbrennen. Eine der Statuen, die aus Holz gemeißelt war und die heilige Madonna mit dem Jesuskind darstellte, fiel nicht den Flammen zum Opfer, obwohl sie mehrmals ins Feuer geworfen wurde. Ein Henker wurde herbeigerufen, um die Statue mit einem Beil zu zerhacken. Auch auf diese Weise gelang es nicht, das Abbild der Madonna zu vernichten, weil das Werkzeug in ihrer Schulter stecken blieb und nicht mehr entfernt werden konnte.
Weitere Versuche sie zu zerstören wurden eingestellt und die Axt blieb in der Statue stecken. Der Arm des Mannes, der die Axt schwang, war so überlastet, dass er am selben Abend einen plötzlichen Tod fand. Der Herr der Herrschaft Grünberg starb nach diesem Ereignis ebenfalls unerwartet, angeblich als Strafe für die Verbrennung von Heiligenabbildern. Die Statue selbst wurde als wundertätig anerkannt und unter dem Titel „Maria mit der Axt“ verehrt. Sie blieb im Besitz der Familie Sternberg, die aufgrund dieser Ereignisse zurück zum katholischen Glauben konvertierte.
1603 zog ein Nachfahre der Familie Sternberg, Ladislaus von Sternberg, Oberst der tschechischen Truppe, gegen die Osmanen zu Felde, um Österreich zu helfen. Er nahm die wundertätige „Maria mit der Axt“ zum Feldlager in der Nähe von Neuhäusel in Ungarn (heute Nový Zámky, Slowakei) mit und glaubte, dass sie ihnen den Sieg gewähren würde. Tatsächlich wurde der Sieg am 26.September 1603 über die 12.000 Mann zählende osmanische Armee der wundertätigen Madonna zugeschrieben.
Ladislaus von Sternberg lud anlässlich des errungenen Siegs seine Freunde zum Festmahl ein. Unter den eingeladenen Gästen war auch der polnische Adelige, Peter von Turnoffsky, der während des Feldzugs als Oberst diente. Turnoffsky wollte unbedingt in den Besitz der „Maria mit der Axt“ kommen. Er wusste nicht, dass sich schon bald eine Möglichkeit dafür ergeben würde.
Die Gesellschaft spielte diverse Spiele. Das Glück war aber nicht auf der Seite von Gastgeber Sternberg, der einige hundert Dukaten verlor, bis ihm nichts mehr zum Zahlen übrigblieb. Oberst Turnoffsky schlug somit vor, ihm die wundertätige Statue der Madonna abzukaufen, woraufhin Sternberg bereitwillig zustimmte.
Die Madonna legte einen schweren Weg nach Wien zurück, wo Turnoffsky zusammen mit seiner Frau aus dem Hause Puchheim wohnte. Diese Siegestrophäe gefiel jener nicht, weil sie in der Abwesenheit ihres Mannes zum Protestantismus übergetreten war. Peter Turnoffsky beauftragte aber, das Bild der Maria anzubeten und jeden Tag vor ihrem Antlitz eine Kerze anzuzünden. Tief im Inneren glaubte der Oberst daran, auf diese Weise seine Frau zum Katholismus zurückführen zu können.
Bitter war seine Enttäuschung als er im Dezember 1603 nach Hause kam und sah, dass keine seiner Anweisungen befolgt wurde. Zusätzlich war er dem Spott und sogar dem Zorn seiner Ehefrau ausgesetzt. Da er seine Ehe nicht riskieren wollte, beschloss der Pole die Statue der Franziskanerkirche zu übergeben, mit der Bedingung, sie aufgrund der vielen Wunder, die sie vollbracht hatte, öffentlich zur Schau zu stellen.
Diese Bedingung wurde erfüllt. Als im Jahr 1607 beim Kloster die neue Kirche St. Hieronymus fertiggestellt wurde, stellte man die „Maria mit der Axt“ auf dem Hauptaltar auf. Sie steht dort bis heute. In kirchlichen Schriften gibt es zahlreiche Nachweise von Wundern, die von ihr vollbracht wurden.
Ihre detaillierte Geschichte wird heute auch in der Wallfahrtskirche Attersee in Oberösterreich erzählt. Dort befindet sich ein Gemälde, dass ca. 1650 gemalt wurde und in 24 einzelnen Szenen die Geschichte des Schicksals des Bildes „Maria mit der Axt“ und des polnischen Adeligen, Oberst Peter Turnoffsky, darstellt.

15. Die Kapelle von Stanislaus Kostka in der Kirche St. Anna
Franziskanerkirche, Franziskanerplatz 4, 1010 Wien
Die Annakirche zählt zu den schönsten Barockkirchen Wiens. Es gibt dort einige Seitenkapellen, darunter eine die dem hl. Stanislaus Kostka gewidmet ist.
Die Kapelle, die Stanislaus Kostka gewidmet wurde, befindet sich hingegen beim Kircheneingang, beim ersten Altar auf der rechten Seite. Sie existiert seit Beginn des 18. Jahrhunderts. In ihrem Inneren befindet sich ein Gemälde des heiligen Stanislaus Kostka, dessen entscheidende Lebensphase sich in Wien abspielte.
Die Kapelle ist äußerst reich verziert. Auf der Vorderseite des Barockaltars wurde ein Portrait des heiligen Franz von Sales, dem Ordensgründer der Heimsuchung Mariens, aus dem 20. Jahrhundert platziert.

Im Hauptteil des Altars hängt ein Gemälde eines unbekannten Malers aus dem 18. Jahrhundert, das die Szene des Todes des heiligen Stanislaus Kostka im Jahr 1568 in Rom zeigt. Der dunkle Bereich der Komposition wird nur durch den leuchtenden Heiligenschein um den Kopf Kostkas und den hellen Schein des Himmelsgewölbes mit einer allegorischen Darstellung der Jungfrau Maria und der Engel mit dem Symbol der Eucharistie, typisch für die Konvention des Barocks, erhellt.
Im Kapellengewölbe befindet sich auf einem vergoldeten Flachrelief auf der linken Seite ein Engel, der dem Heiligen die Kommunion überreicht, was auf die legendäre Todesszene von Stanislaus Kostka anspielt. Im Zentrum im oberen Teil der Kapelle ist eine Statue der Muttergottes mit dem Jesuskind platziert, die ebenfalls einen Bezug zu Stanislaus Kostka aufweist. Maria soll ihm während ihrer Erscheinung das Jesuskind in seine Arme gelegt haben. Außerdem ist Stanislaus Kostka am 15. August 1568, zum Fest Mariä Himmelfahrt, gestorben.
In den Kirchen im Stadtzentrum gibt es weitere Kapellen, die dem hl. Stanislaus Kostka gewidmet sind. Die bedeutendste darunter ist in der Kurrentgasse 2 (siehe Nr. 43).

16. Die Gedenktafel des hl. Klemens Maria Hofbauer
St. Ursula Kirche, Johannesgasse 8, 1010 Wien
An der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert wurde in der Seilerstätte und Johannesgasse für den Orden der Ursulinen eine mehrstöckige Klosteranlage mit Kirche erbaut. 1808 diente Klemens Maria Hofbauer hier nach seiner Rückkehr aus Warschau als Pfarrer und Rektor der Ursulinenkirche.
Mit seinen Predigten trug er zur Wiederbelebung der Frömmigkeit in Wien bei. Die Ursulinenkirche wurde zu einem wichtigen geistlichen Zentrum.
1960 wurden Kirche und Kloster an die österreichische Bundesregierung verkauft. Die Klosteranlage wird heute für die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien genutzt. Die Kirche ist nur für Sonntagsgottesdienste und Konzerte geöffnet.
Der Beichtstuhl von Klemens Maria Hofbauer ist bis heute erhalten und befindet sich im Zwischengeschoss des Universitätsgebäudes in der Johannesgasse 8. In der Kirche wurde Klemens Maria Hofbauer ein Seitenaltar gewidmet. Eine Gedenktafel an der Wand des Klostergebäudes an der Kreuzung Seilerstätte/Johannesgasse erinnert ebenfalls an seinen priesterlichen Dienst in der Ursulinenkirche. Die Inschrift hält fest, dass er von 1813 bis zu seinem Tod im Jahr 1820 in dieser Kirche tätig war.
(die Lebensgeschichte des hl. Klemens Maria Hofbauer: siehe Nr. 4)

17. Der Wiener Musikverein und die Familie Czartoryski
Wiener Musikverein, Musikvereinsplatz 1, 1010 Wien
Wir begeben uns zum Sitz der Wiener Philharmoniker. Das Gebäude des Wiener Musikvereins finden wir auf dem Musikvereinsplatz 1. Es ist der Sitz des bedeutendsten österreichischen Orchesters, das zu den weltweit besten zählt – die Wiener Philharmoniker. Genau hier befindet sich der berühmte Große Musikvereinssaal, auch Goldener Saal genannt, in dem jährlich das Neujahrskonzert stattfindet. Es ist erwähnenswert, dass der Bau des Musikvereins finanziell auch vom polnischen Adel unterstützt wurde.

Im Foyer des Gebäudes des Musikvereins hängen zwei große Gedenktafeln, die seine Gründer verewigen. Darunter sind auch polnische Namen zu finden, die in goldenen Buchstaben eingraviert sind. Rechts vom Eingang ist Georg Fürst Czartoryski (1828-1912), links Konstantin Fürst Czartoryski (1822-1891) verewigt. Sie waren Brüder und Vertreter der wienerischen Linie der Fürstenfamilie Czartoryski, einer polnischen Adelsfamilie, die sich in der Hauptstadt der Habsburgermonarchie niedergelassen hatte. Diese Familie spielte eine bedeutende Rolle in der Geschichte des „polnischen Wien“.

Fürst Senior
1828 zog Fürst Konstantin Adam Czartoryski (1773-1860), Vater von Georg und Konstantin, mit seiner Familie nach Wien. Er lebte in einem heute nicht mehr existierenden Schloss, dem sogenannten Paarischen Haus, an der Wollzeile 38 im 1.Bezirk (das Gebäude wurde 1938 abgerissen). 1832, vier Jahre später, kaufte er als seine Sommerresidenz ein zu Beginn des 19. Jahrhunderts erbautes Anwesen zusammen mit einem Schloss in der Ortschaft Weinhaus. Es befand sich im heutigen 18. Bezirk Wiens bei der Währinger Straße 175-181.
Czartoryski Senior war für Malerei, Musik und Theater begeistert. In seinem Palast, das von den Wienern umgangssprachlich Czartoryskischlössel genannt wird, errichtete er eine Gemäldegalerie, organisierte Konzerte, bei denen hervorragende Komponisten und Musiker wie Hector Berlioz und Franz Liszt auftraten, und organisierte Theateraufführungen mit den besten Schauspielern aus dem Burgtheater.
Kazimierz Chłędowski, ein Schriftsteller, Tagebuchschreiber, Kulturhistoriker und Minister für Galizien, erwähnt die Familie Czartoryski in seinen Tagebüchern folgendermaßen: Sie wohnten in Weinhaus, in einer eigenen, wunderschönen Realität. Fürst Georg und Fürst Konstantin waren beinahe Wiener, weil sie hier aufgewachsen sind. Fürst Konstantin, der ältere, ein großer Melomane, Mitglied beim Herrenhaus, ein Mensch mit Verstand und Bildung, war sympathischer als sein Bruder. Trotz seines großen Vermögens war das Fürstentum sehr sparsam, und abends gab es in Weinhaus mehr Musik als materielles Essen, sodass man häufig von dieser langen Reise hungrig nach Hause zurückkehrte. Auch in unseren Zeiten ist diese bösartige Bemerkung verständlich, da manchen Gästen auch heute das Buffet wichtiger ist als das Konzert selbst.
Priester J. F. Kluczycki beschreibt in einem Reiseführer von Wien und Umgebung aus dem Jahr 1835 die Vorstadt Wiens, die Ortschaft Weinhaus und das Anwesen der Familie Czartoryski folgendermaßen: In diesem Dorf besitzt Fürst Konstantin Czartoryski, der seit mehreren Jahren in Wien wohnt, unter den Hausnummern 38 und höher eine Sommerresidenz, die er im Laufe von zwei Jahren erworben hat. Das schöne ländliche Schloss, wenn man den Weg von der Stadt Wien durch die Ortschaft wandert, ist das letzte Gebäude auf der linken Seite. Es umfasst einen schönen englischen Garten mit zwei Blumenhäusern, ein paar Gartenlounges und ein Weingut namens Marterfeld. In diesem geräumigen Gebäude befindet sich auch eine Kapelle, als Zweigkirche dieses Ortes, die der Pfarrkirche in Währing gehört. Die kleine Kapelle, mit einem schönen Oratorium für die Familie geschmückt, verfügt über teure Ausstattung und ein Bild der Heiligen Jungfrau mit dem Jesuskind im Arm beim großen Altar. Wenn wir von diesem Ort durch das romantische Dornbach gehen, sehen wir im Dorf Hietzig ein Schloss und einen schönen Garten, der einst der Fürstin Izabela Lubomirska, geborene Czartoryska, gehörte.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Weinhaus Teil von Wien. 1912 verkaufte die Familie Czartoryski das Schloss. Die Kunstsammlung brachten sie in ihre Anwesen in Galizien. Aufgrund seines schlechten technischen Zustands wurde das Gebäude 1957 abgerissen und an seiner Stelle eine Sonderschule für Kinder mit Behinderungen errichtet. 1984 wurde eine der neu abgesteckten Straßen, die in der Nähe des Schlosses verlief, Czartoryskigasse genannt. Sie ist heute das einzige Überbleibsel, das an die Geschichte dieser Gegend erinnert.

Die Söhne Konstantin und Georg
Die Familie Czartoryski war ein bedeutender Förderer der Kunst für den damaligen Kreis der Künstler Wiens. Die Traditionen und künstlerischen Interessen von Fürst Senior wurden von seinen beiden Söhnen Konstantin und Georg übernommen. Konstantin Junior engagierte sich aktiv an Aktivitäten der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, die später in den Musikverein umgewandelt wurde. Er war Mitglied bei ihrer Direktion und in den Jahren 1860-1863 und 1867-1869 sogar Präsident. Genau in dieser Zeit wurde das Musikvereinsgebäude erbaut. Erwähnenswert ist zudem, dass Fürst Konstantin nicht nur die künstlerische Tätigkeit unterstützte. Unter seinem Patronat und mit seiner finanziellen Unterstützung wurde die Hilfswerk-Gemeinschaft „Przytulisko polskie w Wiedniu“ (Polnisches Obdach in Wien) einberufen, das ein Obdachlosenheim betrieb.
Georg Czartoryski, ein Politiker, Abgeordneter im Landtag und Herrenhausmitglied des österreichischen Parlaments, war 1867 ebenfalls Mitglied bei der Direktion der Gesellschaft der Musikfreunde. Es ist erwähnenswert, dass Fürst Georg Czartoryski auch in polnischen Bildungsverbänden aktiv war. Er war Mitorganisator und erster Präsident (in den Jahren 1887-1893) der Gesellschaft „Biblioteka Polska“ (Polnische Bibliothek) in Wien, zu der der Großteil der intellektuellen Elite der damaligen polnischen Gemeinde in Wien gehörte. Zu diesen zählten ein bedeutender Teil der Abgeordneten des Polenklubs aus dem österreichischen Parlament, hochrangige Staatsbeamte polnischer Herkunft, Rechtsanwälte, Ärzte, Geistige und Künstler. Die Gesellschaft wurde 1887 gegründet und hatte ihren Sitz ursprünglich an der Adresse Graben 19. Sie bündelte die Vertreter der Eliten polnischer Nationalität in Wien. Ihr Hauptziel war es, die polnische Kultur und Sprache zu pflegen. Die Gesellschaft betrieb eine polnische Bibliothek und einen Lesesaal und später auch eine polnische Schule. Sie organisierte auch Vorträge und Konzerte. Im Jahr 1888 trat Ignacy Paderewski, ein polnischer Pianist und Komponist, für sie auf.
1892 gründete Georg Konstantin Czartoryski die Polskie Towarzystwo Pedagogiczne (Polnische Pädagogische Gesellschaft). Er war Stifter von Stipendien für arme polnische Studenten. Als Politiker, Mäzen der Kunst und sozialer Aktivist ging er für immer in die Geschichte der Polen in Österreich ein.

Was ist übriggeblieben?
Die alte Welt ist Vergangenheit. Viele der prächtigen Gebäude Wiens sind verschwunden, darunter auch jene polnischer Adelsfamilien, wie zum Beispiel das Paarische Haus oder das Weinhauser Schlössel der Familie Czartoryski, das Palais Lanckoroński an der Jacquingasse 18 oder das Palais Lubomirski an der Mölkerbastei. Falls jemand heute die letzten Spuren ihrer Besitzer finden möchte, sollte man sich zu den Friedhöfen in Wien begeben. Die letzte Ruhestätte der Vertreter der polnischen Adelsfamilien in Wien, wie der Czartoryskis, Lanckorońskis, Lubomirskis, Jabłonowskis, Poniatowskis, Potockis, Sanguszkos, Sapiehas und vieler anderer, befinden sich auf Friedhöfen in den Bezirken Hietzing, Döbling, Währing, dem Zentralfriedhof aber auch in Kirchen wie beispielsweise dem Stephansdom.
Es sollte noch hinzugefügt werden, dass auf einer der Marmortafeln, die im Inneren des Musikvereins hängen, unter den Namen der Spender auch Prof. Adam Zieliński (1929-2010), ein polnischer Schriftsteller und Politologe, erwähnt wird. Dieser wohnte in Wien und wurde mehrmals mit internationalen und nationalen Literaturpreisen ausgezeichnet.
Der Wiener Musikverein ist heute eine der bekanntesten Institutionen der Musikkultur der Welt. Die Plätze für das Neujahrskonzert, das jährlich am 1. Jänner stattfindet, werden mindestens ein Jahr im Voraus reserviert. Einige Bewohner Wiens geben ihre traditionelle Sitzplatzreservierung von Generation zu Generation weiter. Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker wird weltweit ausgestrahlt, unter anderem vom polnischen Radio und vom polnischen Fernsehen. Es ist wichtig zu wissen, dass die Polen auch wesentlich zur Existenz und Funktionsweise dieser Weltkulturinstitution beigetragen haben. Ihre Namen wurden daher auf Tafeln im Musikverein festgehalten.

18. Das Denkmal des Ludwig Zamenhof
Esperantopark, 1010 Wien
Wir begeben uns zum Esperantopark in der Nähe der U-Bahn-Station Karlsplatz. Kein Wunder, dass genau in diesem Park mit diesem Namen das Denkmal von Ludwik Zamenhof problemlos zu finden ist.
Das Denkmal wurde im Jahr 1958 auf Initiative des Esperantomuseums im Rahmen des 100. Geburtstags von Zamenhof enthüllt. Es besteht aus einer Bronzebüste, die auf einem hellen Granitsockel platziert ist. Ursprünglich stand das Denkmal am Börseplatz. Im Jahr 2006, nachdem der Karlsplatz umgestaltet wurde, wurde ein kleiner Teil davon abgetrennt und Esperantopark genannt. Das Denkmal von Ludwik Zamenhof wurde anschließend dorthin verlegt. Die Errichtung des Denkmals und die Benennung des Parks waren ein Zeichen der Anerkennung für den Erfinder der Sprache Esperanto und die österreichische Gemeinschaft der Esperantistinnen und Esperantisten.
Die Inschrift auf dem Sockel lautet: Dr. Ludwig Zamenhof, autoro de la internatia lingvo ESPERANTO. Esperanto-Museum, Wien-Hofburg. Der Text ist natürlich in Esperanto verfasst. Auch ohne die Sprache zu kennen, kann leicht verstanden werden, dass das Denkmal an den Autor der internationalen Esperanto-Sprache erinnert. Die Sprache wurde nämlich so gestaltet, dass sie jeder möglichst klar verstehen kann.
Ludwik Zamenhof war ein jüdischer Augenarzt und Linguist aus Polen. Er wurde am 15. Dezember 1859 in Białystok geboren. Die Stadt befand sich damals unter russischer Besatzung – die polnischen Heimatländer waren vom Russischen Kaiserreich eingenommen worden.

Das Kind, dass sich Babel widersetzte
Die Kindheit von Zamenhof spielte sich im Umfeld einer Gemeinschaft in Białystok ab, die aus vielen Völkern bestand. In dieser Stadt kreuzten sich nämlich im 19. Jahrhundert viele Kulturen, Religionen und Nationen. Am Hauptmarkt, auch Bazarny Plac (Marktplatz) genannt, erklangen viele Sprachen, wie Jiddisch, Hebräisch, Polnisch, Russisch, Deutsch, Ukrainisch, Weißrussisch und Litauisch. All dem überragte das Rathaus, wie der biblische Turm von Babel, bei dessen Bau Gott die Sprachen der Menschen verwirrt hatte. Im Familienhaus des jungen Ludwik wurde hauptsächlich Jiddisch und später dann Russisch gesprochen. Einige Biografen fügen noch die polnische Sprache hinzu, die Zamenhof fließend beherrschte. In der Schule lernte er Latein, Griechisch und Deutsch. Zusätzlich war Ludwiks Vater Sprachlehrer und unterrichtete Deutsch und Französisch.
Der kleine Ludwik rannte häufig mit seinen Freunden zwischen den Marktständen auf dem Marktplatz in Białystok herum, inmitten vom Lärm der sich mischenden fremdsprachigen Wörter, und wuchs somit in einem wahren Labyrinth der Sprachen auf. Oft wohnte er Missverständnissen und Streitigkeiten bei, bis er eines Tages merkte, dass der Hauptgrund für die zahlreichen Konflikte zwischen den Menschen die Unfähigkeit war, effektiv miteinander zu kommunizieren. So kam er auf die idealistische Idee, dass die Menschen – trotz der ständigen nationalen, religiösen und wirtschaftlichen Gegensätze, die ständig von der Regierung des Russischen Zarenreich angeheizt wurden – einander näherkommen würden, wenn es eine gemeinsame Sprache gäbe. Im Alter von nur 10 Jahren schrieb er sein erstes literarisches Werk mit dem Titel „Der Turm Babel – die Tragödie von Bialystok in fünf Akten“ (das Werk blieb nicht erhalten). Als Schauplatz wählte er den Marktplatz der Stadt, wo die Einwohner und Einwohnerinnen, die in verschiedenen Sprachen kommunizierten, während dem Bau weiterer Stockwerke des zu errichtenden Turms, einander nicht verstehen konnten. Natürlich ist es aufgrund des Alters des Autors schwierig, das Werk als Hohe Kunst zu bezeichnen. Es drückte jedoch seine kindliche Überzeugung aus, dass die Sprachbarriere der Hauptgrund für die Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Menschen und für ihre Missverständnisse sei. Die Lösung sah er in einer einfachen, neutralen und supranationalen Sprache, die jeder und jede parallel zur eigenen Muttersprache einfach lernen konnte. Diese musste „nur“ geschaffen werden.
In seiner Jugend sprach Zamenhof viele Sprachen fließend: Jiddisch, Hebräisch, Polnisch, Russisch, Latein, Griechisch, Deutsch, Französisch und Englisch. 1873 zog seine Familie von Białystok nach Warschau. Jahre später erinnerte sich Ludwik Zamenhof an seine Geburtsstadt wie folgt: Es war der Ort meiner Geburt und Kindheit, Białystok, der allen meinen zukünftigen Bestrebungen eine Richtung gab. Die Einwohner von Białystok setzten sich aus Russen, Polen, Deutschen und Juden zusammen. Jedes dieser Elemente war dem anderen feindlich gesinnt. In einer solchen Stadt spürt die sensible Natur die Last der Mehrsprachigkeit mehr als anderswo und kommt an jeder Ecke zu dem Schluss, dass die Vielfalt der Sprachen die einzige oder zumindest die Hauptursache ist, die die menschliche Familie in feindliche Teile trennt. Ich war als Idealist erzogen worden, man hatte mir beigebracht, dass alle Menschen Brüder sind, während man mich auf der Straße und im Hof auf Schritt und Tritt wissen ließ, dass es keine Menschen gibt, sondern nur Russen, Polen, Deutsche, Juden.
Als er seine Heimatstadt verließ, nahm Zamenhof zusammen mit seinen Kindheitserinnerungen auch seinen größten Traum mit, der beim Rathaus in Białystok geboren wurde – die Idee einer internationalen Sprache.

Augenarzt und Linguist
Im Gegensatz zu den meisten seiner jüdischen Altersgenossen, begnügte sich Ludwik nicht allein mit dem Abschluss der Ausbildung im Cheder, einer religiös geprägten jüdischen Grundschule. Er setzte mit der Ausbildung im Gymnasium fort und begann anschließend, nach dem Willen seines Vaters, Medizin an der Staatlichen Universität Moskau (1879-1881) zu studieren. Nach dem Attentat auf Zar Alexander II. floh er aus Angst vor antisemitischen Pogromen aus der Stadt. Er kehrte nach Warschau zurück und schloss 1885 sein Studium an der Universität Warschau ab. Zuerst eröffnete er eine Arztpraxis in einer kleinen litauischen Provinzstadt, kehrte aber bald nach Warschau zurück und wurde in einem Krankenhaus angestellt.
Zamenhof hielt sich zwei Mal in Wien auf: 1886 und 1895. Er spezialisierte sich an der Universität Wien auf die Augenheilkunde und absolvierte ein Praktikum in einer Augenklinik. Er wohnte im 8. Bezirk in Wien in der Florianigasse 8. Heute befindet sich an der Wand des Gebäudes eine Gedenktafel, die seine Person verewigt (1938 wurde die Tafel nach der Annexion Österreichs durch das Dritte Reich entfernt und nach dem Krieg 1959 zu seinem 100. Geburtstag wieder aufgehängt). Seit 1956 ist der Erfinder des Esperantos auch mit der Straße Zamenhof im 11. Bezirk in Wien verewigt.
Kehren wir aber zu seiner Biografie zurück. Trotz des intensiven Studiums und seiner Arbeit, galt seine Leidenschaft weiterhin den Sprachen, denen er seine ganze Freizeit widmete. Bereits zu Zeiten, als Zamenhof noch am Gymnasium war, versuchte er, eine neue Sprache zu kreieren. Auf der Grundlage seiner Kenntnis und Analyse der anderen Landessprachen, entwickelte er im Laufe von über zehn Jahren verschiedene Entwürfe. 1885, im Alter von 26 Jahren, vollendete Zamenhof sein Werk und schrieb die endgültige Fassung einer universalen, internationalen Sprache nieder.
Nach zwei Jahren erfolgloser Suche nach einem Verlag, gelang es Zamenhof, dank der finanziellen Hilfe seines Schwiegervaters, im Jahr 1887 sein erstes Buch, das Handbuch Internationale Sprache, zu veröffentlichen. Als junger Arzt, der seine medizinische Karriere nicht gefährden wollte, unterschrieb er nicht mit seinem Vor- und Nachnamen, sondern mit seinem literarischen Pseudonym Doktoro Esperanto („Doktor Hoffender“). Dieses Pseudonym wurde im Laufe der Zeit der Name der Sprache selbst.
Die erste Ausgabe des Handbuchs erschien in russischer Sprache, und im selben Jahr wurden Versionen in polnischer, französischer, deutscher und englischer Sprache veröffentlicht. Ludwik Zamenhof schickte Kopien seines Buches in die ganze Welt und wartete auf jegliche Reaktion. Schon bald erfreute sich sein Buch über die neue Sprache großer Begeisterung. Es erschienen Presseartikel, Übersetzungen literarischer Werke und Zeitschriften in Esperanto und es entstanden auch Clubs für Enthusiasten dieser neuen Sprache. Plötzlich erreichte Ludwik Zamenhof, ein anonymer, gewöhnlicher Augenarzt aus Warschau, internationalen Erfolg und war in den Kreisen der europäischen Intelligenz bekannt.
Die Idee der Esperanto-Sprache machte Ludwik Zamenhof berühmt, brachte ihm aber kein Geld ein. Zamenhof heiratete Klara Silbernik, die die ganze Zeit seine Bemühungen zur Popularisierung der Weltsprache unterstützt hatte. In den folgenden Jahren hatte Zamenhof große Probleme, den Lebensunterhalt für seine Familie zu beschaffen. Er arbeitete viel als Augenarzt und förderte gleichzeitig sein ehrgeiziges Projekt, das in der Welt immer bekannter wurde.

Die Sprache der Hoffnung
1905 erlebte er endlich einen spektakulären Erfolg: In der französischen Küstenstadt Boulogne-sur-Mer fand der erste Esperanto-Weltkongress statt. Ludwik Zamenhof war als Ehrengast und Anführer der Esperanto-Bewegung geladen. In Paris selbst wurde der Erfinder des Esperantos mit einem beleuchteten Eiffelturm begrüßt und mit dem Orden der Ehrenlegion in Anerkennung seiner Verdienste ausgezeichnet. An dem Kongress nahmen 688 Menschen aus 20 Ländern der Welt teil. Es wurde proklamiert, dass Esperanto nicht dazu gedacht sei, andere Sprachen zu ersetzen, sondern neben ihnen als Plattform für internationale Kommunikation existiere. Der erste Punkt der „Erklärung von Boulogne“ lautete: Esperantismus ist das Bemühen, den Gebrauch der menschlich neutralen Sprache in der ganzen Welt zu verbreiten, die „nicht das innere Leben der Völker aufdrängt und ohne den Versuch, die bestehenden Nationalsprachen zu vertreiben“, den Menschen verschiedener Nationen die Möglichkeit des gegenseitigen und ständigen Verständnisses geben würde. Während des Kongresses betonte Ludwik Zamenhof in seiner Rede: „Seien wir uns der Bedeutung des heutigen Tages bewusst, denn heute trafen sich in den gastfreundlichen Mauern von Boulogne-sur-Mer nicht die Franzosen und die Engländer, nicht die Russen und die Polen, sondern Menschen und Menschen.“
Seiner Ideologie entsprechend trat Ludwik Zamenhof aller persönlichen Rechte an der von ihm geschaffenen Sprache Esperanto zum Nutzen durch die ganze Welt ab. Die neue Sprache verbreitete sich weltweit, wurde immer beliebter und begann ein Eigenleben zu entwickeln. 1913 wurde Zamenhof für den Nobelpreis nominiert, erhielt ihn jedoch nicht, weil es laut Jury wichtigere Personen gegeben hatte.
Leider hat sich die gemeinsame Sprache nicht als Lösung erwiesen, die Welt von Konflikten zu befreien. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914 war für den bereits kränklichen Zamenhof ein schwerer Schlag. Er drückte seine Enttäuschung in einem Artikel in der Presse für EsperantistInnen aus. Ein Fragment daraus lautete: Wenn das gegenseitige Abschlachten, das die zivilisierte Welt so sehr gefährdet, vorbei ist, werden sich die Diplomaten zusammensetzen und versuchen, Ordnung in die Beziehungen zwischen den Nationen zu bringen. An Euch, an diese zukünftigen Ordnungshüter, wende ich mich nun. Werdet Ihr einfach anfangen, die Landkarte Europas neu zu zeichnen und zu flicken? Werdet Ihr entscheiden, dass ein Stück Land A zu Nation X und ein Stück Land B zu Nation Y gehören soll? Achtet darauf, dass die Neugestaltung der Karte nicht zum Kern Eurer Arbeit wird, denn dann wäre sie ganz wertlos und die blutigen Opfer wären umsonst. Ihr werdet nichts erreichen, wenn Ihr die Landkarte aufteilt, denn Gerechtigkeit für eine Nation wird zur Ungerechtigkeit für eine andere. Auf jedem Stück Land, das zur Diskussion steht, haben viele verschiedene Nationen gearbeitet und ihr Blut vergossen. Und wenn Ihr entscheidet, dass dieses oder jenes Stück Land dieser oder jener Nation gehören sollte, werdet Ihr nicht nur ungerecht handeln, sondern beseitigt auch die Ursache zukünftiger Unruhen auf diesem Stück Land nicht.
Nur 21 Jahre nach der ersten Kriegskatastrophe des 20. Jahrhunderts brach der Zweite Weltkrieg aus. Ludwik Zamenhof erlebte die Prophezeiung seiner Worte nicht. Er starb nämlich am 14. April 1917 im Alter von 57 Jahren und wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Warschau begraben. Während seiner Beerdigung äußerte der Rabbiner Samuel Poznański bei seiner feierlichen Abschiedsrede folgende wichtige Worte: Er war ein guter Sohn des Landes, in dem er geboren wurde. Es wird der Moment kommen, in dem das ganze polnische Land verstehen wird, welchen strahlenden Ruhm dieser große Sohn seinem Heimatland gegeben hat....

Die Fortsetzung
Ludwik und Klara Zamenhof hatten drei Kinder, die ebenfalls Esperantisten waren und die Arbeit ihres Vaters fortsetzten: Adam (1888-1940), Sofia (1889-1942) und Lidia (1904-1942). Adam wurde ebenfalls Augenarzt, heiratete Wanda geb. Frenkel (1893-1954) und hatte mit ihr einen Sohn, Ludwik (1925-2019). Nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Polen fand das Schicksal der ganzen Familie ein tragisches Ende – sie fielen dem Holocaust zum Opfer. 1940 wurde Adam von der Gestapo in Warschau erschossen. Der Rest der Familie wurde in das Warschauer Ghetto gebracht. Sofia und Lidia wurden im deutschen Vernichtungslager Treblinka ermordet. Nur Adams Frau Wanda und ihr 14-jähriger Sohn Ludwik (er wurde nach seinem berühmten Großvater benannt) überlebten den Krieg. 1942, kurz bevor sie ins Konzentrationslager gebracht werden sollten, half ihnen ein katholischer Priester, Marceli Godlewski, dessen Pfarrei sich im Ghetto befand, zu fliehen. Sie überlebten den Krieg, indem sie sich unter dem geänderten Namen Zaleski bei Włodzimierz Janczewski im Warschauer Stadtteil Praga versteckten. 2009 verlieh das Institut Yad Vashem beiden Polen, die Wanda und Ludwik Zamenhof gerettet haben, den Ehrentitel „Gerechter unter den Völkern“.
Nach Kriegsende absolvierte Ludwik Christoph Zaleski-Zamenhof (er behielt den Namen Zaleski) die Technische Universität Warschau und arbeitete als Bauingenieur. 1959 wanderte er nach Frankreich aus, wurde Professor an der Hochschule für Architektur in Paris, unterrichtete Bauingenieurswesen und schrieb über hundert wissenschaftliche Publikationen in polnischer, französischer und englischer Sprache und auch in Esperanto. Als er in den Ruhestand ging, förderte er aktiv die Sprache, die sein Großvater geschaffen hatte. Er nahm an Esperanto-Weltkongressen teil und vertrat dabei die Familie Zamenhof. Er starb 2019 in Frankreich. Vier Jahre zuvor, im Jahr 2015, erklärte er während dem 100. Esperanto- Weltkongress, dass er zum letzten Mal teilgenommen habe, und die Familie Zamenhof nun von seinen Töchtern Hanna Zamenhof-Zaruski (geb.1953) und Margaret Zaleski-Zamenhof (geb. 1958) vertreten werde, die bis heute die Familientraditionen fortsetzen.
Hanna Zamenhof-Zaruski ist Lehrerin und Schriftstellerin und lebt in den Vereinigten Staaten. 1993 veröffentlichte sie ein Buch über ihren Urgroßvater Ludwik Zamenhof mit dem englischen Titel Dr. Esperanto, The Man Full of Hopes. Margaret Zaleski-Zamenhof arbeitet als Allgemeinmedizinerin und lebt in Frankreich. Im Jahr 2020 erstellte sie eine Aufnahme in Esperanto darüber, wie man sich vor der Corona-Pandemie schützen kann. Beide Enkellinnen von Ludwik Zamenhof nehmen an Esperando-Konferenzen und -Kongressen teil.
Die internationale Sprache von Ludwik Zamenhof erreichte weltweit Bekanntheit, wenn auch nicht auf die Weise, die ihr Erfinder erwartet hatte. Eines ist jedoch sicher – die Esperanto-Sprache lebt. Ludwik Zamenhofs Idee besteht fort und das Wort „Esperanto“ bedeutet weiterhin „Hoffnung“.

Das Esperantomuseum in Wien
Das Esperantomuseum wurde 1927 gegründet und ein Jahr später in die Sammlung der Österreichischen Nationalbibliothek aufgenommen. Derzeit befindet es sich im Palais Mollard (Herrengasse 9, 1010 Wien). Das Museum sammelte im Laufe seiner Geschichte 35 000 Bände, 3 000 Museumsobjekte, 22 000 Fotografien, 2 500 Magazintitel und 40 000 Broschüren. Es ist die größte Sammlung der Welt, die sich den künstlichen Sprachen widmet. Leider wird in der Ausstellung nur ein kleiner Teil davon präsentiert. Auf Anfrage kann die Geschichte von Zamenhofs Werk auch auf Esperanto gelesen werden, das ebenfalls vom Museumspersonal gesprochen wird.

19. Die Gedenktafel von Leon Zelman
Dr.-Karl-Renner-Ring 1, 1010 Wien
An der Fassade des Palais Epstein im 1. Gemeindebezirk Wiens, Dr. Karl-Renner-Ring 1, hängt eine Gedenktafel, die an den polnisch-österreichischen Publizisten Leon Zelman erinnert.

Leon Zelman wurde 1928 in Szczekociny, in der polnischen Woiwodschaft Schlesien, in eine jüdische Familie geboren. Beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war er nur 11 Jahre alt und überlebte als einziger seiner großen Familie. Er überstand das Ghetto in Lodz, das nationalsozialistische Konzentrationslager Auschwitz, mehrere Selektionen, Todesmärsche und Aufenthalte in weiteren Lagern (Falkenberg, Wolfsberg, Schönberg, Mauthausen). Zum Zeitpunkt der Befreiung des Lagers Ebensee, dem letzten Ort seiner Gefangenschaft, war er 17 Jahre alt. Er war körperlich und geistig erschöpft und musste viele Monate lang behandelt werden. Seit 1946 wohnte er in Wien. Zelman überwand seine traumatischen Erfahrungen, absolvierte das Studium der Publizistik und erhielt den Doktortitel. Neben seiner beruflichen Tätigkeit engagierte er sich ebenfalls im sozialen Bereich. Im Jahr 1947 gründete er, während seiner Studienzeit zusammen mit Alexander Guttman, ebenfalls ein polnischer Jude, die Jüdische Hochschülerschaft. Sie kümmerten sich um Studentinnen und Studenten, die ehemalige Häftlinge der Konzentrationslager waren, keine Familie besaßen, ohne Lebensunterhalt oder von ihren Erfahrungen im Lager belastet waren. 1951 wurde Zelman Mitbegründer der Zeitschrift „Das Jüdische Echo“ und war bis zu seinem Tod im Jahr 2007 Chefredakteur. 1980 gründete er zusammen mit dem Wiener Bürgermeister Leopold Gratz und dem Stadtrat Heinz Nittel die Organisation Jewish Welcome Service Vienna. Zelman war mehrere Jahre deren Leiter. Der Verein hatte die Aufgabe die überlebenden jüdischen Wienerinnen und Wiener und ihre Nachkommen mit der Stadt zu versöhnen, die in den Jahren 1938-1945 für sie ein

Ort der Verfolgung war
Leon Zelman wurde für seine Arbeit gewürdigt und erhielt Auszeichnungen wie das Große Ehrenzeichen für die Verdienste um die Republik Österreich, das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien und den Goldenen Rathausmann der Stadt Wien.
Auf der ihm gewidmeten Gedenktafel, die vom österreichischen Parlament und der Stadt Wien finanziert wurde, befindet sich folgende Inschrift: Im Gedenken an Leon Zelman (12. Juni 1928 Szczekociny – 11. Juli 2007 Wien). Sein unermüdlicher Einsatz galt der Erinnerung an die Shoah und dem Dialog zwischen dem heutigen Österreich und Opfern der NS-Verfolgung als Basis für eine gemeinsame Zukunft. In diesem Sinne wünschte er sich die Erhaltung des Palais Epstein als ein lebendiges Denkmal jüdischen Erbes in Wien. 11. Juli 2008.
Zur Erinnerung an seine Taten wurde 2013 der Leon Zelman-Preis geschaffen. Dieser wird jährlich an Personen und Organisationen verliehen, die den Dialog zwischen dem heutigen Österreich und den Opfern der nationalsozialistischen Verfolgungen und deren Nachkommen fördern. Im 3. Bezirk liegt bei der Rubin-Bittmann-Promenade der Leon-Zelman-Park.
Leon Zelman wurde auf dem Wiener Zentralfriedhof begraben (in der israelitischen Abteilung, Tor 4, Gruppe 7, Reihe 11, Nr. 1). In einem Interview für die „Polonika“ im Juni 2007 sagte Zelman unter anderem: – Polen ist meine Kindheit und Schule. Und meine Kindheit war glücklich. In Szczekociny, der Stadt, in der ich aufgewachsen bin, lebten Juden und Polen sehr gut zusammen. Ich habe meine Andersartigkeit nicht gespürt. Vielleicht nur an Weihnachten, als ich meine Eltern fragte, warum wir keinen Weihnachtsbaum hatten. Ich sprach meistens Polnisch, habe viel gelesen, hauptsächlich die Werke des polnischen Schriftstellers Sienkiewicz... Ich war ein sehr guter Schüler. Ich bin in einer Welt aufgewachsen, in der Menschen anderer Religion mit Respekt behandelt wurden. Ich fühle mich polnisch, ich bin mit polnischer Literatur aufgewachsen, ich kenne die polnische Geschichte gut. Polen, einst ein so wichtiges Zentrum des osteuropäischen Judentums, wurde zu einem Land, aus dem die Juden nach dem Krieg verschwanden. Zum Teil, weil sie gegangen sind, aber hauptsächlich, weil sie von den Nationalsozialisten in Vernichtungslagern ermordet wurden. Was ich im Krieg erlebt habe, ist nicht zu verzeihen. Aber, und das ist wichtig, es sollte nicht an die Jugend, an die nächsten Generationen weitergegeben werden. Erinnere ich mich an die Kriegszeit, an meine Erfahrung in den Lagern? Ja, ich erinnere mich. Ich rede und schreibe darüber, auch wenn es wehtut. Aber so muss es sein, denn nur die ständige Erinnerung kann verhindern, dass sich dieser Alptraum wiederholt. Alles Schlechte in der Welt kommt aus dem Hass. Dagegen muss man sich wehren. Seine Anzeichen dürfen nicht ignoriert werden.

20. Der Grundstein für das Entsatz-Denkmal
Grete-Rehor-Park, 1010 Wien
Im 1. Gemeindebezirk Wiens, im Grete-Rehor-Park nahe dem Parlament, befindet sich ein unauffälliges Objekt aus Stein. Es handelt sich dabei um den Grundstein für das Entsatz-Denkmal, das genau an dieser Stelle stehen sollte.

Er wurde am 12. September 1983, zum 300. Jahrestag der siegreichen Schlacht zur Verteidigung Wiens gegen die osmanische Armee, gesetzt. Darauf wurde folgende Inschrift graviert: „Grundstein für das Entsatz-Denkmal, 1683-1983, provisorisch gesetzt von den Freunden Sobieskis, Wien, am 12. Sept 1983“.
Der Bau des Denkmals wurde von den Mitgliedern der „Freunde Sobieskis“ beschlossen, einer rund um die St. Josefskirche am Kahlenberg aktiven Gruppe. Der Initiator war Prof. Otto Swoboda, ein ausgezeichneter Grafiker polnischer Herkunft, der in Wien lebt. Bereits in den 1970er Jahren förderte er die Idee, ein Entsatz-Denkmal zu erbauen. Der 300. Jahrestag schien dafür eine hervorragende Gelegenheit zu bieten. Unterstützt vom damaligen Rektor der St. Josefskirche am Kahlenberg, Piotr Kaglik, gründete Swoboda Anfang 1983 einen Verein namens „Freunde Sobieskis“.
Die Bemühungen, das Denkmal zu erbauen, hatten ihren Anfang mit der Auswahl seines geeigneten Standorts. Im April 1983 begannen die Gespräche mit der Stadt Wien. Es wurden mehrere repräsentative Orte im Zentrum Wiens in Erwägung gezogen, unter anderem der Platz vor der Votivkirche, der Stock-im-Eisen-Platz und der Robert-Stolz-Platz. Als Standort des Denkmals wurde schließlich der Grete-Rehor-Park in der Nähe des österreichischen Parlaments gewählt.
In der Wochenzeitung „Die Furche“ (20.04.1983) befindet sich ein Auszug einer Aussage von Otto Swoboda, der lautet: „Der Entsatz von Wien vor genau 300 Jahren zählt zu den bedeutendsten Ereignissen in der Geschichte Österreichs und Europas, wurde doch damals in gemeinsamer Anstrengung mehrerer Völker nicht nur Wien, sondern die gesamte christlich-europäische Kultur vor dem Untergang gerettet. Und gerade hier in Wien sucht man noch immer vergeblich nach einem Erinnerungsmal für die tapferen Retter und Verteidiger von 1683, denen wir so viel verdanken. Also wollen wir heuer das jahrhundertelang Versäumte nachholen und ein würdiges Entsatz-Denkmal errichten und der Stadt zum Geschenk machen.”
Der Bau des Denkmals sollte durch freiwillige Beiträge finanziert und bis zum 12. September 1983 fertiggestellt werden. Leider wurde diese kurze Umsetzungszeit verbunden mit fehlenden Mitteln der Grund für das spätere Scheitern des ganzen Vorhabens.
Die Kosten des Denkmals wurden anfangs auf ungefähr 250.000 Schilling (ca. 20.000 Euro) geschätzt. Die größte Summe in Höhe von 50.000 Schilling wurde von der Raiffeisen Bank gespendet. Doch trotz zahlreicher Spendenaufrufe und vieler Anzeigen in den österreichischen Medien war der eingenommene Betrag aus Privatspenden nicht ausreichend. Am 12. September 1983 wurde lediglich der Grundstein gesetzt. Die Finanzierungsversuche wurden zwar fortgesetzt, doch bald stellte sich heraus, dass die tatsächlichen Baukosten die ursprünglich geschätzten Kosten übersteigen würden. Weitere Bemühungen, das Denkmal zu errichten, wurden eingestellt. Das gesammelte Geld wurde den Spendern zurückerstattet, sowohl den Privatpersonen wie auch den Institutionen.
Die weit verbreitete Behauptung, das Denkmal hätte Johann III. Sobieski darstellen sollen, ist falsch. Es sollte nämlich allen wichtigen Personen und Armeen gewidmet sein, die am Entsatz und der Verteidigung Wiens beteiligt waren. Der Entwurf des Denkmals, von Otto Swoboda erstellt, sollte die Form eines Würfels von 2x2x2 Meter haben. An seinen vier Seiten sollten die Namen folgender Personen eingraviert werden, die zur Befreiung Wiens beitrugen: Papst Innozenz XI., König Johann III. Sobieski, Kaiser Leopold I., Marco d’Aviano, Ernst Rüdiger von Starhemberg, Johann Andreas von Liebenberg, Caspar Zdenko von Capliers, Leopold Karl von Kollonitsch, Prinz Eugen von Savoyen, Stanisław Jan Jabłonowski, Nikolaus Hieronimus Sieniawski, Hieronim Augustyn Lubomirski, Karl von Lothringen, Johann Georg III. von Sachsen, Maximilian II. Emanuel von Bayern, Georg Friedrich von Waldeck, Ludwig Wilhelm von Baden, Albert Graf von Caprara sowie Georg Franz Kolschitzky.
Die Botschaft des Denkmals teilte Otto Swoboda der „Die Presse“ (23.05.1983) mit und sagte unter anderem, dass „hier vor 300 Jahren in beispielloser gemeinsamer Anstrengung eines der bedeutendsten Ereignisse der Weltgeschichte abrollte, das in der Folge so überaus segensreiche Auswirkungen auf die Entwicklung des gesamten Abendlandes hatte. Es war zweifelsohne eine der schönsten, versöhnlichsten und gemeinsamen Leistungen der europäischen Völker!“
Leider war es nicht möglich, dieses historische Ereignis im Jahr 1983 durch ein Denkmal zu verewigen.
30 Jahre später nahm sich die Schützengilde „Bractwo Kurkowe“ in Krakau den Bau eines Denkmals für Johann III. Sobieski vor. Etwa ein Dutzend Personen stellten den Ausschuss für den Bau dieses Denkmals am Kahlenberg und wählten diese historische Anhöhe als Standort. 2013 wurde auf dem Kahlenberg der Grundstein für den Bau des Denkmals gesetzt. Aufgrund dieser neuen Initiative und des neu gewählten Standorts verzichteten die Behörden Wiens endgültig auf zukünftige Pläne eines Entsatz-Denkmals in der Innenstadt.
Fast fünf Jahre dauerte das Sammeln von Geldern für den Bau des Denkmals von Johann III. Sobieski am Kahlenberg. Während dieser Zeit fanden die Wahlen der neuen Stadtregierung statt. Der neu berufene Wiener Beirat zur Errichtung von Gedenk- und Erinnerungszeichen hat eine negative Bewertung des Denkmalentwurfs abgegeben. Obwohl es bereits fertiggestellt war, wurde beschlossen, es in Krakau zu belassen und am Kahlenberg ein neues Denkmal nach einem neuen, in einem internationalen Wettbewerb ausgewählten Entwurf zu errichten.
Und was geschah mit dem Grundstein im Zentrum Wiens? Dieser befindet sich weiterhin in der Nähe des österreichischen Parlaments, mit der Inschrift „provisorisch gesetzt“ und ist von immer mehr Moos bedeckt.

21. Herzog Friedrich von Teschen
Universität Wien, Universitätsring 1, 1010 Wien
Im Hauptgebäude der Universität Wien hängen links neben der Eingangshalle Gedenktafeln mit den Namen ihrer Rektoren. Unter ihnen wird auch Friedrich von Teschen, ein Vertreter der polnischen Dynastie der Piasten, genannt.
Das genaue Geburtsdatum von Friedrich von Teschen ist nicht bekannt. Es wird jedoch aufgrund indirekter Hinweise davon ausgegangen, dass er um das Jahr 1480 geboren wurde. Seine Eltern waren Herzog Kasimir II. von Teschen und Johanna von Münsterberg. Obwohl Friedrich ihr erstgeborener Sohn war und somit Nachfolger und Erbe des Vermögens sein sollte, wies ihm sein Vater eine Karriere als Geistlicher zu. Grund dafür waren wahrscheinlich die politischen Ambitionen von Kasimir II. Durch die hohe Stellung seines Sohnes in der Kirche wollte er das Amt des Generalstarost von Schlesien, also des höchsten Beamten und Vertreters des Königs in diesem Gebiet, erlangen.
Durch die Unterstützung seines Vaters und der schlesischen Fürsten wurde Friedrich 1501 als Kandidat für das Amt des Koadjutors der Diözese in Breslau vorgeschlagen. Verbunden mit diesem Amt war das Recht der Nachfolge nach dem Tod des amtierenden Fürstbischofs Johann IV. Roth. Weitere Kandidaten waren Johannes V. Thurzo, der Sohn des Ratsherrn von Krakau, sowie Friedrich Jagiello, der Bruder des polnischen Königs Johann I. Albrecht. Die Kandidatur unseres Friedrichs wurde jedoch trotz Unterstützung der schlesischen Fürsten von den Kanonikern des Domkapitels von Breslau, dem Beirat vom Fürstbischof, abgelehnt. Es half nicht einmal die große Geldsumme, die Kasimir II. dem Kapitel als Gegenleistung für die Unterstützung seines Sohnes anbot. Zudem kam es zu einem Streit zwischen dem Kapitel und dem amtierenden Fürstbischof Johann IV. Roth, dessen Favorit Friedrich von Teschen gewesen war. Das Domkapitel von Breslau änderte seine Entscheidung jedoch nicht. Ihrer Meinung nach betrieb Kasimir II. während seiner Amtszeit als Generalstarost von Schlesien eine ungünstige Politik für die Kirche. Aus diesem Grund waren sie gegen die Kandidatur seines Sohnes. Das Amt des Koadjutors übernahm schließlich der Rivale von Friedrich, Johannes V. Thurzo. Er war gebildet, erwarb den Mastertitel an der Jagiellonen-Universität in Krakau, studierte in Italien das kanonische Recht und bekleidete nach seiner Rückkehr nach Krakau 1498 das Amt des Rektors der Universität in Krakau.
Nach seiner Niederlage beschloss Friedrich, einen ähnlichen Karriereweg wie sein Konkurrent einzuschlagen. Er verließ das Herzogtum Teschen, zog nach Wien und studierte Rechtswissenschaft an der Universität Wien. Als herzoglicher Student erhielt er einen akademischen Ehrentitel und übernahm 1503 das ehrenvolle Amt des Rektors dieser Universität. Anschließend ging er nach Italien, wo er sein Studium fortsetzte. Friedrich bemühte sich dabei, trotz der anfänglichen Misserfolge, das höchste geistliche Amt in Schlesien zu erlangen und wurde 1506 mit Hilfe seines Vaters Propst der Stiftskirche zum Heiligen Kreuz und Dekan des Breslauer Domkapitels. Friedrichs vielversprechende Karriere fand jedoch im Juni 1507 ein Ende, als er im Alter von ungefähr zwanzig Jahren plötzlich während einer weiteren Forschungsreise nach Italien starb. Er wurde im Dom von Siena beigesetzt.
Johannes V. Thurzo wurde nach dem Tod von Johann IV. Roth Fürstbischof von Breslau. Dieses Amt bekleidete er bis zu seinem Tod im Jahr 1520. Er wurde im Breslauer Dom begraben.

Die Universität Wien
Die Universität Wien ist die älteste Universität im deutschsprachigen Raum und mit derzeit ungefähr 100.000 Studierenden auch die größte.
Sie wurde 1365 von Rudolf IV., einem österreichischen Herzog aus der Dynastie der Habsburger, gegründet. Obwohl nur Könige das Recht besaßen, eine Universität zu gründen, gelang es Rudolf IV., dem Herrscher des damaligen Herzogtums Österreich, die entsprechende Erlaubnis der Römischen Kurie einzuholen.
In der Einleitung der Gründungsurkunde der Universität Wien vom 12. März 1365, die in lateinischer und deutscher Sprache verfasst wurde, wurden die Absichten ihrer Gründung formuliert: […] dass ein jeder weise Mensch vernünftiger, und ein unweiser zu menschlicher Vernunft […] gezogen werde. Die Gründung der Universität sollte ebenfalls zu „besonderer Würdigkeit und Erhöhung“ des Landes Österreich und der Stadt Wien beitragen. Es ist interessant zu wissen, dass die von König Kasimir dem Großen unterzeichnete Gründungsurkunde der Jagiellonen-Universität aus dem Jahr 1364 stammt, was belegt, dass diese ein Jahr früher gegründet wurde. Leider ging das Dokument während des Zweiten Weltkriegs aufgrund unbekannter Umstände verloren.
Die Gründungsurkunde der Universität Wien wird im Universitätsarchiv aufbewahrt und enthält detaillierte organisatorische und rechtliche Bestimmungen. Laut der Unterlagen wurde die gesamte Universität vom Rektor geleitet. Seine Amtszeit dauerte nur ein Semester. Das bedeutete, dass zwei Wahlen während des Studienjahres durchgeführt werden mussten. Später wurde die Amtszeit auf ein Studienjahr verlängert. Friedrich von Teschen bekleidete das Amt des Rektors nur ein Jahr lang und ging anschließend nach Italien. Wien war nur eine Etappe seiner Karriere, sein Ziel war ein hohes kirchliches Amt.

Von den Polanen zur Piasten-Dynastie in Teschen
Die Piasten-Dynastie ist die erste Herrscherdynastie in der Geschichte Polens und geht auf den Stamm der Polanen zurück. Der legendäre Piast gilt als Stammvater dieser Dynastie. Mieszko I., dessen Authentizität unbestritten ist und dessen Existenz in historischen Chroniken bestätigt wurde, stammt ebenfalls von den Piasten ab. Er war ein Fürst der Polanen, der sich im Jahr 966 taufen ließ und dadurch die Grundlagen der polnischen Staatlichkeit schuf. Das Schicksal aber wollte, dass sich die Piasten-Dynastie aufteilte und sich mehrere Nebenlinien bildeten.
Nach dem Tod von Bolesław III. Schiefmund im Jahr 1138 wurde das Gebiet Polens gemäß seinem letzten Willen unter seinen Söhnen aufgeteilt. Jeder von ihnen erhielt als Teil des väterlichen Erbes ein eigenes Staatsgebiet. In dieser Zeit wuchs die Piasten-Dynastie und teilte sich auf, was mit der Aufspaltung des polnischen Staates einherging (in der polnischen Geschichte als „rozbicie dzielnicowe“ bekannt). Folgende Linien der Piasten spalteten sich voneinander ab: die Schlesische, die Großpolnische, die Kleinpolnische, die Masowische und die Kujawische. Nach dem Testament von Bolesław III. Schiefmund ging das Gebiet Schlesien an seinen ältesten Sohn, Herzog Wladislaw II. den Vertriebenen, von dem die schlesische Linie der Piasten abstammte, die von 1138 bis 1675 in den schlesischen Herzogtümern herrschte.
Infolge weiterer Teilungen der schlesischen Länder spaltete sich auch das Herzogtum Teschen ab, dessen erster Herrscher Mieszko I. von Teschen war. Von ihm stammte die Linie der Teschener Piasten ab – ein Zweig der Schlesischen Piasten. Friedrich von Teschen gehörte zur siebten Generation der Piasten von Teschen.
Der berühmteste Herzog von Teschen ist Albert Kasimir von Sachsen-Teschen, der Begründer und Namenspatron der Albertina, der Galerie mit der größten Grafiksammlung der Welt. Er stammte jedoch nicht von der Teschener Piasten-Dynastie, da er der Sohn des polnischen Königs August III. und Maria Josepha aus dem Hause Habsburg war, die beide deutschen Dynastien angehörten. Es lohnt sich jedoch, den weniger berühmten Herzog von Teschen, Friedrich, in Erinnerung zu behalten, der auf der Rektorentafel in lateinischer Sprache mit Fridericus Dux Teschinensis verewigt wurde. Auch in Wien hatte er seine Verdienste: Er war Rektor der ältesten Universität im deutschen Sprachraum, der Universität Wien.

22. Das Papstkreuz
Heldenplatz, 1010 Wien
Wir begeben uns in die Nähe der Hofburg, einem Sitz der österreichischen Herrscher. Auf der einen Seite des Gebäudekomplexes befindet sich der Heldenplatz und auf der anderen Seite der Josefsplatz. Auf dem Heldenplatz, von Seiten des Burgrings, steht direkt beim Äußeren Burgtor das 1983 enthüllte Papstkreuz.

Dieses hohe Stahlkreuz wurde von Architekt Gustav Peichl entworfen und erinnert an den ersten Besuch von Papst Johannes Paul II. in Österreich im September 1983.
Es befindet sich folgende Inschrift darauf: Im Kreuz ist Hoffnung, Johannes Paul II., Österreichischer Katholikentag 1983. Komm Schöpfer Geist, Johannes Paul II., 3. Pastoralbesuch Österreich 1998. Christus Hoffnung Europas, Mitteleuropäischer Katholikentag 2004.
Die erste Wallfahrt von Johannes Paul II. nach Österreich war mit der Feier des Katholikentags in Wien, der unter dem Motto „Hoffnung leben – Hoffnung geben“ stand, sowie mit der Feier des 300. Jahrestages der Entsatzschlacht am Kahlenberg verbunden. Johannes Paul II. hielt sich vom 10. bis zum 13. September in Österreich auf und besuchte Wien und Mariazell. Am ersten Tag seines Aufenthaltes nahm er an einer Europavesper auf dem Heldenplatz teil. In seiner Rede am Heldenplatz forderte er eine Einheit Europas auf christlicher Basis und erinnerte daran, dass „das, was dem europäischen Kontinent zur Einheit in der Vielfalt verholfen hat, war vor allem die Verbreitung des einen christlichen Glaubens“.
Am 12. September weihte Johannes Paul II. eine ihm zu Ehren erbaute Orgel in der polnischen Kirche am Rennweg. An die polnischen Emigranten richtete er diese Worte: Ich kenne zumindest teilweise Eure Schmerzen und Bitternis im Zusammenhang mit dieser Versetzung, der Emigration. (...) Seid reif im Glauben und stark im Geist. Bemüht Euch um euer eigenes Wohl und das Eurer Familien; mögen diese Familien dem evangelischen Gebot der Liebe treu und eine Schule des Glaubens sein. Arbeitet auch für das Wohl der Gemeinschaft, die Ihr ausgewählt habt oder in der Ihr die Chance habt, zu leben (...). Bewahrt Euren guten Namen und den guten Namen des Landes, in dem ihr aufgewachsen seid. Bewahrt und vermehrt das Erbe, das Ihr in Euch trägt. Seid dem treu, was gut ist.
Am 13. September 1983, am letzten Tag seines Aufenthalts, besuchte Johannes Paul II. den Kahlenberg. Dort enthüllte er eine Gedenktafel an der Fassade der St. Josefskirche anlässlich des 300. Jahrestages des Entsatzes und segnete eine neue Kapelle, wo sich eine Kopie des Bildes der Schwarzen Madonna von Tschenstochau, einem polnischen Nationalheiligtum, befindet. Ein Jahr später wurde an dem Frontgiebel der St. Josefskirche eine Gedenktafel errichtet, die den ersten Jahrestag des Aufenthalts des Heiligen Vaters am Kahlenberg verewigt.
In der Geschichte Österreichs gab es insgesamt fünf päpstliche Besuche. Johannes Paul II. kam als Papst insgesamt dreimal nach Österreich: 1983, 1988 und 1998. Der letzte Besuch eines Papstes war im Jahr 2007, als Benedikt XVI. anlässlich des 850. Jahrestages der Gründung von Mariazell Österreich besuchte. Der erste Besuch fand hingegen 1782 statt, als Papst Pius VI. nach Österreich ging, um über die Politik von Kaiser Joseph II. zu verhandeln. Letzterer wollte nämlich in der Habsburgermonarchie Reformen einführen, die die Kirche dem Staat unterstellt hätte.

23. Das Wappen des Königreichs Galizien und Lodomerien
Erzherzog Karl Ludwig-Denkmal, Heldenplatz, 1010 Wien
Der Heldenplatz ist der wohl repräsentativste Platz Wiens und grenzt direkt an die Hofburg an. Es befinden sich dort zwei Denkmäler, die die militärischen Erfolge der österreichischen Monarchie repräsentieren. Eines davon hat auch mit Polen zu tun.

An der Stelle des heutigen Heldenplatzes befand sich einst die Burgbastei, die Teil der Wiener Stadtmauern war. Die napoleonische Armee zerstörte 1809 während des französisch-österreichischen Kriegs einen Teil der Stadtfestung und somit auch die Burgbastei. Nachdem die Ruinenreste geräumt worden waren und das Gebiet eingeebnet wurde, entstand dort zu Erholungs- und Repräsentationszwecken der sog. „Promenadenplatz“.
Der Name „Heldenplatz“ wurde 1878 eingeführt und bezieht sich auf die beiden dort errichteten Denkmäler, die die militärischen Erfolge der Dynastie Habsburg-Lothringen symbolisieren. Die erste Statue wurde 1860 enthüllt und stellt Carl Ludwig von Österreich dar, den Sieger über die Armee von Napoleon in der Schlacht von Aspern. Dieses Denkmal ist insofern einzigartig, da nur die Hinterbeine des springenden Pferdes den Sockel berühren. Erschaffen wurde es von dem Bildhauer Anton Dominik Fernkorn.
Fünf Jahre später wurde das zweite Denkmal enthüllt, das Reiterstandbild des Prinz Eugen von Savoyen. Dieser kommandierte die siegreichen Schlachten gegen die osmanischen Armeen. Aufgrund der Krankheit von Anton Dominik Fernkorn wurde die Statue von Prinz Eugen von seinen Schülern fertiggestellt. Die technische Perfektion ihres Meisters haben diese jedoch nicht erreichen können. Denn damit das Pferd stabil auf den Hinterbeinen stehen kann, muss sein Schweif auf dem Sockel ruhen.
Heute ist der Heldenplatz ein Ort für Paraden und wichtige Feierlichkeiten, auch staatliche, wie den österreichischen Nationalfeiertag.

Die Wappen am Denkmal von Carl Ludwig von Österreich
Das bronzene Reiterdenkmal von Erzherzog Carl Ludwig von Österreich (1771-1847) mit einem Gewicht von über 10 Tonnen steht auf einem polierten Marmorsockel.
Rund um den Sockel des Denkmals wurden mehrere Bronzetafeln angebracht. Die auf der westlichen Seite zeigt das Wappen von Erzherzog Carl Ludwig. Es besteht aus den Wappen der einzelnen Kronländer des Kaisertums Österreich. Das rechte untere Feld zeigt das Wappen des Königreichs Galizien und Lodomerien, dessen Gebiete durch die Teilungen Polens von der Habsburgermonarchie annektiert wurden. Im oberen Teil des Wappens befindet sich eine Dohle und im unteren sind drei Königskronen abgebildet. Beide Elemente sind durch einen Balken getrennt.
Interessant ist, dass Carl Ludwig von Österreich im Alter von 20 Jahren von seiner Tante, der Erzherzogin Maria Christina, sowie ihrem Mann, Albert von Sachsen-Teschen, dem polnischen Prinzen und Begründer der Albertina, adoptiert wurde. Carl Ludwig, Erzherzog von Österreich und Herzog von Teschen, erbte das Herzogtum Teschen von seinen Adoptiveltern und erwarb außerdem das Land Saybusch. 1846 ließ er die bis heute bestehende Brauerei in Teschen erbauen, die älteste Brauerei Polens. Sein ältester Sohn, Albrecht Friedrich, Erzherzog von Österreich und ebenfalls Herzog von Teschen, gründete wiederum im Jahr 1856 eine Brauerei in Saybusch.
Ein Reiterstandbild von Albrecht Friedrich von Österreich befindet sich vor der Albertina. Beide Denkmäler wurden den Erzherzögen natürlich nicht wegen ihrer Verdienste im Bierbrauen errichtet. Es mag aber interessant sein, etwas über ihren Beitrag zur Entwicklung des Brauwesens in Polen zu erfahren.

Das tragische Geflecht der polnischen Geschichte
Das Denkmal für Erzherzog Carl wurde an diesem repräsentativen Platz in Wien errichtet. Damit sollten die militärischen Erfolge der Dynastie Habsburg-Lothringen hervorgehoben werden. Der Erzherzog war Heerführer, der in der Schlacht von Aspern über die Armee von Napoleon siegte. Leider kämpften die Polen im Krieg zwischen Frankreich und Österreich von 1809 auf beiden Seiten der Front.
In der Zeit der Napoleonischen Kriege hofften die Polen, dass Frankreich alle drei Teilungsstaaten – Österreich, Preußen und Russland – besiegen würde und sie ihre Unabhängigkeit durch Napoleon Bonaparte wiedererlangen würden. Als dann Österreich im April 1809 Frankreich den Krieg erklärte, standen sie auf der Seite Napoleons und rechneten mit der Niederlage der österreichischen Besatzungsmacht, der Habsburgermonarchie. Die in den Krieg gesandte Armee umfasste ebenfalls das sogenannte „1er régiment de chevau-légers lanciers polonais“ von Napoleon. Dabei handelte es sich um eine polnische Einheit der leichten Kavallerie, die sich in der Schlacht bei Somosierra in Spanien verdient gemacht hatten. Auf der gegnerischen Seite kämpften Polen, die durch die Teilungen Polens zwangsweise in die österreichische Armee einberufen wurden.
In der Schlacht von Aspern am 21./22. Mai 1809 erlitt Napoleon durch die Armee von Erzherzog Carl eine Niederlage. Der Sieg in der zweitägigen Schlacht ging somit an die Habsburger. In Wirklichkeit hatten beide Seiten schwere Verluste erlitten. Die entscheidende Schlacht, die über den Ausgang des französisch-österreichische Kriegs entschied, fand sechs Wochen später, am 5. und 6. Juli, bei Wagram statt. Die Schlacht bei Wagram endete mit einem Sieg für die französische Armee. Diese Schlacht war für polnische Angelegenheiten von großer Bedeutung, da sie über den Fortbestand des Herzogtums Warschau bestimmte. Im Falle einer Niederlage von Frankreich, hätte dieser Rest des polnischen Staates aufgehört zu existieren.
Die Schlacht bei Wagram ist ein Beispiel für das tragische Geflecht der polnischen Geschichte. Bei ihr kam es nämlich zu einer direkten Konfrontation zwischen Polen, die auf beiden Seiten kämpften. Das aus Polen bestehende „1er régiment de chevau-légers lanciers polonais“ traf auf das sogenannte k.u.k. Ulanenregiment „Fürst zu Schwarzenberg“ Nr. 2., das überwiegend aus Polen aus Schlesien und Galizien bestand. Es lohnt sich, an dieses Ereignis zu erinnern, wenn man sich am Denkmal das Wappen des Königreichs Galizien und Lodomerien, des polnischen Gebiets, das an die Habsburgermonarchie fiel, ansieht.

24. Joseph Maximilian Ossolinski
Österreichische Nationalbibliothek, Heldenplatz, 1010 Wien
17 Jahre lang fungierte er als Präfekt der Hofbibliothek in Wien, eines der ehrenvollsten Ämter der österreichischen Monarchie. Er rettete ihre wertvollsten Sammlungen, und sein Porträt schmückt einen der Räume in der heutigen Österreichischen Nationalbibliothek.

Joseph Maximilian Ossoliński (geb. 1748 in Wola Mielecka; gest. 1826 in Wien) war ein Historiker, Bibliophiler, Schriftsteller, Politiker und Mäzen. Er ist allgemein als Gründer und Stifter des Ossolineums, eines der wichtigsten polnischen Kulturzentren, bekannt. Seine Verdienste für die österreichische Kultur werden hingegen weniger geschätzt. Es sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass Ossoliński 36 Jahre in Wien verbracht hat, also den größten Teil seines Erwachsenlebens. Konzentrieren wir uns daher auf seinen Lebensabschnitt in Wien und seine Arbeit als Präfekt der Hofbibliothek.
Die Bibliothek war zu dieser Zeit von außerordentlicher Bedeutung und höchstem Rang in ganz Europa und gehörte, da sie 1368 gegründet wurde, zu den ältesten Bibliotheken. Mit der Leitung einer solchen Einrichtung wurden besonders sorgfältig ausgewählte Personen berufen. Es genügt zu erwähnen, dass sich unter Ossolińskis Vorgängern beispielsweise der Poet Enea Silvio Piccolomini, also der spätere Papst Pius II., oder der außerordentliche Humanist Konrad Celtis finden lassen. Ossoliński wurde ebenfalls die Ehre zuteil, eine solch bedeutsame Position zu bekleiden. Seine Ausbildung am Collegium Nobilium der Jesuiten in Warschau und vor allem seine Leidenschaft für Bücher und Wissenschaft wurden anerkannt und geschätzt.
Bevor er Präfekt wurde, verging viel Zeit seit seiner Einreise nach Wien. Im Jahr 1790 kam er als einer der Delegierten des galizischen Adels an den Hof von Kaiser Joseph II., um ihn zu bitten, die neu eingeführten und ungünstigen Steuergesetze zu ändern und Galizien eine Verfassung namens Magna Charta Leopoldina zu gewähren. Obwohl seine Mission erfolglos war, beschloss Ossoliński, dauerhaft in Wien zu bleiben und ließ sich in der Mayerhofgasse 8 nieder (heute erinnert an den Ort eine Gedenktafel, die 2015 enthüllt wurde).
Bereits in den ersten Jahren seines Aufenthalts in Wien knüpfte er Kontakte zu einflussreichen Personen aus Hofkreisen, was ihm ermöglichte, sich für polnische Angelegenheiten einzusetzen. Seine Position wird zum Beispiel durch eine im März 1794 an ihn gerichtete Bitte von Tadeusz Kościuszko belegt, der ihn aufforderte, sich am Wiener Hof zu bemühen, die Unterstützung des Kaisers für den polnischen Aufstand zu erhalten.
Ossoliński interessierte sich jedoch mehr für die Wissenschaft als für die Diplomatie. Wie er zu sagen pflegte: Die Wissenschaft hat nicht weniger als der Säbel unseren Adel geschaffen.
Eine der Folgen des Zusammenbruchs des Kościuszko-Aufstands war, dass die Russen 1795 die Sammlung der Załuski-Bibliothek, die fast das gesamte polnische Schrifttum enthielt, nach Sankt Petersburg brachten. Angesichts dieses unersetzlichen Verlustes für die polnische Kultur begann Ossoliński, sich für die Gründung einer polnischen Nationalbibliothek einzusetzen.
Er begann umfangreiche Bibliothekssammlungen anzuhäufen, die er nicht nur in Wien erwarb, sondern in der ganzen Habsburgermonarchie, insbesondere in den Gebieten des damaligen Polens. Auf diese Weise trug er zum Erhalt vieler wertvoller Andenken der polnischen Literatur bei. In einem Brief aus dem Jahr 1808 informierte er Samuel Gottlieb Linde, einen Bibliothekar seiner Kollektion aus Wien, dass seine Bibliothekssammlungen bereits sein ganzes Haus eingenommen hätten.
Die von Ossoliński in Wien angehäufte Büchersammlung wurde nicht nur von polnischen, sondern auch von österreichischen Gelehrten genutzt. Dank seiner umfangreichen Bibliothek und seines großen literarischen Wissens erlangte er großes Ansehen in Hofkreisen. Am 16. Februar 1809 wurde er aufgrund eines kaiserlichen Dekrets zum Präfekten der Hofbibliothek ernannt.
Diese Position genoss hohes Ansehen und war eines der ehrenvollsten Ämter in der Hauptstadt des österreichischen Kaiserreichs. Die Anforderungen an den Kandidaten waren jedoch auch dementsprechend hoch. Er musste einen makellosen Ruf haben, gebildet sein, wissenschaftliche Leistungen vorweisen, Fremdsprachenkenntnisse besitzen, fleißig sein und sich mit voller Hingabe der Arbeit in der Bibliothek widmen. Der Leitspruch des Präfekten der Hofbibliothek lautete „Aliis Inserviendo Consumor“, was aus dem Lateinischen übersetzt „Indem ich anderen diene, verzehre ich mich“ bedeutet. Damit war gemeint, dass man nicht für sich selbst, sondern für andere arbeiten und freiwillig auf Vorteile verzichten soll, die man anderen gibt. Ossoliński erfüllte alle diese Kriterien.
Die Ernennung von Ossoliński fiel zeitlich mit dem Krieg Österreichs mit Frankreich im Jahr 1809 zusammen. Er übernahm das Amt des Präfekten drei Monate, bevor Napoleon Wien einnahm. In Wien war bekannt, dass Napoleon die Angewohnheit hatte, sich Kunstwerke aus eroberten Gebieten anzueignen. Diese Befürchtung hatte man zunehmend auch für Wien, als sich die französische Armee der Hauptstadt näherte.
Der Einmarsch der französischen Armee bedeutete den Verlust wertvoller Bibliotheksbestände. Aufgrund dieser Gefahr ließ Ossoliński im März 1809 die wertvollsten Bücher, Manuskripte und Illustrationen für den Transport vorbereiten. Im April wurden 14 verzinkte Kisten nach Ungarn befördert. Unter den ausgeführten Gegenständen befanden sich zum Beispiel die Beschlüsse des Senats im alten Rom, altgriechische Pergamentmanuskripte und eine Weltkarte aus dem 13. Jahrhundert, die sog. Tabula Peutingeriana.
Es blieb jedoch keine Zeit, alle wertvollen Gegenstände wegzubringen, da die französische Armee immer schneller vorrückte. Im Mai marschierte sie in Wien ein, und mit ihr der Generaldirektor der französischen Museen, Dominique-Vivant Denon. Während der Feldzüge Napoleons fungierte Denon als Experte für die Beschlagnahmung von Kunstgegenständen in den von Frankreich besetzten Gebieten Europas. Seine Aufgabe war es, die Sammlung des Louvre in Paris mit Kunstwerken aus eroberten Gebieten – z.B. aus Bibliotheken, Klöster, Kirchen und Residenzen – zu ergänzen. Er erhielt den Spitznamen „das Auge Napoleons“ und war in Italien, den Niederlanden, Deutschland und Spanien tätig. 1809 kam er nach Wien mit einer im Voraus erstellten Liste aller Gegenstände, die er beschlagnahmen wollte.
Ossoliński versuchte, den Rest der ihm anvertrauten Bibliotheksbestände zu retten. Er protestierte bei Denon gegen ihren Abtransport, schickte Briefe an französische Minister mit der Bitte, die Kunstwerke in Wien zu lassen, und ersuchte, leider erfolglos, um eine Audienz bei Napoleon persönlich. Obwohl es ihm und seinen Mitarbeitern gelang, einen Teil der zu beschlagnahmenden Gegenstände zu verstecken, wurden mehrere hundert Bände alter Drucke, Manuskripte und Illustrationen mitgenommen. Die Bibliothek verlor viele wertvolle Sammlungen und Ossoliński verfolgte während seiner Amtszeit das Bestreben, diese wiederzugewinnen.
Nach dem Ende des österreichischen Kriegs gegen Frankreich beschloss Ossoliński die Bibliothek zu schließen, um ein Inventar der Bestände zu erstellen. Nach dem Aufräumen und Zählen begann er, die geraubten Sammlungsstücke zurückzufordern. Dies wurde erst nach der Niederlage von Napoleons Truppen bei Waterloo im Jahr 1815 möglich. Zu dieser Zeit bemühte man sich, die Gegenstände ihren rechtmäßigen Besitzern zurückzugeben. Um die Kulturgüter wiederzubekommen, schickte Ossoliński seine besten Mitarbeiter nach Paris. Im Laufe der Jahre gelang es ihm, fast alle geraubten Gegenstände wiederzubeschaffen. Ihr Auffinden und ihre Rückgabe nahmen die ganze verbleibende Zeit in Anspruch, die Ossoliński noch als Präfekt hatte.
Das Biographische Lexikon des Kaisertums Österreich, das 1870 von dem österreichischen Bibliographen Constantin von Wurzbach verfasst wurde, enthält Biografien bedeutender Persönlichkeiten. Folgendes können wir darin über Ossoliński lesen: „Des Grafen Amtstätigkeit an diesem großartigen Institute fällt in die denkwürdige Periode der Invasion der Franzosen in Wien, in welcher der Generalsekretär der französischen Museen, Herr v. Denon, eine systematische Beraubung der kaiserlichen Sammlungen und also auch der Bibliothek organisierte. Graf Ossoliński wahrte mit seinem ganzen Einflusse und allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln die ihm anvertrauten Schätze, […]. Auch sonst wirkte der Graf während der 17 Jahre, in welchen er die Bibliothek leitete, auf das Verdienstlichste für dieselbe“.
Obwohl sich Ossoliński ganz der Arbeit als Präfekt der kaiserlichen Bibliothek widmete, setzte er sich auch für die polnischen Nationalangelegenheiten in Wien ein. Im Lexikon von Wurzbach können wir lesen: „…Da nahm O., entschlossen, für das Wohl seines Vaterlandes alles zu tun, was in seinen Kräften stand, diese Wahl an und unterzog sich den anstrengendsten Arbeiten, männlich die Interessen seines Heimatlandes in allen Fällen vertretend. […] So errang er für die Söhne des galizischen Adels die Zulassung zur Aufnahme in die Theresianische Ritter-Akademie und in die Wiener-Neustädter Militär-Akademie, […]. Ebenso fand über seine Bemühungen die Errichtung einer Lehrkanzel der polnischen Sprache und Literatur an der Lemberger Hochschule statt.“
17 Jahre lang, fast bis zu seinem Tod, fungierte Ossoliński als Präfekt. Er starb in Wien und wurde auf dem Matzleinsdorfer Friedhof begraben. Leider ist sein Grab nicht erhalten geblieben. In den 1850er Jahren, im Zuge des Ausbaus der Infrastruktur Wiens, wurde Ossolińskis Grab entfernt.
Nach 1918 wurde die Hofbibliothek in Nationalbibliothek umbenannt, seit 1945 ist sie als Österreichische Nationalbibliothek bekannt. Sie befindet sich weiterhin am gleichen Ort in Wien, nämlich in der Hofburg am Josefsplatz 1.
Wissenswert ist, dass die Sammlung der Österreichischen Nationalbibliothek viele polnische Dokumente enthält, darunter beispielsweise Briefe polnischer Könige wie Sigismund I., Heinrich III. (Henryk Walezy), Sigismund III. Wasa, Johann II. Kasimir, Johann (Jan) III. Sobieski, Stanislaus I. Leszczyński, August II., Stanislaus II. August Poniatowski oder Briefe der königlichen Ehegattinnen wie beispielsweise von Königin Bona Sforza, Anna, der Frau von Sigismund III. Wasa, Luisa Maria Gonzaga, der Frau von Johann II. Kasimir und Maria Josepha, der Frau von August II. Die Bibliothekssammlung umfasst auch Briefe berühmter Polen wie Józef Bem, Józef Chłopicki, Adam Jerzy Czartoryski, Jan Henryk Dąbrowski oder Tadeusz Kościuszko. Darüber hinaus gibt es dort ungefähr 1800 Werke der polnischen Literatur, darunter zum Beispiel der Psalter Davids von Jan Kochanowski von 1606, sowie viele Bücher, Landkarten und Illustrationen, insbesondere über die Geschichte und Kultur Galiziens.
Die Sammlung der Österreichischen Nationalbibliothek zählt über 10 Millionen Medien und ist somit die größte Österreichs. Sie gilt heute als eine der bedeutendsten Bibliotheken und ihr barocker Prunksaal als einer der schönsten Bibliothekssäle der Welt.
Bei der Betrachtung dieser reichen Sammlung, sollte man sich die Verdienste von Joseph Maximilian Ossoliński vor Augen halten, der von 1809 bis 1826 Präfekt der kaiserlichen Hofbibliothek war. Heute hängt sein Porträt an einer der Wände im Van Swieten Saal. Dieser wurde nach einem anderen Präfekten der Hofbibliothek benannt, nämlich Gerard van Swieten, der dieses Amt in den Jahren 1745 – 1772 bekleidete. Der Saal ist öffentlich nicht zugänglich, sondern nur im Rahmen organisierter Feierlichkeiten.
Abschließend soll noch erwähnt werden, dass die Zeitschrift „Polonika“, in der dieser Artikel veröffentlicht wurde, ebenfalls in der Sammlung der Nationalbibliothek in der Zeitschriftenabteilung zu finden ist, ebenso wie alle bisherigen Ausgaben.

25. Statue eines polnischen Soldaten von der Entsatzschlacht
Österreichische Nationalbibliothek, Heldenplatz, 1010 Wien
Wir bleiben auf dem Heldenplatz, wo sich ein weiteres Denkmal befindet, das mit der polnischen Geschichte verbunden ist: die Statue eines polnischen Soldaten des Entsatzes von Wien.

An der Frontfassade der Nationalbibliothek am Heldenplatz sehen wir ein wenig bekanntes Andenken, das an die Türkenbelagerung erinnert. Die siebte Statue auf der rechten Seite des Haupteingangs der Bibliothek stellt einen polnischen Soldaten dar – einen gepanzerten Kameraden, zu dessen Füßen osmanische Fahnen liegen.
Woran mag dieser polnische Soldat denken, während er stolz auf die Hügel des Wienerwalds blickt? Vielleicht an den Sieg von Wien, einen der größten Erfolge der polnischen Armee?
Wien zu Hilfe
Im 17. Jahrhundert zählte das Osmanische Reich zu den europäischen und asiatischen Großmächten. Nach militärischen Erfolgen in Süd- und Mitteleuropa konzentrierten es 1683 seine Streitkräfte auf den Westen. Sein Ziel war das österreichische Kaiserreich. Die Osmanen rechneten jedoch nicht damit, wie viele Länder Österreich zu Hilfe kommen würden, als sie sich entschieden, in den Krieg zu ziehen. Im März 1683 entsandte Sultan Mehmed IV. ein Heer von über 150.000 Soldaten von Adrianopel. Das Heer erreichte Wien am 14. Juli 1683 und begann, die Stadt zu stürmen.
Zwei Tage nach der Einnahme von Wien erhielt der König von Polen, Johann III. Sobieski, einen verzweifelten Brief von Kaiser Leopold I. mit folgender Bitte: „Wir erwarten weniger die Truppen Eurer Majestät als vielmehr Eure Person und sind überzeugt, dass die Person Eurer Majestät an vorderster Front und Euer Name, der unseren gemeinsamen Feinden so bedrohlich ist, zur Niederlage der Feinde führen wird“.
Gemäß der Allianz zwischen Österreich und Polen eilte Johann III. Sobieski den Habsburgern zu Hilfe. Mitte August 1683 verließ er Krakau an der Spitze der polnischen Armee, die ungefähr 22.000 Soldaten zählte, und begab sich schnell nach Wien. Die Lagerbediensteten, deren Zahl doppelt so groß war, reisten mit 6.000 Fuhrwerken, die mit Waffen, Munition, Zelten und Nahrungsmitteln beladen waren. Sie wurden von über 30.000 Pferden begleitet – die Reitpferde waren für die Reiter bestimmt und die Zugpferde zogen die Wagen und Kanonen.
Der Anführer Sobieski
Am 3. September 1683 fand in Schloss Stetteldorf in der Nähe der Donau ein Kriegsrat statt. Die Befehlshaber der alliierten Armeen übergaben Johann III. Sobieski das Kommando über alle Truppen, da er den höchsten Rang unter ihnen besaß und die meiste Erfahrung im Kampf gegen die Osmanen hatte. Sie einigten sich auf einen Angriffsplan, der von den Höhen des Wienerwaldes ausgehen sollte. Die Überwindung der steilen, fast 500 Meter hohen Anhöhen war insbesondere für die Hussaria, die schwere Kavallerie und die Artillerie schwierig. Es war aber der kürzeste Weg nach Wien, das sich mit letzter Kraft verzweifelt wehrte. In der Hauptstadt herrschte bereits Hunger, eine Epidemie breitete sich aus und die Sterberate unter den Verteidigern der Stadt war hoch. Die Osmanen griffen hartnäckig die Stadtmauern an und eroberten viele weitere Verteidigungsanlagen. Tag für Tag drangen sie immer tiefer in die Befestigungen ein. Die Schlinge um Wien zog sich immer enger zu.
Alle alliierten Streitkräfte trafen sich in Tulln, ungefähr 50 km von Wien entfernt. Die polnische Armee bestand aus ca. 22.000 Mann, die österreichische aus über 18.000 Mann. Am 6. und 7. September überquerten sie auf Pontonbrücken die Donau zum südlichen Ufer. Hier schlossen sie sich den fast 30.000 Soldaten der deutschen Fürstentümer Bayern, Sachsen und Franken an, die bei Krems die Donau passiert hatten. Die Armeen der Allianz umfassten ungefähr 70.000 Soldaten. Am 9. September marschierten alle Heere durch den Wienerwald und erreichten nach zwei Tagen die letzten Höhen vor Wien.
Am 11. September, am Vorabend der Schlacht, erreichte Johann III. Sobieski den Gipfel des Kahlenbergs. Er erblickte das osmanische Lager, das sich um Wien ausbreitete und die ganze Stadt dicht umgab: 25.000 Zelte, 30.000 weidende Ochsen, Kamele und Schafe, mehrere tausend Fuhrwerke. Die osmanische Armee war trotz der Verluste, die sie in den Schlachten erlitten hatte, riesig und zählte über 100.000 Soldaten.
Der erste Angriff
Der historische Tag kam: Sonntag, 12. September 1683. Das weite Flachland um Wien war neblig. Mit den ersten Sonnenstrahlen fiel der Nebel wie ein Vorhang und enthüllte das Schlachtfeld. Herzog Karl V. von Lothringen bemerkte von seiner Befehlsstelle aus, die sich auf den Ruinen der von den Tataren niedergebrannten Kirche auf dem Kahlenberg befand, wie sich in der Ferne eine Großzahl an osmanischen Truppen fortbewegte.
Um zu verhindern, dass sich der Feind auf den Kampf vorbereiten kann, befahl der Herzog von Lothringen um 6 Uhr morgens, den ganzen linken Flügel der Armee anzugreifen, und begab sich unverzüglich auf den Kahlenberg, wo Johann III. Sobieski bereits eingetroffen war. In Anwesenheit der anderen Befehlshaber informierte er Sobieski über die aktuelle Situation. Der König hieß seine Entscheidung, den Angriff zu beginnen, gut und befahl den deutschen Truppen in der Mitte, die Kampfpositionen einzunehmen. Nach 6 Uhr morgens stiegen die Armeen von ihren Nachtlagern am Vogelsangberg und am Hermannskogel ab und trafen auf wenig Widerstand der osmanischen Infanterie, die sich vor dem überlegenen Gegner zurückzog. Gegen 13 Uhr nahmen die Armeen in der Mitte, nachdem sie das Dorf Sievering erobert hatten, ihre Ausgangsposition für den Angriff ein und bildeten mit den Armeen des linken Flügels eine Frontlinie. Alle warteten noch auf die Polen, die als letzte vom rechten Flügel des Entsatzheers angreifen sollten.
Der Angriff der polnischen Armee
Das polnische Heer war in drei Gruppen unterteilt: der linke Flügel, die Mitte und der rechte Flügel. Der Befehlshaber des linken Flügels der polnischen Armee war der Kronfeldherr Nikolaus Hieronimus Sieniawski, in der Mitte befanden sich die königlichen Hussaria unter dem direkten Kommando des Königs selbst und der rechte Flügel wurde von Feldhauptmann Stanisław Jabłonowski angeführt.
Gegen 14 Uhr eroberten Sieniawskis Truppen den Miachaelerberg, trotz des starken Widerstands der osmanischen Infanterie, die sich zwischen den Anhöhen und Schluchten verteidigte. Als die deutschen Truppen unzählige weiß-rote Wimpel an den erhobenen Lanzen sahen, löste es bei ihnen große Euphorie aus. Ein Triumphschrei österreichischer und deutscher Soldaten hallte über die Hügel. Sobieski traf ebenfalls auf dem Michaelerberg ein, um das Schlachtfeld zu beobachten.
Kara Mustafa Pascha, der die osmanische Armee kommandierte, bemerkte die polnischen Truppen von seiner Befehlsstelle aus. Er sah die Gefahr, die ihm drohte. Er verstand nämlich, dass der Hauptangriff nicht von der Donau kam, sondern von den von der polnischen Armee besetzten Bergen auf der anderen Seite. Kara Mustafa versuchte somit hastig, seine Truppen neu zu gruppieren und verlegte die Infanterie und Kavallerie an den linken Flügel. Es war aber bereits zu spät dafür.
Die polnische Infanterie, die in der blutigen Schlacht viele Verluste erlitt, eroberte einen weiteren Berg, den Schafberg, zurück. Dort nahm Sobieski seinen letzten Kommandoposten ein und übersah die nächste Phase des Plans. Er gab den Generalen Befehle mit Hilfe von Kurieren weiter. Währenddessen eroberte die Armee von Feldhauptmann Jabłonowski in verbissenen Kämpfen die Dörfer Neuwaldegg und Dornbach bei Wien.
Gegen 16 Uhr erreichte die polnische Armee nach der Eroberung der letzten Berge um Wien ein flacheres Gelände und ebnete die Frontlinie mit allen Truppen der alliierten Armee. Die Kavallerie konnte hier in den Kampf einbezogen werden, weil nur leichte Steigungen zum osmanischen Lager führten. Sobieski befahr, die Reihen der polnischen Armee neu zu gruppieren. Die Husaren drangen in die erste Linie, hinter ihnen stellte sich die bepanzerte Armee auf.
Hussaria, zum Angriff!
Zur gleichen Zeit setzte der Herzog von Lothringen auf dem linken Flügel der alliierten Streitkräfte seinen Angriff fort. Er nutzte dabei die Tatsache, dass Kara Mustafa den Großteil seiner Truppen zum Kampf gegen die polnischen Armeen verlegt hatte. Trotz erheblicher Verluste drängte das Heer des Herzogs von Lothringen weiter Richtung Wien vor. In den osmanischen Truppen begann sich Chaos abzuzeichnen.
Die Kämpfe wurden von Sobieski mit seinem Stab von seiner Befehlsstelle auf dem Schafberg aus überwacht. Als er den Zusammenbruch der osmanischen Front von Seiten der Donau bemerkte, wurde ihm klar, dass die für zwei Tage geplante Schlacht an einem einzigen Tag beendet werden konnte. Der König befahl allen deutschen und polnischen Truppen, gleichzeitig auf der gesamten Frontlinie anzugreifen.
Die Trompeten erklangen, die Trommeln und Pauken dröhnten kämpferisch und die Flaggen wurden entrollt. In der ersten Reihe zum Angriff stand die polnische Hussaria-Kavallerie, gefolgt von der bepanzerten Armee und der leichten Kavallerie. Ihr gegenüber stellte sich die osmanische Kavallerie auf, gefolgt von der Infanterie.
Über 20.000 polnische und deutsche Kavalleristen brachen zum letzten Gefecht auf. Die gesamte Kavallerie mit Rüstung bewegte sich langsam und überwand die letzten Unebenheiten des Geländes. Sobieski führte die Husaren persönlich vom Hang des Schafbergs dem Gegner zu. Beim Anblick des Königs, der an der Spitze des Heeres ritt, wurde das gesamte Heer von einer unglaublichen Kampfeslust erfasst. Sobieski blieb mit Fürst Jakob auf einer kleinen Anhöhe stehen und beobachtete den Kampf.
Mit dem immer lauter werdenden Rauschen der Flügel auf ihrer Rüstung und dem Flattern der Wimpel nahm die Geschwindigkeit der Hussaria immer mehr zu. Vom Trab ging es in den Galopp. Sie kamen wie ein unaufhaltsamer Sturm die Hügel hinunter. Das Stampfen der mehreren tausend Pferdehufe verschmolz zu einem unaufhörlichen Donnern. Der Boden begann zu beben. Eine riesige Staubwolke stieg in den Himmel auf. Sofort erklangen Kanonenschüsse des Feindes. Die geflügelten Reiter ließen sich dadurch nicht aufhalten, sondern senkten bereit zum Kampf ihre Lanzen. Ihnen gegenüber stürmte die riesige osmanische Kavallerie in den Kampf. Mit dem Kampfschrei „Jesus, Maria, rette uns“ stürzten sich die Husaren auf den Gegner. Der Aufprall war heftig. Das Krachen von zweitausend Hussarialanzen, die auf den Feinden zerbrachen, erklang. Die osmanische Kavallerie und Infanterie konnten der Wucht des Aufpralls nicht standhalten und traten den Rückzug an. Die Hussaria zertrampelten die fliehenden Soldaten. Es war einer der größten Kavallerieangriffe der Weltgeschichte.
Kara Mustafa sah den Zusammenbruch seiner Truppen und unternahm einen weiteren verzweifelten Verteidigungsversuch. Nachdem er aber von seinen Beratern, die die Hoffnungslosigkeit der Situation erkannt hatten, überredet wurde, befahl er den Rückzug, um seine Armee vor der völligen Vernichtung zu bewahren. Die Osmanen begannen vom Schlachtfeld zu fliehen.
Gegen 18 Uhr wurde das osmanische Lager eingenommen. Die Nacht brach herein und die letzten Schüsse hörten auf. Der historische Tag, der 12. September 1683, ging zu Ende. In allen Kirchen Wiens läuteten die Glocken. Wien war frei. Die Bewohnerinnen und Bewohner gingen auf die Verteidigungsmauern und jubelten zu Ehren der Sieger. Wäre der Hauptangriff gescheitert, wären die Osmanen bereits am nächsten Tag in die Stadt eingedrungen.
Nach der Schlacht
Der Sieg gelang durch die Zusammenarbeit aller alliierten Streitkräfte – der polnischen, der österreichischen und der deutschen – die einzeln die osmanische Macht bei Wien nie besiegen hätten können.
Am nächsten Tag, dem 13. September 1863, schickte der polnische König Johann III. Sobieski zwei Briefe aus. Der eine an seine Frau, Königin Marie Casimire, begann mit den Worten: „Unser gesegneter Gott und Herr hat unserer Nation Sieg und Ruhm verliehen, wie ihn vergangene Jahrhunderte nicht gekannt haben“. Im Brief an Papst Innozenz XI. schrieb er hingegen: „Venimus, vidimus, Deus vincit“ – Wir kamen, wir sahen, Gott siegte“, und schickte ebenfalls eine erbeutete osmanische Fahne nach Rom.
Der Sieg von Wien setzte der Expansion der Osmanen in Europa ein Ende. Sobieski rettete damit nicht nur die österreichische Hauptstadt, sondern ebenso andere europäische Länder. Er ebnete Österreich auch den Weg für zukünftige Siege, durch die es zu einer Großmacht wurde. Von österreichischer Seite erhielt der polnische König leider nicht die Dankbarkeit, die er erwartete. Die Folge der expansiven Politik von Österreich war die spätere Teilung Polens, das für mehr als anderthalb Jahrhunderte von der Weltkarte verschwand. Sobieski konnte jedoch nicht vorhersehen, was 90 Jahre nach der Schlacht am Kahlenberg passieren würde.
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26. Medaillons am Denkmal von Kaiser Joseph II.
Kaiser Joseph II-Denkmal, Josefsplatz, 1010 Wien
Wir verlassen den Heldenplatz, gehen auf die andere Seite der Hofburg und erreichen den Josefsplatz, der nach Kaiser Joseph II. aus dem Hause Habsburg (1741–1790) benannt wurde. In der Mitte befindet sich eine mit Medaillons geschmückte Statue vom Kaiser. Zwei dieser Medaillons haben einen Bezug zu Polen.
Der Josefsplatz hat eine sehr reiche Geschichte. Ursprünglich befand sich hier ein Friedhof der Augustiner aus der nahe gelegenen Augustinerkirche. Im 15. Jahrhundert beauftragte Kaiser Friedrich III. an dieser Stelle einen Garten zu errichten, in dem später Reitvorführungen des Habsburger Hofes stattfanden. Heute befindet sich in der Mitte des Platzes eine Statue von Kaiser Joseph II., die 1807 enthüllt wurde. Nach dem Vorbild des römischen Kaisers Marcus Aurelius, wurde er ebenfalls auf einem Pferd dargestellt, wobei seine rechte Hand zum Gruß erhoben ist.
Galizischer Landtag
Der mit Reliefs verzierte Sockel des Denkmals wurde aus Granit vom Steinbruch Mauthausen hergestellt. Er ist von einer Bronzekette und vier Eckpfeilern umgeben, die mit Medaillons geschmückt sind. Zwei davon sind mit Polen verbunden. Eines, das auf der rechten hinteren Säule platziert wurde, zeigt zwei Figuren: eine männliche und eine weibliche, zwischen denen sich eine Ähre befindet. Die männliche Gestalt trägt eine Toga – ein Kleidungsstück, das im alten Rom getragen wurde – und hält eine Urkunde in ihrer linken Hand, ein sogenanntes Privileg. Diese Szene symbolisiert die Erteilung eines Gesetzes durch Kaiser Joseph II., das im Königreich Galizien und Lodomerien mit dem Großherzogtum Krakau und den Herzogtümern Auschwitz und Zator gegolten hat. 1772 ging dieses Gebiet nämlich im Zuge der ersten Teilung der Ersten Polnischen Republik an die Habsburgermonarchie.
Die auf dem Medaillon abgebildete männliche Figur stellt Kaiser Joseph II. dar. Er reicht der Frau, die sich an ein Schild lehnt, die rechte Hand. Darauf sind im oberen Teil die Wappenschilder des Königreichs Galizien und Lodomerien zu sehen. Das Wappenschild von Galizien zeigt drei Kronen, die sich auf das Wappen des Erzbistum Krakau beziehen, und das Wappen von Lodomerien zwei horizontale Balken. Im unteren Teil des Schildes befinden sich zwei Adler. Der Adler auf der linken Seite, mit dem Buchstaben O auf der Brust, ist das Wappen des Herzogtums Auschwitz und der auf der rechten Seite, mit dem Buchstaben Z auf der Brust, das Wappen des Herzogtums Zator. Um das Medaillon herum befindet sich die Inschrift: CONVENTU. ORDIN. PERPETUO. IN GALICIA. ET. LOD. CONSTITUTO. MDCCLXXXII (deutsch „Mit der Errichtung eines ständigen Landtages in Galizien und Lodomerien, 1782“).
Joseph II. begann, nachdem er seiner Mutter, Kaiserin Maria Teresa, auf den Thron nachgefolgt war, viele Reformen in der Verwaltung, Kirche, Justiz und Bildung einzuführen. Er initiierte eine Reihe von sozialen Veränderungen, schaffte unter anderem die Leibeigenschaft der Bauern ab und schränkte die Macht des Adels ein. 1782 wurde das Gesetz zur Abschaffung der Leibeigenschaft auf Galizien und Lodomerien ausgedehnt. Die Bauern hatten dadurch unter anderem die Freiheit, sich von Ort zu Ort bewegen zu können, und konnten ihren Grundherrn verklagen. Diese staatlichen Reformen, die sich nach Galizien und Lodomerien erstreckten, hatten das Ziel, dieses Gebiet, das viel ärmer als alle anderen Kronländer des Reiches war, weiterzuentwickeln. Joseph II. regierte zentralistisch, im Stil des aufgeklärten Absolutismus. Nach der ersten Teilung Polens beabsichtigte die österreichische Herrschaft, einen Landtag für Galizien und Lodomerien einzurichten, um den Anschein zu erwecken, dass der Parlamentarismus der Ersten Republik bewahrt wurde. Dieses Organ, unter dem Namen Galizischer Landtag bekannt, wurde 1782 gegründet. Da es aber keine gesetzgebende Behörde war, konnte es nur Forderungen stellen und beraten, wie die bereits von der Regierung Wiens vorgelegten Angelegenheiten umzusetzen seien. Nach der dritten Teilung Polens wurden die Landstände nur einmal, und ihre Tätigkeit danach vollständig eingestellt. Die allegorisch auf dem Medaillon dargestellte Szene symbolisiert die Gründung des Galizischen Landtages im Jahr 1782 und die Gewährung neuer Rechte in Galizien und Lodomerien.
Die Akademie von Lemberg
Das zweite mit Polen verbundene Medaillon befindet sich hinter dem Denkmal auf dem linken Pfeiler. Auf dem Basrelief befindet sich ein Sockel und darüber eine Leier, die für Geschicklichkeit und bildende Kunst steht. Rechts vom Sockel sitzt eine Eule, die ein Symbol für Wissen und Weisheit ist. In der Mitte wurden die Wappenschilder von Galizien und Lodomerien angebracht: drei Kronen und zwei horizontale Balken. Das Medaillon hat die Umschrift: OPTIMAR. ART. LUDIS. IN. GALICIA. CONSTITUT. ACADEMIA. LEOPOL. MDCCLXXXIIII. (deutsch „Zur Ausbildung in den besten Künsten die in Galizien errichtete Akademie von Lemberg 1784“).
Die Platzierung dieses Medaillons beim Denkmal von Kaiser Joseph II. steht im Zusammenhang mit der Wiedereröffnung der Universität Lemberg im Jahr 1784. Diese war im Jahr 1661 entstanden, als der polnische König Johann Kasimir im Zuge eines Gründungsgesetzes eine Jesuitenschule in Lemberg in eine Akademie umgewandelt hatte. Infolge der ersten Teilung Polens wurde Lemberg Teil der Habsburgermonarchie. Die Regierung von Österreich löste den Jesuitenorden auf, der die Universität Lemberg leitete und wandelte die Universität in eine weiterführende Schule um. Die Habsburgermonarchie brauchte jedoch ausgebildete Beamte, um die neu eroberte Provinz zu verwalten. Auf Befehl des Kaisers kamen Professoren nach Lemberg, und die organisatorischen Maßnahmen wurden wieder aufgenommen. 1784 unterzeichnete Kaiser Joseph II. ein Stiftungsdiplom für die staatliche Universität in Lemberg, dass nach dem Vorbild der Universität Wien lief und sie den anderen Universitäten der Habsburgermonarchie gleichstellte.
Beide Medaillons bei der Statue von Joseph II. entsprechen den Medaillen, die im Zusammenhang mit den Ereignissen, die sie darstellen, geprägt wurden: Der Gewährung der Privilegien für Galizien und Lodomerien und die Wiedereröffnung der Universität Lemberg.
Es ist schwer zu sagen, wie viele Medaillen im Original bis heute erhalten sind. Ihre originalgetreuen, vergrößerten Exemplare können aber im Zentrum der Stadt bewundert werden.

27. Die Gedenktafel von Johann III. Sobieski
Augustinerkirche, Augustinerstr. 3, 1010 Wien
Die Befreiung Wiens wäre ohne den polnischen König Johann III. Sobieski gescheitert. Seine Person ist an der Wand der Augustinerkirche verewigt.

1983 wurde auf Initiative des Komitees zur Feier des 300. Jahrestages der Belagerung von Wien auf der äußeren Wand der Kirche eine Tafel aufgehängt, die Johann III. Sobieski gewidmet ist. Die Aufschrift lautet: „Jan III Sobieski, König von Polen, Oberbefehlshaber der Vereinigten Heere, besuchte hier am 13. September 1683 nach der Befreiung Wiens von den türkischen Belagerern die heilige Messe.“
Am 13. September 1683, am Tag nach dem Sieg, nahm Johann III. Sobieski genau in dieser damaligen Hofkirche am Dankgottesdienst teil und sang den Lobgesang Te Deum Laudamus (dt. Dich, Gott, loben wir). Er besuchte auch den Stephansdom. Interessant zu erwähnen ist, dass während des ersten Jahrhunderts nach der Befreiung Wiens, zu jedem Jahrestag der Schlacht am Kahlenberg, eine festliche Prozession auf den Straßen des Stadtzentrums wanderte. Es wurden dabei genau die Stadtflaggen getragen, unter denen die Wiener ihre Stadt während der Türkenbelagerung verteidigt haben.

28. Die Wappenschilder mit dem polnischen Adler und dem litauischen Pahonja
Augustinerkirche, Augustinerstr. 3, 1010 Wien
In der Augustinerkirche gibt es noch einen polnischen Akzent. Rechts vom Eingang befindet sich der Grabstein der Erzherzogin von Österreich Maria Christina (1742-1798), der Tochter der Kaiserin Maria Theresia. Auf ihrem Grabmal befinden sich Wappenschilder mit dem polnischen Adler und dem litauischen weißen Ritter (Pahonja).


Maria Christina war das Lieblingskind der Kaiserin, die ihr als einzige ihrer Kinder gestattet hatte, eine Liebesheirat einzugehen. Zum Mann nahm sie Prinz Albert Kasimir von Sachsen-Teschen (1738-1822), den Sohn des Königs von Polen August III. von Sachsen. Der polnische Prinz konnte den Tod seiner Frau nicht verkraften und finanzierte den Grabstein in der Augustinerkirche. Dieser wurde in Form einer Pyramide erbaut, in die ein Trauerzug einschreiten kann, und mit der Dedikation „Uxori optimae – Albertus“ („Der besten Gattin, Albert“) versehen.
Verzweifelt und in Trauer verließ er die österreichische Armee und konzentrierte sich auf die Vergrößerung seiner Kunstsammlung, die er seit 1768 mit seiner Ehefrau begonnen hatte. Die Albertina, die nach ihm benannt wurde, ist bis heute die weltgrößte Sammlung an Grafiken und Zeichnungen vieler außerordentlicher Künstler.
Albert Kasimir von Sachsen-Teschen wurde in der Habsburgergruft in der Kapuzienerkirche begraben. Sein Herz jedoch, befindet sich in der Herzgruft der Augustinerkirche.

29. Der polnische Adler und das litauische Pahonja auf der Albertina-Galerie
Albertina Museum, Alberinaplatz 1, 1010 Wien
Auf der linken Seite des Albertina-Gebäudes befindet sich an der Spitze ein Wappenschild mit dem polnischen Adler und der litauischen Pahonja.

In der Albertina gibt es zahlreiche polnische Akzente, weil ihr Gründer Albert von Sachsen-Teschen, der Sohn des polnischen Königs August III. und der Habsburgerin Maria Josepha war. In den Jahren 1801-1804 erbaute er das Palais, das zu seinen Ehren Albertina benannt wurde. Die Kammern enthielten seine Sammlung an Illustrationen und Zeichnungen. Heute befindet sich dort die größte Kunstsammlung der Welt, in der unter anderem die Werke von Klimt, Picasso, Rembrandt, Rubens, Michelangelo, Tizian, Raffael und Dürer ausgestellt sind.
Albert von Sachsen-Teschen war ein polnischer Prinz. Aus diesem Grund befestigte er über der Fassade des Palais, in der er seine berühmte Sammlung untergebracht hat, ein Wappenschild mit dem polnischen Adler und der litauischen Pahonja.

30. Eleonore Maria Josefa von Österreich, Königin von Polen
Kapuzinerkirche, Neuer Markt, 1010 Wien
Im 13. Jahrhundert entstand der Neue Markt, der seinen Namen von dem dort ursprünglich betriebenen Getreidehandel bekam. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde dort die Kapuzinerkirche errichtet, in der polnische Spuren zu finden sind.

Rechts von der Kapuzinerkirche befindet sich der Eingang zur Kaisergruft. Seit 1633 wurden hier österreichische Kaiser und Mitglieder der Habsburgerfamilie begraben. Es finden sich hier 146 Sarkophage, darunter der von der polnischen Königin, Eleonore Maria Josefa (1653-1697). Ihr Sarkophag befindet sich in der ersten Gruft, der Leopoldsgruft, als dritter rechts vom Eingang.
1668, nach der Abdankung des polnischen Königs Johann II Kasimir, bemühte sich die österreichische Diplomatie darum, Karl V. von Lothringen auf den polnischen Thron zu bringen. Danach sollte ihn die österreichische Herzogin Eleonore Maria Josefa heiraten und Königin von Polen werden. Die Bemühungen des österreichischen Hofes waren aber nur teilweise erfolgreich, da Michael Korybut Wiśniowiecki 1669 zum König gewählt wurde und die österreichische Herzogin seine Frau wurde.
Am 27. Februar 1670 heiratete Michael Korybut Wiśniowiecki, König von Polen und Großfürst von Litauen, auf der Jasna Gora (Heller Berg), einem bedeutenden Wallfahrtsort in Polen, Eleonore Maria Josefa von Österreich, der Tochter von Ferdinand III. aus dem Hause Habsburg, Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, König von Böhmen und Ungarn. Als Ehefrau des polnischen Herrschers stand ihr der Titel der Königin von Polen zu. Im selben Jahr, am 19. Oktober wurde Eleonore Maria im Johannesdom in Warschau zur polnischen Königin gekrönt.
Michael Korybut Wiśniowiecki starb am 10. November 1673 in Lemberg an einer Lebensmittelvergiftung und Eleonore von Österreich wurde Witwe. Sie kam als siebzehnjähriges Mädchen nach Polen und verbrachte in dieser neuen Heimat fast fünf Jahre. Vor ihrer Heirat war sie informell mit ihrer Liebe Herzog Karl von Lothringen, der im Jahr 1669 erfolglos für den polnischen Thron kandidierte, verlobt gewesen.
Eleonore Maria zeichnete sich durch ihre Freundlichkeit und Sanftmut aus. Trotz ihrer kurzlebigen Ehe gewann sie die Liebe ihres Ehemannes und die Sympathie und den Respekt ihrer Untertanen. Sie lernte auch die polnische Sprache. Ihre beiden Schwangerschaften scheiterten. Sie war ihrem Ehemann und dem polnischen Hof sehr treu und entsprach nicht den Erwartungen der österreichischen Diplomatie, die durch sie versucht hatte, die polnische Politik zu steuern.
Nach dem Tod von Wiśniowiecki blieb Königin Eleonore Maria noch einige Jahre in Polen und kehrte anschließend nach Österreich zurück.
1678 heiratete Eleonore ihren ehemaligen Verlobten, Karl V. von Lothringen. Sie ließen sich in Innsbruck nieder. Die ehemalige polnische Königin hatte sechs Kinder mit Karl. Nach dessen Tod in Jahr 1690 wurde sie erneut Witwe. Sie selbst starb sieben Jahre später und wurde in der Habsburgergruft in der Kapuzinerkirche begraben.
Ihr Sarkophag ist mit einer Kartusche mit dem Wappen von Polen-Litauen verziert: dem polnischen Adler und dem litauischen weißen Ritter (Pahonja).

31. Die polnischen Ulanen
Kapuzinerkirche, Neuer Markt, 1010 Wien
Lasst uns in die Kirche hineingehen. In der Vorhalle der Kirche vor dem Haupteingang hängen viele Tafeln an den Wänden. Sie sind der Erinnerung an die Soldaten der österreichisch-ungarischen Armee gewidmet. Auf einer von ihnen, rechts vom Eingang, befindet sich eine polnische Inschrift: NIE DAJMY SIĘ (deutsch: NICHT AUFGEBEN).

Auf der Tafel befindet sich ein Basrelief, das einen Reiterangriff der Ulanen, einer mit Lanzen bewaffneten Kavallerie, darstellt. Die oben erwähnte Inschrift befindet sich unter dem Emblem des Ulanenregiments Nr.2. Die nächste Tafel zeigt die Namen der gefallenen polnischen Offiziere und die Namen der Ortschaften der historischen polnischen Länder, in denen die Schlachten geführt wurden.
In der Vorhalle der Kapuzinerkirche befinden sich außer der genannten Tafeln auch Gedenktafeln der Ulanenregimente Nr. 1, Nr. 4 und Nr. 13. Sie sind gleichzeitig auch „polnische Regimente“.
1784 erlaubte Kaiser Joseph II. aus dem Hause Habsburg-Lothringen es, polnische Kavallerieeinheiten einzuberufen – freiwillige Ulanenformationen. Diese wurden daraufhin in Galizien und Lodomerien gegründet. Die Galizischen Ulanenregiments waren Teil der kaiserlichen Kavallerie und der königlichen Armee. Sie bestanden hauptsächlich aus Polen. Während sich Polen unter Besatzung befand, waren sie eine der wenigen militärischen Formationen unter dem polnischen Kommando und in denen polnische Militärtraditionen gepflegt wurden.
Die Soldaten eines der galizischen Regimente sangen ein damals bekanntes polnisches Soldatenlied. Ein Fragment davon lautet: Żołnierz ci ja, żołnierz cesarskiego wojska, (Ich bin ein Soldat, ein Soldat der kaiserlichen Armee,) gdybym nie wojował, zginęła by Polska! (wenn ich nicht gekämpft hätte, wäre Polen gestorben.)
Die polnischen Regime wurden zur Schmiede der Militärkader für zukünftige polnische Legionen.
„Ulanen! Endlich ist die Zeit gekommen, in der unser erstes Regime ein polnisches Regime wurde. Mögen sich alle Soldaten in unserem Kader in Rakowice melden. Freiwillige, die sich bewerben, werden beim Rekrutierungsbüro in Rakowice empfangen“ – Im November 1918 wurden Plakate mit diesem Text auf den Straßen Krakaus aufgehängt. Nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens im Jahr 1918 schlossen sich viele Soldaten und Offiziere der galizischen Ulanenregime der wiedergeborenen polnischen Armee an und kämpften im Polnisch-Sowjetischen Krieg 1919-1921 um die Grenzen des polnischen Landes sowie im Polenfeldzug 1939.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden in vielen Kirchen in Wien Tafeln angebracht, die der Erinnerung an die gefallenen Soldaten gewidmet sind. Einige davon, darunter auch solche mit polnischen Akzenten, befinden sich beispielsweise in der Kapuzinerkirche.

32. Die Gedenktafel von Frédéric Chopin
Kohlmarkt 9, 1010 Wien
Wir verweilen kurz bei einer Gedenktafel von Frédéric Chopin an der Adresse Kohlmarkt 9. Der Komponist hielt sich zweimal in Wien auf. Die Stadt hatte einen enormen Einfluss auf seine Karriere.

Im Juli 1829, nach dem Abschluss seiner Ausbildung an der Szkoła Głównej Muzyki, einer Schule in Warschau, wurde der neunzehnjährige Frédéric von seinen Eltern und seinem Lehrer Joseph Elsner auf eine kurze Reise nach Wien geschickt, um in der „Hauptstadt der Musik“ das musikalische Leben Europas kennenzulernen und seinen künstlerischen Horizont zu erweitern.

Warschau – Wien
Während diesem ersten Aufenthalt (31.07 - 19.08.1829) schreibt er in einem Brief an seine Familie: „Wien gefällt mir, und Polen gibts hier genug“. Wilhelm Würfel, den er aus Warschau kannte, ermöglichte ihm zwei öffentliche Auftritte im Kärntnertortheater, das sich einst an der Stelle des heutigen Hotels Sacher befand.
Die Konzerte waren ein großer Erfolg und das Publikum sah in Chopin einen großartigen Virtuosen und Komponisten. Wie dieser selbst beschrieb, überraschte er alle mit seiner Musik; manchmal fiel es ihm sogar schwer zu spielen, weil ihn die ständigen Ovationen unterbrachen. Sein erstes Konzert in Wien beschrieb er in einem Brief folgendermaßen: „Um 7 Uhr abends, bin ich im kaiserlich-königlichen Operntheater vor der Welt aufgetreten! Da ich mich auf der Bühne zeigte, wurde mir applaudiert; nach jeder Variation war ein derartiges Beifallklatschen, dass ich das Tutti des Orchesters nicht gehört habe“.
Wie die Presse in Wien berichtete, wurde Chopin enthusiastisch aufgenommen: „Wir haben in Herrn Chopin einen der großartigsten Pianisten erkannt, voller Sensibilität und tiefem Gefühl“. Sie lobte sein Spiel als „geprägt von hoher Brillanz“. Der Musiker feierte somit seinen ersten ausländischen Erfolg und kehrte nach fast drei Wochen nach Polen zurück.

Warschau – Wien – Paris
Ein Jahr später beabsichtigte Chopin eine erneute Reise nach Wien, um dort seinen Erfolg zu wiederholen und seine Position zu festigen. Am 11. Oktober 1830 spielte er im Nationaltheater Warschau ein festliches Abschiedskonzert, verließ am 2. November die Stadt und ging auf Reise. Joseph Elsner, sein Musiklehrer, komponierte speziell zu diesem Anlass eine Kantate. Diese beginnt mit den Worten: Zrodzony w Polskiej krainie/ niech Twój talent wszędzie słynie („Geboren im polnischen Land/ sei dein Talent überall bekannt)“. Seine Freunde, Studenten der Szkoła Głównej Muzyki, sangen ihm diese zum Abschied.
Niemand hätte zu dieser Zeit gedacht, dass Chopin nie mehr in seine Heimat zurückkehren würde.
Am 23. November 1830 brach er mit Titus Woyciechowski, einem Freund aus Schulzeiten, als Begleitung nach Wien auf. Die beiden wohnten zunächst im Hotel „Zur Stadt London“ am Fleischmarkt und zogen anschließend in eine Wohnung im Gebäude „Zum englischen Gruß“ an der Adresse Kohlmarkt 9.
Im Brief an seinen Freund Jan Matuszyński schrieb Chopin: „Ich wohne im vierten Stock, in einer der schönsten Straßen zwar, doch müsste ich gut vom Fenster hinabschauen, wollte ich gewähr werden, was unten vorgeht. Das Zimmer ist geräumig, nett, dreifenstrig. Zwischen den Fenstern Spiegel, in der Mitte ein großer Mahagonitisch, der Fußboden ist poliert. Stille“.
Das Gebäude am Kohlmarkt wurde im Jahr 1900 niedergerissen. 1950 wurde dank der Österreichisch-Polnischen Gesellschaft auf der Wand des neuen Gebäudes eine Gedenktafel angebracht. Darauf ist ein Relief zu sehen mit dem Abbild des Komponisten. Darunter befindet sich die Aufschrift: „Frédéric Chopin 1810-1849 wohnte von November 1830 bis Juli 1831 in 4. Stock des Hauses Kohlmarkt 9 das bis 1900 an dieser Stelle stand. Österreichisch-Polnische Gesellschaft, 17. Oktober 1950.“
Sechs Tage nach der Ankunft Chopins in Wien, in der Nacht vom 29. auf den 30. November 1830, brach der Novemberaufstand in Polen aus. Den Künstler trafen die aus dem Land kommenden Nachrichten tief und er wollte nach Warschau zurückkehren. Titus Woyciechowski, der selbst zurück nach Polen ging, um an dem Aufstand teilzunehmen, und auch Chopins Familie rieten ihm jedoch davon ab.
Seinem Freund Jan Matuszyński, der ebenfalls am Novemberaufstand teilnahm, schrieb er: „Wäre Vater dadurch nicht belastet, wäre ich sofort zurückgekehrt. Ich verfluche den Augenblick meiner Abreise…“.
1830 verbrachte der Komponist Weihnachten allein. An seinen ehemaligen Lehrer Joseph Elsner schreibt er folgendermaßen: „Seit dem Tage, an dem ich von den Ereignissen des 29. November erfuhr, bis zum gegenwärtigen Augenblicke außer Befürchtungen und großer Sehnsucht nichts erlebt“.
Die österreichische Regierung, die auf der Seite Russlands stand, hatte die patriotische Auflehnung nicht unterstützt und die polnischen kulturellen Ereignisse in Wien zensiert. Chopin vernachlässigte seine eigenen Konzerne und seine berufliche Entwicklung. In einem Brief erklärte er Elsner: „Malfatti sucht vergeblich, mir die Überzeugung beizubringen, dass jeder Künstler Kosmopolit sei. Allein, selbst wenn dies der Fall wäre, so bin ich als Künstler noch in der Wiege, während ich als Pole bereits das dritte Kreuz (eine Bezeichnung im Polnischen für ein Jahrzehnt) begonnen habe. Sie werden es daher begreiflich finden, dass die älteren Gefühle in mir die Oberhand gewinnen und dass ich demzufolge bisher an die Veranstaltung eines Konzerts nicht gedacht habe“. Erst im Juni 1831 trat Chopin öffentlich auf und gab Konzerte im Kärntnertortheater. Er verspürte das Gefühl von Einsamkeit und wollte so schnell wie möglich abreisen. Der Lebensabschnitt in Wien war mit vielen schweren Erlebnissen verbunden gewesen, die seinen individuellen Stil geformt hatten. Er komponierte in dieser Zeit Stücke, die durch starke Emotionen charakterisiert waren.
Nach acht Monaten verließ Chopin am 31. Juli 1831 Wien und begab sich nach Paris. Dort angekommen wählte er den Status eines Emigranten. In der russischen Botschaft verlängerte er dabei seinen Reisepass nicht. Als Künstler war er in Paris sehr erfolgreich und blieb dort bis zu seinem Tod.

33. Franciszek Trześniewski, der König der Brötchen in Wien
Buffet Trześniewski, Dorotheergasse 1, 1010 Wien
Im Zentrum von Wien, in der Nähe des Stephansdoms, unmittelbar beim repräsentativen Graben, befindet sich ein Lokal mit einem großen Schild mit der Aufschrift „Trześniewski“. Der Buchstabe „ś” deutet sofort auf eine Verbindung mit Polen hin. Genau richtig! Franciszek Trześniewski, um den es dabei geht, kam nämlich aus Krakau.

Auf den ersten Blick ist dieses Lokal ein gewöhnliches Buffet mit Brötchen, aber WienerInnen sagen, wenn die Brötchen spielen könnten, würden sie sicherlich die erste Geige bei den Wiener Philharmonikern spielen. Umfragen zufolge wissen über 90% der Bewohner Wiens, was hinter der Marke „Trześniewski“ steckt. Die Antwort lautet: Brötchen.

Vor über 100 Jahren
Die Trześniewski-Brötchen sind ein äußerst ungewöhnliches „polnisches Andenken in Wien“, nämlich ein kulinarisches. Erstaunlicherweise spielte sich die Geschichte von den Brötchen und dem Achterl Bier in der Stadt der KuchenfeinschmeckerInnen und WeinliebhaberInnen ab! Alles begann mit einem Emigranten aus Krakau, Franciszek Trześniewski, geboren 1878, der um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert nach Wien kam. Im Jahr 1902 eröffnete er im Stadtzentrum am Tiefen Graben ein kleines, unauffälliges Brötchenbuffet. Die Idee, Brötchen im Stehen zu servieren, um den Hunger von PassantInnen schnell und billig zu stillen, scheint heute nicht besonders innovativ zu sein. Vor über 100 Jahren war sie aber in Wien, der Stadt der Restaurants, Gasthäuser und Cafés originell. In gewissem Sinne war es ein Fast-Food-Lokal, das einfache, unkomplizierte und gut schmeckende Brötchen angeboten hat. Mittlerweile ist das Straßenessen sehr populär. In Wien war Trześniewski tatsächlich ein Pionier dieser kulinarischen Richtung…
Der Erste Weltkrieg und der Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Monarchie brachten Trześniewskis Ein-Mann-Unternehmen viele Schwierigkeiten. Um das Geschäft am Laufen zu halten, musste er die Portionen reduzieren, da seine Kunden nur wenig Geld hatten. Doch genau das führte zu seinem Erfolg. Die Brote wurden in kleine Portionen zerteilt, um einfachen Verzehr zu ermöglichen, ohne Teller und Besteck nützen zu müssen. Trześniewskis Geschäft florierte außerdem dank einer weiteren praktischen Lösung: Die Zutaten der Aufstriche wurden zerkleinert und konnten somit problemlos verstrichen werden, das Brötchen war einfach abzubeißen, und das Problem „eines Stücks Schinken zwischen den Zähnen“ verschwand.
Trześniewski begann, zum Brötchen mit Aufstrich den sogenannten „Pfiff“, ein Achterl Bier, zu servieren. Der „Pfiff“ war die Hälfte des kleinsten Maßes, das zu dieser Zeit 1/4 Liter betrug und in Lokalen in Wien serviert wurde. Die Idee zu diesem unüblichen Getränkemaß kam Trześniewski, als er bemerkte, dass ein ganzer Bierkrug nicht zu einem kleinen Imbiss passt und dass Kunden eher eine kleinere und billigere Version kaufen würden. Darüber hinaus tranken die Damen auch gern Bier. Ein halber oder sogar ein Viertel Liter sah in den Händen einer Frau aber nicht sehr elegant aus. Ein Achterl ist genau richtig! Bis heute lohnt es sich, zu einem Trześniewski-Brötchen einen „Pfiff“ zu bestellen. Unter den WienerInnen wurde sogar gesagt, dass „Trześniewski ohne Pfiff“ ungefähr so sei „wie der Steirer ohne Hut“.

Eine einfache Snackbar
In den 1920er Jahren verlegte Franciszek Trześniewski sein Brötchenbuffet vom Tiefen Graben in die Dorotheergasse 1, in der Nähe des berühmten Café Hawelka. Der Raum war anfangs so klein, dass zwei Personen darin kaum nebeneinanderstehen konnten. In dieser Zeit begann die eigentliche Entwicklung des Brötchenunternehmens. Der ursprüngliche Raum wurde im Laufe der Jahre erweitert und in ein modernes Lokal umgewandelt. Es behielt jedoch das traditionelle Aussehen bei und erfreut sich bis heute großer Beliebtheit.
Gegen das Jahr 1939 übernahm Maria Trześniewska, die Tochter von Franciszek, das Brötchenbuffet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ihr Lokal zum beliebten Treffpunkt für Wienerinnen und Wiener. Maria leitete das Unternehmen bis 1978. Sie erweiterte ihr Geschäft auf den Verkauf zum Mitnehmen, bot Versanddienstleistungen an und verwendete die originelle Lösung, Brötchen in Spezialkartons zu verpacken, in denen sie einfach und in beliebiger Menge transportiert werden konnten. Heute erfolgen 60% der Brötchenverkäufe von Trześniewski durch Versand.
1978 verkaufte Maria Trześniewska das Unternehmen an die Handelsgesellschaft Demmer GmbH.

Die Tradition und die Gegenwart
„Trześniewski“ hat sich im Laufe der Jahre zu einer Institution entwickelt, die die Form des Lebensstils von Wien beeinflusst hat. Ganz Wien trifft sich an einem Ort: StudentInnen mit ManagerInnen, KünstlerInnen mit Büroangestellten, HandwerkerInnen mit PolitikerInnen, Touristen mit gebürtigen WienerInnen. Sie alle verbindet die Leidenschaft für Brötchen mit originellen Aufstrichen wie Speck mit Ei, Geflügelleber, Erbse mit Karotte, Gurke mit Ei, Linse mit roter Rübe, Matjes mit Zwiebel oder schwedischem Hering. Das alles ist für die WienerInnen eng verflochten mit ihren Erinnerungen, als sie als Kinder hierherkamen. Trześniewski ist im Laufe der Jahre zu einem untrennbaren Bestandteil der Geschichte und Kultur von Wien geworden.
Seit Franciszek Trześniewski vor über 100 Jahren sein Brötchengeschäft entwickelte, versuchte die Konkurrenz, mit ihm vergeblich mitzuhalten. Die Konkurrenten gaben nach und nach ihr Geschäft und ihre Hoffnung auf und gingen bankrott. Derzeit erreichen Demmer GmbH aus der ganzen Welt Angebote zum Kauf der Firma. Das Brötchengeschäft mit der über 100-jährigen Tradition läuft jedoch so gut, dass jeder Vorschlag abgelehnt wird.
In zwölf Trześniewski-Filialen in sieben Wiener Bezirken arbeitet ein Team von 60 MitarbeiterInnen. Interessanterweise hat sich der Geschmack der KundInnen im letzten Jahrhundert nicht wirklich verändert. Seitdem das Unternehmen 1902 gegründet wurde, werden die gleichen Sorten von Brotaufstrichen nach unverändertem Rezept hergestellt.
Im Laufe der Jahrzehnte wurden verschiedene Versuche unternommen, Maschinen zu verwenden, um die Herstellung der Brötchen von Hand zu erleichtern. Es wurde experimentiert, mittels Maschine die Aufstriche auf die Brote zu gießen und diese mit Förderbändern zu transportieren. Nur eine Lösung erwies sich aber als vorteilhaft und wurde implementiert: Eine Brotschneidemaschine. Sie stellt sicher, dass jedes Brötchen dieselbe Größe und Form hat. Der Rest der Herstellung blieb, wie es anfangs war, ein Handwerk. Der Preis eines Brötchens beträgt etwas mehr als einen Euro. Das Unternehmen verwendet täglich ca. 600kg Schwarzbrot und eine Tonne Aufstrich. Jedes Jahr werden fast fünf Millionen Brötchen verkauft. Wahrscheinlich hätte sich Franciszek Trześniewski dies nie vorstellen können.

Unaussprechlich…
„Tschesnjewski, oder so ähnlich”- so sprechen die Österreicherinnen und Österreicher am häufigsten den Namen des Unternehmens aus. Der Werbeslogan der Firma Trześniewski lautet: „Trześniewski – Die unaussprechlich guten Brötchen“. Für ÖsterreicherInnen bezieht sich das Wort „unaussprechlich“ nicht nur auf die Brötchen, sondern auch auf den Namen des Gründers. Die WienerInnen scherzten häufig, dass die Trześniewski-Brötchen so unaussprechlich lecker sind, wie das Wort Trześniewski für sie unaussprechlich ist. Abgesehen von der ungewöhnlichen Kombination der Buchstaben „r“ und „z“ sorgt der Strich über dem „s“ für zusätzliche Verwirrung.
Woher kommt aber dieser seltsame Buchstabe „ś“? Vor über tausend Jahren, zur Zeit der Christianisierung Polens durch den polnischen Herrscher Mieszko I, wurde das Land Teil der lateinischen Kultur und übernahm die damit verbundene Schrift. Die Anzahl der Buchstaben im lateinischen Alphabet war jedoch angesichts des phonetischen Reichtums der damaligen polnischen Sprache unzureichend. Der schriftlichen lateinischen Sprache fehlten die entsprechenden Buchstaben für viele polnische Laute. Um Wörter, die bestimmte Laute enthielten, genau zu schreiben, wurden lateinische Buchstaben mit Strichen, Häkchen, Punkten oder diaktrischen Zeichen versehen. Somit ist der unschuldig aussehende Strich über dem „s“, der auf die Weichheit dieses Konsonanten hinweist, ein Nachweis der uralten polnischen Sprache. Auch im städtischen Raum von Wien gibt es einen polnischen Akzent, der mit der Sprache verbunden ist – der korrekt geschriebene Name Trześniewski. Dieser ist sehr sichtbar, weil er auf Neonwerbungen, Plakaten oder sogar Menükarten erscheint. Trześniewski wird auch in den Reiseführern Wiens erwähnt.
Andrew Demmer, der Inhaber der Demmer GmbH, erinnert sich an Maria Trześniewska als eine Frau mit gutem Sinn für Humor. Bei der Übergabe ihres Brötchenunternehmens beim Notar, als der Kaufvertrag bereits fertig war, forderte sie, dass der Name Trześniewski zwanzig Mal richtig ausgesprochen wird, um sicherzustellen, dass der neue Inhaber es richtig macht.
Die Handelsgesellschaft Demmer möchte trotz der Schwierigkeiten, das Wort „Trześniewski“ auszusprechen, den Strich über dem „s“ nicht aufgeben, was sicherlich viele Polen freut.

Die Andenken an die Familie Trześniewski
Maria Trześniewska hat nie geheiratet, hatte keine Familie und starb kinderlos im Jahr 1982. Abgesehen vom Portrait von Franciszek Trześniewski und den Fotos von seiner Tochter sind keine Erinnerungsstücke von ihnen erhalten. Ein Andenken an sie ist das Unternehmen, das sie gegründet haben. Ihr Name ist zu einem Logo geworden, und ihre Brötchen haben bei vielen WienerInnen einen Kulturstatus erlangt. Man sollte dabei anmerken, dass die Rezepturen für die Aufstriche, die seit den Zeiten von Kaiser Franz Joseph unverändert geblieben sind, streng seit ihrer Erfindung geheim gehalten werden.
Die letzte Ruhestätte von Franciszek Trześniewski und seiner Tochter befand sich auf dem Friedhof Neustift (Gruppe G, Reihe 12, Nummer 16) im 18. Wiener Bezirk. Seit 2004 sollte das Grab geräumt werden, weil die Zahlung dafür abgelaufen war. Leider war das Unternehmen Demmer nicht daran interessiert, es aufrechtzuerhalten, und so wurde es 2019 beseitigt.
Es gibt noch ein Andenken an die Familie Trześniewski. Es handelt sich dabei um ein legendäres, kleines, handgeschriebenes Rezeptbuch von Maria Trześniewska. Dieses einzigartige polnische Andenken ist jedoch nicht verfügbar. Es befindet sich im Safe der Firma Demmer GmbH und wird streng bewacht.

34. Das Bild des heiligen Maximilian Kolbe
Minoritenkirche, Minoritenplatz 2a, 1010 Wien
Die Minoritenkirche (ein Orden der Franziskaner-Minoriten, die in Polen auch als Franziskaner-Konventualen bekannt sind) befindet sich am Minoritenplatz im Zentrum des Wiener Regierungsviertels. Es grenzt an die Gebäude des Bundesministeriums für Inneres, des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten, des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung, des Haus-, Hof- und Staatsarchivs sowie des Bundeskanzleramts an. Das Gotteshaus wurde im 13. Jahrhundert erbaut, im 18. Jahrhundert umgebaut und ist seitdem eine italienische Nationalkirche in Wien.

Einer der bekanntesten Franziskaner-Minoriten war der heilige Maximilian Kolbe (1894-1941). Im rechten Seitenschiff der Kirche befindet sich eine 1983 erstellte Gedenkstätte, die diesem polnischen, katholischen Märtyrer des 20. Jahrhunderts gewidmet ist. In der Mitte hängt ein Ölbild von seiner Person, das von der Pfarrgemeinde gestiftet und von Mario Bulfon von Triest gestaltet wurde. Darauf wurde Maximilian Kolbe mit dem Konzentrationslager Auschwitz im Hintergrund dargestellt.
Während der Deutschen Besetzung wurde Maximilian Kolbe am 28. Mai 1941 in Auschwitz eingewiesen. Am 29. Juli 1941 wählte er während eines Appells freiwillig den Hungertod im Austausch gegen einen anderen verurteilten Gefangenen, einen Familienvater. Ich möchte für einen der Häftlinge in den Tod gehen – sagte er einem SS-Kommandanten. Ich bin ein katholischer Priester aus Polen. Er hat eine Frau und Kinder.
Pater Kolbe wurde in einem Hungerbunker gesperrt und starb am 14. August 1941 durch eine Giftinjektion. Sein Körper wurde im Krematorium des Konzentrationslagers verbrannt. Der Gefangene, dessen Leben er gerettet hat, überlebte seinen Aufenthalt dort und wurde befreit.
Maximilian Kolbe wurde 1971 seliggesprochen und 1982 vom heiligen Johannes Paul II. als Märtyrer heiliggesprochen. Während der Kanonisierungsmesse am Petersplatz in Rom sagte Johannes Paul II. unter anderem in seiner Predigt: Pater Maximilian Kolbe, ein KZ-Häftling, plädierte im Vernichtungslager für das Recht auf Leben eines Unschuldigen - einer von Millionen anderen. Bei der Zeremonie war auch der von Maximilian Kolbe gerettete Gefangene anwesend.

35. Teofil Kotykiewicz, polnischer Harmoniumbauer
Minoritenkirche, Minoritenplatz 2a, 1010 Wien
In der Minoritenkirche in Wien befindet sich im linken Kirchenschiff ein Musikinstrument, das wie eine Orgel aussieht. Es handelt sich um ein sogenanntes Harmonium, ein Instrument, das um die Wende zum 20. Jahrhundert weltweit sehr beliebt war. Die Tastaturabdeckung trägt ein Namensschild mit der Aufschrift K.u.K. Hof - Harmonium Fabrik KOTYKIEWICZ Wien. Könnte es sein, dass der Name auf eine Verbindung zu Polen hinweist?

Wenn von der Musikinstrumentenfabrik „Kotykiewicz" die Rede ist, sollten eigentlich drei Personen genannt werden: Teofil Kotykiewicz senior, der das Unternehmen in Wien gründete, und seine Söhne Teofil Kotykiewicz junior und Emil Kotykiewicz, die das Unternehmen nach ihrem Vater erfolgreich weiterführten. Sie bauten neben Orgeln auch Harmoniums, die sich durch ihre außergewöhnliche Qualität auszeichneten. Gerade wegen dieses Instruments war die Wiener Firma Kotykiewicz in ganz Europa berühmt.

Ein Instrument mit einem einzigartigen Klang
Unter den vielen Musikinstrumenten gibt es auch einige weniger bekannte, und das Harmonium ist eines davon. Es wurde hauptsächlich als Soloinstrument verwendet und lieferte ungewöhnliche und einzigartige Klänge.
Das Äußere ähnelt einer kleinen, tragbaren Orgel, hat aber eine völlig andere Konstruktion. Sie besteht aus einem Holzgehäuse, in dessen Inneren auf einer Metallplatte kleine zungenartige Plättchen eingelassen sind, mit denen der Ton erzeugt wird. Auf dem Gehäuse befindet sich eine Klaviatur mit Tasten; wenn diese gedrückt werden, öffnet sich ein Luftstrom, der über die Stimmzungen strömt und sie zum Schwingen bringt. Die vibrierenden Plättchen erzeugen dann Töne, die denen eines Akkordeons ähneln. Das Harmonium kann eine Vielzahl von Klängen erzeugen, von weichen, melodiösen Tönen bis hin zu tiefen, bassigen Tönen. Die erzeugten Töne haben einen einzigartigen Charakter und ähneln denen einer Kirchenorgel.
Das Instrument wird durch ein Gebläse angetrieben, das der Spieler mit dem Fuß betätigt, um eine Vorrichtung zu aktivieren, die Luft ansaugt oder auspresst. Je nach Richtung des Luftstroms gibt es zwei Arten des Harmoniums: den französischen Typ, bei dem die Luft gepresst wird, und den amerikanischen Typ mit einem Luftansaugsystem.
Die Beliebtheit des Harmoniums ist darauf zurückzuführen, dass es im Vergleich zur Orgel klein und tragbar ist. Es wurde in kleineren Kirchen, Klöstern, Schulen und als Hausinstrument des Bürgertums verwendet. Den Höhepunkt seiner Popularität erreichte es zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und dem Ersten Weltkrieg. Der erfolgreichste Orgel- und Harmoniumbauer war Teofil Kotykiewicz (geb. 1849 in Lemberg; gest. 1920 in Wien), der in Wien tätig war. Er war polnischer Herkunft.

Die Firmengeschichte
1852 übernahm Peter Titz (1823-1873), ein Schüler des Wiener Musikinstrumentenbauers Jacob Deutschmann, dessen Werkstatt in der Margaretengasse 63 und begann unter dem Namen Hof-Harmonien-Fabrik Peter Titz mit der Herstellung von Orgeln und Harmoniums.
Ein gewisser Teofil Kotykiewicz fand eine Anstellung in der Firma Titz. Seine Jugend ist nicht bekannt, aber man weiß, dass er der Sohn polnischer Emigranten war. Bei der Firma Titz erwarb Kotykiewicz ein gründliches Fachwissen über die Kunst des Musikinstrumentenbaus sowie eine große Erfahrung und zeigte zudem außergewöhnliches Geschick bei seiner Arbeit.
Nach dem Tod von Peter Titz wurde das florierende Unternehmen von seiner Frau Anastasia Titz zunächst allein, dann gemeinsam mit Teofil Kotykiewicz geführt. Ab 1878 übernahm Kotykiewicz selbst die Leitung des Unternehmens und heiratete Theresa, die Tochter der Titzes. Von da an begann er, Instrumente unter seinem eigenen Namen zu verkaufen: K.u.K. Hof - Harmonium Fabrik Kotykiewicz. Zu dieser Zeit war das Harmonium auf dem Höhepunkt seiner Popularität angelangt. Um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, entwickelte Teofil Kotykiewicz die Produktion dieser Instrumente und verbesserte sie ständig.
Das Unternehmen bot eine breite Palette von Harmoniummodellen an, die von billigen Instrumenten mit geringen Abmessungen und Möglichkeiten bis hin zu großen Instrumenten mit mehreren Klaviaturen reichten, die so viel wie ein heutiger Konzertflügel kosteten. Die von Kotykiewicz gebauten Instrumente zeichneten sich durch ihre hohe Qualität aus, sowohl bei der Verwendung der Materialien als auch bei der Verarbeitung. Er präsentierte seine Harmoniums auf internationalen Ausstellungen und erlangte so Anerkennung, die durch Medaillen und Auszeichnungen u.a. in Wien (1880), Eger (1881), Triest (1882), Prag (1891) und Lemberg (1894) untermauert wurde.
Er präsentierte seine Instrumente auch in der Öffentlichkeit bei Konzerten in renommierten Sälen. Eines davon fand im Dezember 1884 in Wien im berühmten Bösendorfer-Saal statt. Damals wurde ein neues Modell der Firma Kotykiewicz vorgestellt - ein großes Konzertharmonium. Es hatte drei Manuale, eine Fußtastatur, viele Register und konnte über 800 verschiedene Töne erzeugen, was nicht nur vom Publikum, sondern auch von den Musikern, die es spielten, bewundert wurde. Während des Konzerts spielten die bedeutenden kaiserlichen Hoforganisten darauf und führten Werke von Bach, Schubert und Mendelssohn auf. Das Konzert war ein großer Erfolg, wie die internationale Presse berichtete, die über Kotykiewiczs Meisterschaft und die Perfektion seines Instruments schrieb, z.B. in der Leipziger „Zeitschrift zum Instrumentenbau“ vom 1. Januar 1885: „Wir halten dieses neueste Werk des großen Meisters aus Österreich-Ungarn für eines der schönsten, das wir je unter den Zungeninstrumenten gehört haben“.
Um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhunderts wurde Kotykiewicz zu einem der größten und besten Hersteller von Harmoniums nicht nur in Österreich-Ungarn, sondern in ganz Europa. Zahlreiche Aufträge kamen aus dem Ausland, und viele Instrumente wurden sogar außerhalb Europas exportiert. In Anerkennung seiner Erfolge durfte Kotykiewicz den Titel Hoflieferant führen, wie ihn schon sein Schwiegervater Peter Titz verwendet hatte, und so lautete der vollständige Name der Firma K.u.k. Hof-Harmoniumfabrik Kotykiewicz, was ihren hohen Rang bezeugte.
Obwohl seine Instrumente als die perfektesten galten, arbeitete er ständig an ihrer Verbesserung. Kotykiewiczs Innovation zeigt sich zum Beispiel in der Einführung eines Mechanismus, der Prolongata genannt wird, und der es ermöglichte, ausgewählte Töne weiter erklingen zu lassen, ohne dass der Spieler die Tasten halten musste. Eine weitere Erweiterung der technischen Möglichkeiten war die Einbeziehung der so genannten Perkussion, bei der kleine Hämmerchen auf die Stimmzungen schlagen und so eigene Klangeffekte erzeugen. Kotykiewicz, der immer an Innovationen im Instrumentenbau interessiert war, war einer der ersten, der eine Klaviertastatur in das Harmonium einbaute, die aus sechs schmalen Tastenreihen bestand und 1883 vom ungarischen Erfinder Paul von Jankó patentiert wurde. Kotykiewicz schenkte dem Technischen Museum Wien ein Modell dieser Konstruktion, damit die Erfindung dort öffentlich ausgestellt werden konnte, und es befindet sich noch heute dort.
Während ihres gesamten Bestehens, d.h. von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis nach dem Zweiten Weltkrieg, befand sich die Fabrik im 5. Wiener Gemeindebezirk, in einem Mietshaus in der Straußengasse 18 oder Margaretenstraße 63 (Hintereingang des Gebäudes), das im Besitz der Familie Kotykiewicz war. Die Wohnräume befanden sich in den oberen Stockwerken, während die Werkstatt und der Ausstellungsraum, in dem die fertigen Instrumente präsentiert wurden, im Erdgeschoss untergebracht waren. Dieses Gebäude ist bis heute erhalten geblieben; noch in den 1970er Jahren war an der Front des Gebäudes fast über die gesamte Breite eine große Aufschrift „Harmoniumbau Kotykiewicz“ zu sehen.

In polnischen Angelegenheiten
Teofil Kotykiewicz war nicht nur ein renommierter Unternehmer, sondern auch einer der bedeutendsten Aktivisten der polnischen Gemeinde in Wien. Er unterhielt enge Kontakte zu den in Wien lebenden Polen, z. B. engagierte er sich für die Unterstützung der in Österreich ansässigen polnischen Geschäftsleute (er war aktives Mitglied des Hilfsvereins der polnischen Handwerker und Arbeiter in Wien „Siła“). Er war auch im künstlerischen und pädagogischen Bereich tätig (er war Präsident des polnischen Vereins „Lutnia“, der einen Männer- und gemischten Chor hatte).
Er genoss große Autorität, was dazu führte, dass er von der polnischen Gemeinde Wiens in das 1893 gegründete Polnische Kirchenkomitee gewählt wurde. Dem Komitee, dessen Ziel es war, den Polen in Wien den Besuch von Messen in polnischer Sprache zu ermöglichen, gehörten polnische Abgeordnete des österreichischen Parlaments, polnische Aktivisten und Geschäftsleute an. Die Wiener Zeitung schrieb damals: „Das Fehlen einer polnischen Kirche hat seit vielen Jahren die Germanisierung von Tausenden von Polen verursacht (...) und wird dies auch weiterhin tun, solange die Polen keine polnische Kirchengemeinde in Wien haben“. Kaiser Franz Joseph I. kam dem Wunsch der Polen nach und schenkte 1897 die Heilig-Kreuz-Kirche am Rennweg 5 dem polnischen Resurrektionistensorden.
1894 gehörte Teofil Kotykiewicz zu den Gründern des polnischen Vereins „Strzecha“ - als Mitglied des Gründungs- und Vorstandsausschusses. Der markante Name „Strzecha“ hatte für die Polen der damaligen Zeit eine symbolische Bedeutung. Der Emigrantenschriftsteller Ferdynand Goetel schrieb in seinem Tagebuch „Rückblick“ wie folgt: „Woher kommt diese alte polnische Organisation mit dem bedeutungsvollen Namen 'Strzecha'. Sie wurde einst von Polen gegründet, die in Erinnerung an die ersten Jahrzehnte der Herrschaft Franz Josephs die Entnationalisierung fürchteten“.
Er kümmerte sich auch um polnische Flüchtlinge, die während des Ersten Weltkriegs in Österreich Zuflucht suchten, und beschäftigte seine Landsleute in der Instrumentenfabrik.
Teofil Kotykiewicz starb am 19. Februar 1920 und wurde im Familiengrab auf dem Zentralfriedhof (Gruppe 89, Reihe 34, Nummer 41) beigesetzt. Dort liegen auch seine Frau Therese Kotykiewicz, geborene Titz, sowie sein Sohn Teofil Kotykiewicz junior mit seiner Frau Mathilde Kotykiewicz und eine gewisse Josefine Mikulski, deren Identität unbekannt ist, begraben.

Zweite Generation von Unternehmern
Nach dem Tod von Teofil Senior übernahmen seine beiden Söhne Teofil Kotykiewicz Junior (1880-1971) und Emil Kotykiewicz (1882-1943) die Leitung der Fabrik. Sie setzten die Tätigkeit ihres Vaters fort und gingen wie dieser ihrer Leidenschaft für Konstruktion und Erfindung nach, indem sie eigene technische Innovationen einführten. Das Unternehmen überlebte den Ersten Weltkrieg und war auch in der Zwischenkriegszeit erfolgreich.
Die Kotykiewiczs bauten Harmoniums verschiedener Größe, vom kleinen einkanaligen Harmonium (mit einer Klaviatur) bis zum dreikanaligen Konzertharmonium mit mehreren Registern. Dank ihrer hervorragenden Qualität genossen sie einen guten Ruf, und ihr niedriger Preis trug zu ihrer weiten Verbreitung bei. Die meisten Harmoniums wurden als Orgelersatz in kleinen Kirchen, Kapellen, Klöstern, bürgerlichen Häusern für das so genannte Hausmusizieren, Salons und Konzertsälen in Auftrag gegeben. Selbst in Kirchen mit großen Pfeifenorgeln war dieses Instrument zu finden.
Kotykiewiczs kleine, leichte Harmoniums waren besonders in Schulen beliebt. Daher wurden auf Beschluss des Wiener Gemeinderats im Jahr 1887 die Wiener Schulen mit einem solchen Instrument (dem so genannten „Schul-Harmonium“) ausgestattet. Noch in den 1960er Jahren wurden sie im Musikunterricht als das am besten geeignete Instrument für den Gesangsunterricht eingesetzt, wie ältere Generationen noch wissen.
Die Firma existierte auch nach dem Zweiten Weltkrieg weiter, aber die Jahre des Erfolgs lagen hinter ihr. Nach dem Tod von Teofil Kotykiewicz junior verschwanden die Spuren der Firma Anfang der 1970er Jahre. 1973 vermachte Wilhelm Großmann, ein Cousin von Teofil Kotykiewicz junior, dem Technischen Museum in Wien die Hinterlassenschaft der Firma, die dort noch heute aufbewahrt wird. Die Nachkommen dieser Familie leben wahrscheinlich nicht mehr in Wien.

Fast vergessen
Heute ist das Harmonium ein fast vergessenes Instrument. Es ist fast vollständig von elektronischen Orgeln verdrängt worden und erklingt nur noch gelegentlich in Kirchen. Mancherorts gibt es noch einige Exemplare, aber die meisten von ihnen sind seit vielen Jahren unbenutzt und in schlechtem Zustand. Von Jahr zu Jahr gibt es immer weniger dieser Instrumente. Nur wenige Exemplare von Kotykiewiczs Harmonium haben bis heute überlebt, und alle sind absolute Unikate.
Eine der letzten Spuren seines Schaffens befindet sich in der Minoritenkirche in Wien und ist ein wertvolles Stück Kultur- und Musikerbe. Leider war das Schicksal des Harmoniums und seiner besten Hersteller - der Familie Kotykiewicz - ein gemeinsames. Sowohl das Harmonium als auch sie selbst gerieten in Vergessenheit.
Historisch gesehen stand die Orgel im Zentrum des Musiklebens. In der Zeit vor J. S. Bach war jeder Komponist auch Organist, und das Orgelspiel brachte sowohl den Spielern und Komponisten als auch den Instrumenten selbst großen Respekt ein. Die Erbauer von Musikinstrumenten, wie der Geigenbauer Antonio Stradivari, sind sehr bekannt. Leider sind diejenigen, die Orgeln gebaut haben, nicht mehr so bekannt, obwohl sie es verdient hätten. Wir wollen also versuchen, diese Vernachlässigung der großen Orgelbauer, zu denen auch die Kotykiewiczs gehörten, zu korrigieren. Angesichts ihres Beitrags zur Wiener Musikkultur verdienen sie es, dass ihr Name geehrt wird, und sei es nur durch eine Gedenktafel am Gebäude in der Straussengasse 18, wo sich ihre Fabrik befand. Denn auf dem Gebiet des Orgelbaus, insbesondere des Harmoniumbaus, gehörten sie zu den herausragenden Persönlichkeiten nicht nur in Österreich-Ungarn, sondern in ganz Europa an der Wende zum 20. Jahrhundert.
Und die Polen können sich darüber freuen, dass es in Wien, einer Stadt mit einer so großartigen Musiktradition, eine von polnischen Orgelbauern geführte Instrumentenfabrik gab, die sich einen so guten Ruf erarbeiten konnte.


36. Das Denkmal des hl. Klemens Maria Hofbauer
Minoritenkirche, Minoritenplatz 2a, 1010 Wien
Im hinteren Teil der Minoritenkirche, von Seiten der Bruno-Kreisky-Gasse, befindet sich ein Denkmal, das den polnisch-österreichischen Heiligen Klemens Maria Hofbauer darstellt.
In der Minoritenkirche war er nämlich nach seiner Rückkehr aus Polen hingebungsvoll als Pfarrer tätig. Die Büste wurde aus Bronze hergestellt und 1913 enthüllt. Das Denkmal wurde während des Zweiten Weltkriegs eingeschmolzen und 1958 erneut errichtet.
(die Lebensgeschichte des hl. Klemens Maria Hofbauer: siehe Nr. 4)

37. Agenor Gołuchowski
Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Minoritenplatz 1, 1010 Wien
Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv ist eine der wichtigsten staatlichen Institutionen in Österreich und befindet sich in einem historischen Gebäude am Minoritenplatz 1. Es ist interessant zu wissen, dass der polnisch-österreichische Politiker Agenor Gołuchowski an der Entstehung dieses Hauses beteiligt war. Seine Person ist auf einem Wandgemälde im Inneren des Gebäudes verewigt.

Im Treppenhaus des Archivs befindet sich ein großes Wandgemälde. Es zeigt Agenor Gołuchowski in Begleitung von Kaiser Franz Joseph I. und Archivdirektor Gustav Winter.
Agenor Maria Adam Graf Gołuchowski (1849-1921), ein galizischer Graf, war ein herausragender Politiker und Außenminister Österreich-Ungarns. Er wird oft auch Agenor Gołuchowski der Jüngere genannt, wegen des gleichen Namens seines Vaters, Agenor Romuald Gołuchowski, der in den Jahren von 1859 bis 1861 Innenminister des Kaisertums Österreich war.
Agenor Gołuchowski leitete das Ministerium des kaiserlichen und königlichen Hauses und des Äußeren und bekleidete somit das höchste Ministeramt der Habsburgermonarchie. In den Jahren von 1895 bis 1906, also mehr als ein Jahrzehnt, war er für die österreichisch-ungarische Diplomatie verantwortlich und galt als der beste Außenminister unter Kaiser Franz Joseph I.
Dank der Bemühungen von Gołuchowski, der sich nachdrücklich für den Bau eines modernen Gebäudes einsetzte, um die Sammlungen des Haus-, Hof- und Staatsarchivs unterzubringen, wurde ein solches Gebäude in den Jahren 1899 bis 1902 errichtet. Es befand sich neben dem Sitz des Außenministeriums am Ballhausplatz 2 (heute befindet sich dort das Bundeskanzleramt).

Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv
Es ist das bekannteste und angesehenste Archiv in Österreich. Seinen Ruf verdankt es den vielfältigen Sammlungen, die folgende Bereiche umfassen: das Haus Habsburg, die Hofverwaltung und die Außenpolitik.
Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv wurde 1749 von Kaiserin Maria Theresia geschaffen. Diese hatte unmittelbar nach dem Tod ihres Vaters, Kaiser Karl VI. Habsburg, keine Dokumente vorlegen können, um ihr Recht auf den Thron zu beweisen. Durch die Gründung eines Zentralarchivs wollte sie derartige Probleme in Zukunft vermeiden. Ihr Recht auf die Thronerbschaft wurde in dieser Zeit von einigen europäischen Monarchen hinterfragt, die behaupteten, ebenfalls einen Anspruch auf den Thron zu haben. Dieser Streit führte zum sogenannten Österreichischen Erbfolgekrieg (1740-1748). Infolgedessen verblieb die Habsburgermonarchie mit Maria Theresia auf dem Thron, verlor jedoch Schlesien an Preußen.
Die wichtigsten Dokumente, die alle Eigentumsrechte der Habsburgermonarchie betrafen, wurden nun aus verstreuten Lagern aus entlegenen Teilen des Landes nach Wien gebracht. Für das neue Archiv, das anfangs „Geheimes Hausarchiv“ genannt wurde und aus einer Sammlung von 13 000 Dokumenten – vorwiegend aus dem Mittelalter – bestand, wurden mehrere Kammern in der Hofburg eingerichtet. Das stetige Wachstum der Sammlungen übertraf bald die Kapazität der dafür vorgesehenen Räume. Um dieses Problem zu lösen, wurden in der Hofburg weitere Aktenlager angelegt. Oft waren diese jedoch völlig ungeeignete Orte, z.B. ohne Brandschutz, mit falscher Temperatur oder schlechtem Raumklima.
Das neue Archivgebäude
Aufgrund des zunehmenden Platzmangels für die neuen Akten musste das Archiv in den ersten 150 Jahren stets nach geeigneten Räumlichkeiten suchen. Erst unter Kaiser Franz Joseph I. beschloss das Außenministerium, ein neues Gebäude zu errichten. Als Standort dafür wurde der Minoritenplatz gewählt. Für den Bau des neuen Archivs wurden mehrere Gebäude abgerissen: ein Teil des Minoritenklosters, das ehemalige Gerichtsgebäude und mehrere Privathäuser. Das neue Haus-, Hof- und Staatsarchiv wurde zwischen 1899 und 1902 erbaut und war eines der modernsten Archivgebäude der Welt.
Nach Abschluss der Bauarbeiten wurde das Innere mit Kunstwerken ausgestattet. Da sich das Archiv mit den Angelegenheiten der Monarchie befasste, sollte sich dies auch in seiner Dekoration widerspiegeln. Außenminister Agenor Gołuchowski kümmerte sich persönlich darum. In einem Brief vom 2. August 1902 an den österreichischen Ministerpräsidenten Ernest von Koerber schrieb er: Um die endgültige würdige Ausstattung dieses monumentalen Gebäudes zu gewährleisten, wäre es dringend wünschenswert, mehrere Kunstwerke darin unterzubringen. Ich habe dementsprechend vorgeschlagen, eine Marmorbüste Seiner Majestät, unter dessen glorreicher Herrschaft dieses neue Gebäude errichtet wurde, in der Nische des ersten Treppenabsatzes des Haupttreppenhauses zum Preis von ca. 6 600 K, ein von einem Putto getragenes Medaillon oder eine Büste Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Maria Theresia, der Gründerin des Archivs, zum Preis von ca. 20 000 K beim Eingang im Erdgeschoss hinzustellen und schließlich zwei Gemälde, die die beiden Gründungsphasen des Archivs darstellen, an den höchsten Seitenwänden des Treppenhauses zum Preis von ca. 10 000 K anzubringen.
Der Auftrag, diese Wandgemälde anzufertigen, wurde an den bedeutenden Künstler Carl Peyfuss erteilt. Es malte drei Bilder für das Archiv: das Portrait der Kaiserin Maria Theresia, den Moment der Archivgründung im Jahr 1749 sowie den Besuch von Kaiser Franz Joseph I. im Haus-, Hof- und Staatsarchiv.

Der Besuch des Kaisers Franz Joseph I.
Am 18. April 1904 fand der feierliche Besuch von Kaiser Franz Joseph I. im Haus-, Hof- und Staatsarchiv statt. Nachdem der Außenminister Agenor Gołuchowski den Kaiser begrüßt und ihm den Archivdirektor, Gustav Winter, vorgestellt hatte, begann der Kaiser das neue Archiv zu besichtigen und trug sich anschließend ins Gästebuch im Direktorzimmer ein.
Peyfuss stellte sein Gemälde im Mai 1908 fertig. Jede der dargestellten Personen wurde zunächst in der Pose fotografiert, in der sie später auf dem Gemälde dargestellt wurden. Das erleichterte die Arbeit des Künstlers.
Das farbenfrohe Fresko zeigt in der Mitte den Kaiser mit grünem Federhut, ihm gegenüber steht der Archivdirektor Gustav Winter und zwischen ihnen der Außenminister Graf Gołuchowski. An den Seiten stehen die Mitglieder des Hofes (rechts hat sich auch der Maler verewigt) und die Mitarbeiter des Archivs. Es ist interessant zu wissen, dass nicht alle auf dem Bild dargestellten Personen beim Besuch des Kaisers tatsächlich anwesend waren. Einige Mitarbeiter des Archivs konnten nicht am Empfang teilnehmen, weil sie keine entsprechende Kleidung besaßen. Der rechts im Bild stehende Prälat war aus Krankheitsgründen nicht anwesend gewesen.

Die Sammlungen des Archivs
Im Laufe seiner Geschichte hat das Gebäude größere Schäden vermeiden können. Auch während des Zweiten Weltkriegs, als eine Bombe in das Nachbargebäude, wo sich heute das Bundeskanzleramt befindet, einschlug, blieb das Archiv verschont.
1983 wurde das Österreichische Staatsarchiv neu organisiert. Die Sammlungen der offiziellen Akten wurden nach dem Prinzip „Monarchie oder Republik“ mit dem Grenzjahr 1918 getrennt. Alle Akten, die nach diesem Jahr entstanden sind, wurden in das neu geschaffene Archiv der Republik übergeben, dessen Sitz sich in der Nottendorfer Gasse 2-4 im 3. Gemeindebezirk Wiens befindet. Dieses übernahm die laufende Sammlung von archivierungswürdigen Unterlagen. Das ehemalige Haus-, Hof- und Staatsarchiv am Minoritenplatz wurde somit zur Abteilung rein historischer Archive, deren Sammlungen mit dem Jahr 1918 enden. Neuanschaffungen für das Archiv gibt es erst bei Erhalt eines Angebots, das die Bestände wesentlich ergänzt. Sie werden dann in Form einer Spende, als Depositum oder durch Kauf in die Sammlung aufgenommen.
Die Bestände des Haus-, Hof- und Staatsarchivs umfassen heute 130 000 Kartotheken und Ordner, 75 000 Dokumente verschiedener Arten, 15 000 Landkarten und Pläne sowie etwa 3 000 Manuskripte. Das älteste erhaltene Dokument, die Urkunde von Kaiser Ludwig dem Frommen, stammt aus dem Jahr 816. Das Archiv besitzt eine umfangreiche Sammlung, die den Zeitraum von 816 bis 1918, also über 1 000 Jahre österreichischer Geschichte, abdeckt und bewahrt somit wertvolle Zeugnisse der Geschichte Mitteleuropas für künftige Generationen auf.
In der Sammlung des Archivs befinden sich viele Originaldokumente mit Bezug zu Polen, darunter auch das am 31. März 1683 in Warschau verfasste Dokument zur Ratifizierung des polnisch-österreichischen Bündnisses gegen das Osmanische Reich, dessen Folge die Befreiung von Wien war. In der Sammlung befinden sich ebenfalls Dokumente zu den Teilungen Polens, u.a. der Vertrag über die erste Teilung Polens, der von Maria Theresia und der russischen Kaiserin Katharina II. unterzeichnet wurde und durch den Österreich Ostgalizien und Lodomerien erhielt. Es gibt auch ein Protokoll des Wiener Kongresses vom 30. Dezember 1814, das die neue Aufteilung der polnischen Länder zwischen Preußen, Österreich und Russland betrifft und auf dessen Grundlage die neuen Grenzen des Königreichs Polen festgelegt wurden. Ebenfalls interessant ist eine in deutscher und polnischer Sprache verfasste Schrift aus dem Jahr 1912, die von Karol Wojtyła, dem Papst Johannes Paul II., stammt. In dieser bittet er um eine Anstellung als Beamter. Erwähnenswert sind außerdem die Urkunde vom 31. Mai 1887 über die Titelverleihung zum Ehrendoktor (lat. doctor honoris causa) in Philosophie an der Universität Krakau und das Dokument vom 18. August 1887 über die Verleihung des Ehrenzeichens von Kaiser Franz Joseph I. für herausragende Verdienste in der Kunst, die der polnische Maler Jan Matejko erhalten hat.
Das über 100 Jahre alte Gebäude des Haus-, Hof- und Staatsarchivs erfüllt weiterhin seinen Zweck: das Erbe der Vergangenheit für künftige Generationen zu bewahren.

38. Die Gedenktafel des hl. Johannes Paul II.
Kirche Am Hof, Schulhof 1, 1010 Wien
1983 kam Papst Johannes Paul II. nach Österreich anlässlich des Katholikentags und des 300. Jahrestages der Schlacht am Kahlenberg. Am 12. September besuchte er unter anderem die Kirche Am Hof und hielt von der Loggia aus eine Predigt über die Achtung der Arbeit und die Menschenwürde – Themen, die in der Zeit des Kommunismus in den mitteleuropäischen und osteuropäischen Ländern von besonderer Bedeutung waren.
An diesen Besuch des Papstes erinnert in der Vorhalle der Kirche eine Tafel, die dort 2003 zum 20. Jahrestag seines Aufenthalts in Österreich angebracht wurde. Die Inschrift darauf lautet: „Vor diesem Gotteshaus sprach am 12. September 1983 seine Heiligkeit Papst Johannes Paul II. zu katholischen Arbeitnehmern und zur kroatischen Gemeinde in Wien“.
Am Hof ist einer der ältesten Plätze in Wien. Im 12. Jahrhundert befand sich hier der Hof des Herzogsgeschlecht der Babenberger. Es handelte sich dabei um einen Gebäudekomplex rund um einen Hof. Im Zentrum befand sich die Residenz des Herzogs. Ab dem 14. Jahrhundert erhielt der Platz den Namen Am Hof. In den Jahren von 1386 bis 1403 wurde daneben eine gotische Kirche erbaut, die ebenfalls so benannt wurde. Ihre Geschichte ist sehr umfangreich, da sie als Sitz vieler Orden diente und mehrmals im Stil der jeweiligen Epoche umgebaut wurde. Heute dient sie als Kirche für die kroatische Gemeinde in Wien.

39. Das Gnadenbild des Barmherzigen Jesus in der Kirche Am Hof
Kirche Am Hof, Schulhof 1, 1010 Wien
In der Kirche Am Hof befindet sich im linken Seitenschiff eine Kapelle, in deren Altar das Bild des Barmherzigen Jesus von der hl. Maria Faustyna Kowalska platziert wurde.
Es ist mit der Unterschrift „Isuse, ja se uzdam u Tebe” in kroatischer Sprache versehen, was auf Deutsch „Jesus, ich vertraue auf Dich” bedeutet.
(die Geschichte des Bildes und seine Beschreibung: siehe Nr. 5)

40. Der Krakauer auf dem Palais Ferstel
Palais Ferstel, Strauchgasse 4, 1010 Wien
Bei einem Spaziergang durch die Straßen Wiens lohnt es sich, den Blick auf die oberen Etagen der Gebäude zu richten. Es sind dort nämlich interessante Objekte zu sehen, wie die Figur eines Krakauers auf dem Palais Ferstel in der Strauchgasse.

1855 erwarb die „Kaiserlich-königlich privilegierte Nationalbank“ zwei Gebäude im Zentrum Wiens, zwischen der Herrengasse und der Strauchgasse. Mehrere Architekten Wiens wurden mit der Planung eines weiteren Gebäudes beauftragt, welches zwei Institutionen beherbergen sollte: die Nationalbank und die Wiener Börse. Der Entwurf des österreichischen Architekten Heinrich von Ferstel (1828-1883) wurde dafür ausgewählt und 1856 wurde ihm die Bauleitung anvertraut. Er war als Architekt in der österreichischen Monarchie sehr anerkannt und entwarf viele beeindruckende Gebäude wie Paläste, Residenzen und Kirchen. Zu seinen bekanntesten Werken zählen unter anderem die Votivkirche, das Hauptgebäude der Universität Wien und das Museum für angewandte Kunst (MAK). Ferstel war ebenfalls Leiter des Umbaus der evangelisch-augsburgischen Erlöserkirche in der polnischen Stadt Bielitz-Biala im neogotischen Stil.
Das im Stil der italienischen Renaissance errichtete Nationalbank- und Börsengebäude wurde 1860 fertiggestellt, seine heutige Bezeichnung Palais Ferstel stammt vom Namen des Architekten. Dem Projekt zufolge sollte das Gebäude mit Fresken und Skulpturen geschmückt werden. Mit der Außendekoration wurde der österreichische Bildhauer Hans Gasser beauftragt.
Die Gebäudefassade ziert eine Reihe von zwölf Figuren mit ungefähr 2,5 Meter Höhe. Diese wurden in drei Gruppen gegliedert und an drei Seiten des Gebäudes platziert: bei der Herrengasse, der Strauchgasse und der Kreuzung der beiden Straßen. Jede dieser Gruppen besteht aus vier Statuen aus Sandstein. Die Seitenfiguren stellen Personen dar, die die Nationalitäten der österreichischen Monarchie in Trachten vertreten.

Die Figur des Polen
An der Fassade des Gebäudes bei der Strauchgasse beginnt von der linken Seite die Reihe der Nationalfiguren mit der Statue eines Polen. Seine charakteristische Tracht ist die sog. Krakauer Sukmana, ein Obergewand aus handgewebtem Stoff mit einem großen Kragen bis zum Rücken. Es ist auf der Brust anliegend, in der Taille geschnitten und unter der Gürtellinie breiter, mit einer Länge bis zur Hälfte der Wade, mit zwei Knopfreihen verziert und mit Blumenmotiven an den Taschen und den unteren Rändern bestickt. Die langen, schmal zulaufenden Ärmel enden mit umgeschlagenen Manschetten.
Die Kleidung ergänzt ein schmaler, eng geschnallter Gürtel, dessen Ende locker nach unten hängt. Ein wichtiges Element dieser Tracht sind die sog. Portki, eine Leinenhose, die in hohe Stiefel gesteckt und beim Schacht leicht umgeschlagen ist. Die Schuhe sind breit, weil sie Platz für Fußlappen, die die Füße vor Frost schützten, und das Innenfutter aus Stroh, das sie warmhielt, bieten mussten.
Die sog. Magierka, eine runde Mütze ohne Schirm, auch „madziarka“ genannt, dient der Figur als Kopfbedeckung. Sie wird aus dickem Stoff genäht oder aus Wolle gestrickt und an der Stirnhöhe mit einem steifen Band umgebunden. Die Mütze wurde zusammen mit der Sukmana angezogen und im Winter getragen. Die Krakuska, eine Eckenmütze, die oft als militärische Kopfbedeckung eingesetzt wurde, war unten mit Schafspelz verbrämt, mit einer Pfauenfeder und Bändern geschmückt und wurde normalerweise mit einem Kaftan getragen. Dieser Held trägt jedoch eine klassische Sukmana und Magierka. Seine rechte Hand steckt in seinem Gürtel und die linke hält einen langen Stock, den er als Stütze nutzt und der in der Komposition der Statue als Säule dient. Die aufgerichtete Statur und der auf die Ferne fixierte Blick tragen zur Ernsthaftigkeit und Würde der Figur bei.
Die Volkstracht der Krakauer, die sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vollständig herausbildete, ähnelte in einigen Elementen dem Gewand der Adeligen. Mit dem 24. März 1794 wurde es in den Rang einer Nationaltracht erhoben, zu einem Symbol des Polentums. An diesem Tag schwor der polnische Anführer Tadeusz Kościuszko auf dem Marktplatz in Krakau, nachdem er die Akte des nationalen Aufstands gegen Russland und Preußen vorgelesen hatte, der polnischen Nation einen Treueid und war dabei in die Krakauer Volkstracht gekleidet. Zum Symbol des Polentums wurde die Kleidung außerdem dank einiger Soldatengruppen, die am Kościuszko-Aufstand (poln. Insurekcja kościuszkowska), dem letzten bewaffneten Versuch, Polen zu retten, teilnahmen. Die Krakauer Volkstracht diente ihnen dabei als Militäruniform. Seitdem hat sie sich als Ausdruck der polnischen Identität etabliert. Dafür waren unter anderem polnischer Künstler aus der Zeit des Jungen Polens, einer Zeit des Modernismus in der polnischen Kunst und Literatur, verantwortlich, wie z.B. die polnischen Maler Stanisław Wyspiański und Włodzimierz Tetmajer.

Die Figuren und ihre Symbolik
Von der Strauchgasse aus betrachtet befindet sich neben dem Polen die Figur des Vertreters von Tschechien. Er ist im städtischen Stil gekleidet und hält einen Stoffballen in den Händen. Die nächste Figur ist ein Einwohner Dalmatiens, der eine Chibuk-Pfeife in der Hand hält, einen Turban als Kopfbedeckung trägt, in eine bestickte Weste gekleidet ist und mehrere Dolche unter dem Gürtel trägt. Die Statue von der rechten Seite zeigt einen an einen wuchernden Weinrebezweig gelehnten Tiroler, der ein Hemd mit weiten Ärmeln, einen Trenchcoat über der Schulter und einen Hut auf dem Kopf trägt.
An der Fassade von Seiten der Herrengasse sind vier weitere Personifikationen verschiedener Nationalitäten zu sehen. Als erste links steht ein Österreicher aus den Alpen mit Hut, knielanger Hose, Kniestrümpfen, Hosenträgern und einem Bergstock. Die nächste Statue zeigt einen Serben. Dieser trägt eine Haremshose und eine Weste und hat zwei Dolche hinter einem breiten Gürtel befestigt. Der Slowake hingegen hat einen breitkrempigen Hut, eine Hirtentasche über der Schulter und ruht auf einem Hirtenstab. Der Ungar präsentiert sich in einem Hemd mit weiten Ärmeln, mit einer traditionellen Kopfbedeckung mit nach oben gedrehter Krempe und einem breiten Gürtel mit mehreren Schnallen. In seiner Hand hält er ein Beil mit langem Griff. In Bezug auf die genaue Nachbildung traditioneller Volkstrachten lässt sich bei einigen Figuren eine gewisse Freiheit des Künstlers bemerken.
An der Front des Gebäudes, an der Kreuzung der Herrengasse und Strauchgasse, wurden über dem Eingang zum heutigen Café Central vier Frauenfiguren platziert, die allegorisch auf die wichtigsten Wirtschaftssektoren der Monarchie verweisen: Industrie und Technik, Schifffahrt und Fischerei, Landwirtschaft und Handel. Die Industrie und die Technik werden durch die Figur symbolisiert, deren Attribute Hammer, Amboss, Zahnrad und Zirkel sind, also typische Gegenstände des modernen, mechanisierten Arbeitsprozesses der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die nächste weibliche Figur verkörpert die Schifffahrt und die Fischerei, auf die das Ruder, das Seil, das Netz und der Otter hinweisen. Die Landwirtschaft wird durch eine Figur mit einem Bündel Getreide, Trauben und Früchten dargestellt, der Handel durch eine Frau mit Maßband, Stoffballen und Kelch.

Mit vereinten Kräften
„Viribus unitis” bzw. „mit vereinten Kräften“ war das politische Motto von Kaiser Franz Josef I. Es ist ein Ausdruck der Einstellung, dass es sowohl im Interesse der Allgemeinheit wie auch jedes einzelnen sei, dass alle Nationen und alle einzelnen Bürger des Kaiserreichs zusammenarbeiten.
Die am Gebäude angebrachte Figurengruppe spielt genau auf dieses Thema an. Das Nationalbank- und Börsengebäude sollte nämlich neben dem reinen Gebrauch patriotische Ideen zum Ausdruck bringen. Die Figuren an der Gebäudefassade machen genau diese Funktion deutlich. Die männlichen Personifikationen repräsentieren die bedeutendsten Nationalitäten der österreichischen Monarchie, während die weiblichen die Hauptrichtungen der österreichischen Volkswirtschaft darstellen.

Die Geschichte des Palais
Aufgrund der dynamischen Entwicklung der Bank und der Börse stellte sich bereits nach einigen Jahren heraus, dass das Gebäude für die Bedürfnisse dieser Institutionen viel zu klein war. Der Sitz der Börse und der Bank wurde in andere Wiener Bezirke verlegt und das Palais von der Anglo- Österreichischen Bank erworben, die dessen Räumlichkeiten vermietet. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann das Gebäude zu verfallen, wurde aber vor dem Abriss bewahrt und 1982 komplett saniert. In dieser Zeit erhielt es den Namen „Palais Ferstel“, obwohl Ferstel es nie besaß oder bewohnte. Im Inneren des Gebäudes befindet sich heute eine exklusive Passage, die den Freyungplatz und die Kreuzung der Herrengasse und Strauchgasse verbindet. Dort liegt das berühmte Café Central, das Lieblingscafé der einstigen intellektuellen Elite Wiens. Ein interessanter gegenwärtiger polnischer Akzent ist die Tatsache, dass der Polnische Frühlingsball jährlich im Palais Ferstel abgehalten wird.
Heute beachtet kaum noch jemand die im Palais Ferstel oben platzierten Statuen, deren Bedeutung völlig in Vergessenheit geraten ist. Bei einem Besuch im Café Central oder einem Spaziergang durch die Straße lohnt es sich jedoch, einen Blick auf die ehrwürdige Figur des Polen zu werfen, der schon seit über eineinhalb Jahrhunderten stolz in die Ferne blickt.

41. Die Allegorie des Flusses Weichsel
Austriabrunnen, Freyung 7, 1010 Wien
In der Mitte des Freyungplatzes befindet sich der Austriabrunnen, der in den Jahren 1844-1846 erbaut wurde. An dessen Spitze steht eine Statue des personifizierten Österreichs – die Figur einer Frau mit Lanze und Schild. Der Brunnen ist rundherum mit allegorischen Figuren der vier Hauptflüsse der damaligen Habsburgermonarchie verziert: Weichsel, Donau, Po und Elbe.

Der Grund für die Erbauung des Austriabrunnens war die Eröffnung der neuen Kaiser- Ferdinands-Wasserleitung. Kaiser Ferdinand I, der 1835 den Thron bestiegen hat, wollte sich als wohltätiger Herrscher beweisen. Aus diesem Grund stellte er die ihm zugedachten Krönungsgeschenke für den Bau der Wasserleitung zur Verfügung. Erstmals gelang es, auch die westlichen Vorstädte Wiens mit Trinkwasser zu versorgen. Die Wasserleitung sollte seinen Namen tragen.
Die Herrschaft Österreichs, die sich in alle Weltrichtungen erstreckte, wird durch die Auswahl der Flüsse symbolisiert, weil jeder davon in ein anderes Meer mündet: die Weichsel in die Ostsee, die Donau ins Schwarze Meer, der Po ins Adriatische Meer und die Elbe in die Nordsee.
Die vier Flüsse bezeichnen auch nationale Gruppen: die slawischen, germanischen, italienischen und ungarischen. Die vier Hauptflüsse des Imperiums stehen um sie Säule herum, die mit Ornamenten aus Eichenblättern umrankt ist.
Die Weichsel wurde als langhaarige, mutige Göttin dargestellt. Auf der linken Seite befindet sich ein Ruder. Sie ist in ein Kleid mit darübergelegtem Bärenfell gekleidet. In ihren Händen hält sie einen Schleusenschlüssel, der auf die Verbindung der Weichsel mit dem Fluss Nogat hinweist. Dieser ist ein Mündungsarm der Weichsel vor ihrer Mündung in die Danziger Bucht. Unter der Statue, die die Weichsel symbolisiert, befindet sich die Inschrift: von Wiener Bürgern.

42. Fürst Józef Poniatowski
Palais Kinsky, Freyung 4, 1010 Wien
Unter den Palais in Wien nimmt das von Kinsky einen besonderen Platz ein und zählt zu den schönsten Adelssitzen der Hauptstadt. Es war im Besitz von außerordentlichen Familien, deren Namen nicht allein mit der Geschichte Österreichs verbunden waren. Es wird allgemein angenommen, dass Fürst Józef Antoni Poniatowski, ein polnischer General und Marschall von Frankreich, am 7. Mai 1763 im Palais Kinsky geboren wurde. Stimmt es, dass dies sein Geburtsort ist?

Das Palais an der Freyung 4 wurde 1719 errichtet und wechselte, wie viele andere Adelssitze in Wien, im Laufe der Jahre mehrmals den Besitzer. Es war ein repräsentatives Stadtschloss der Familien Daun, Khevenhüller, Harrach und Kinsky. Heute ist es im Besitz der privaten Stiftung von Karl Wlaschek, einem österreichischen Unternehmer und Gründer der Lebensmittelkette Billa.
Der erste Besitzer des Schlosses war Wirich Philipp Laurenz Graf von Daun. Daher wird es ebenfalls Palais Daun-Kinsky genannt. Im Jahr 1746 erwarb Johann Joseph Graf von Khevenhüller das Gebäude von der Familie Daun und 1764 kaufte es wiederum Ferdinand Bonaventura II. Graf von Harrach. Seine Tochter, Maria Rosa Aloysia Katharina, heiratete 1777 Fürst Joseph Ernst Kinsky von Wchinitz und Tettau. 1784 erbte sie das Palais, das somit in den Besitz der herzoglichen Hauptlinie der Familie Kinsky kam und dadurch seinen Namen erhielt. So lässt sich die Geschichte dieser Residenz in wenigen Sätzen zusammenfassen.
Kommen wir also auf die Frage zurück: Wurde Józef Poniatowski im Palais Kinsky geboren? Das Schloss an der Freyung gehörte noch nicht der Familie Kinsky, als der Fürst auf die Welt kam. Er wurde 1763 geboren und das Palais ging erst 1777, also vier Jahre später, in den Besitz seiner Familie über. Wieso wird es also als sein Geburtsort angesehen? Wahrscheinlich ist der Ursprung dieser Geschichte darauf zurückzuführen, dass der Nachname seiner Mutter, Kinsky, mit dem Namen des Palais assoziiert wird. Interessanterweise wurde aufgrund starker Beziehungen zu Polen noch im letzten Jahrhundert in einigen westlichen Biografien über Józef Poniatowski fälschlicherweise Warschau als sein Geburtsort angegeben.
Wo wurde also der polnische Nationalheld geboren? In dem Auszug seines Taufscheins, der sich in der römisch-katholischen Pfarrei in der Schottenkirche an der Freyung 6 befindet, können wir folgendes lesen: Am 7. Mai 1763 wurde aus der Ehe des Generals Andrzej Poniatowski, wohnhaft in der Hern Gasse im Kintschkyschen Hauss, und der Gräfin Theresia, geb. Kintschky, Józef Antoni Poniatowski geboren. Er wurde vom Priester Lambert Gsponn getauft, und seine Paten waren Oberst Graf Joseph Kintschky und Theresia Bertoldin.
Und wo genau befindet sich das „Kintschkysche Hauss“ in der „Hern Gasse“ (Originalschreibweise aus dem Taufschein), also das Haus Kinsky in der Herrengasse? Aus der Dokumentation der Stadt Wien geht hervor, dass es sich in der Herrengasse 15 befand (heute an der Ecke Herrengasse/ Landhausgasse). Ab dem 16. Jahrhundert waren die Familien Fünfkirchen, Neudeck und Kinsky seine Besitzer. Heute gibt es das Haus nicht mehr. 1839 wurde an dieser Stelle ein neues vierstöckiges Mietshaus errichtet. 1857 erwarb die Österreichische Nationalbank das Gebäude von der Familie Kinsky. Bis heute befindet es sich in ihrem Besitz. Erwähnenswert ist, dass 1773 der Vater von Józef, Fürst Andrzej Poniatowski, im Haus Kinsky in der Herrengasse starb und im Wiener Stephansdom beigesetzt wurde.
Dies waren die interessanten Fakten über die Verbindung zwischen dem Palais Kinsky und Fürst Józef Poniatowski. Es bleibt zu hoffen, dass alle Zweifel in Bezug auf seinen Geburtsort durch detaillierte Studien von Historikerinnen und Historikern beigelegt werden.

43. Die Stanislaus-Kostka-Kapelle in der Kurrentgasse
Stanislaus-Kostka-Kapelle, Kurrentgasse 2, 1010 Wien
Im Gebäude in der Kurrentgasse 2, wo einst der heilige Stanislaus Kostka lebte, befindet sich heute eine ihm gewidmete barocke Kapelle.

Das kurze Leben des polnischen Heiligen Stanislaus Kostka war eng mit Wien verbunden. Im Alter von 14 Jahren schickten ihn seine Eltern, Jan Kostka, der Kastellan von Zakroczym, und Małgorzata Kryska, zusammen mit seinem älteren Bruder Paul nach Wien, um dort in einem Jesuitenkolleg zur Schule zu gehen. Sie wohnten in einer Unterkunft im hinteren Teil der Jesuitenkirche – ein bis heute noch erhaltenes Gebäude an der Ecke der Kurrentgasse und Steindlgasse. Stanislaus war sehr religiös, verbrachte viel Zeit in der Kirche, betete viel und führte ein asketisches Leben. 1565 wurde er aufgrund einer Schwächung seines Körpers schwer krank. Er wünschte sich die Kommunion zu empfangen, aber der Vermieter, der ein Lutheraner war, erlaubte es nicht, einen Pfarrer zu holen. Im Schlaf hatte Stanislaus eine Offenbarung, in der die Heilige Barbara ihm die Kommunion brachte und die Mutter Gottes ihm das Jesuskind in den Arm legte.
Am nächsten Tag wurde Stanislaus gesund und fasste den Beschluss, dem Jesuitenorden beizutreten. Dazu war ein Einverständnis der Eltern unerlässlich. Diese waren jedoch gegen seine Entscheidung, wodurch ihm die Aufnahme in den Orden der Jesuiten verwehrt blieb. Gegen Ende seiner Ausbildung an der Schule, im Jahr 1567, beschloss Stanislaus, nicht nach Polen zurückzukehren, und begab sich stattdessen heimlich nach Bayern, um dort dem Orden beizutreten. Von dort aus wurde er nach Rom geschickt und begann sein Noviziat. Ein Jahr nach seinem Ordensgelübde erkrankte er an Malaria und starb 1568 im Alter von 18 Jahren.
Sein Kult entstand, als man nach der Öffnung seines Sargs feststellte, dass sein Leichnam nicht verweste. 1602 wurde Stanislaus Kostka seliggesprochen. Er ist der Patron Polens und Litauens, aber auch der Studenten, Novizen und Jugend.
Seine damalige Wohnung bei der Kurrentgasse 2, in der der Heilige in den Jahren 1565-1567 gewohnt hatte, wurde 1742 in eine kleine Kapelle im Barockstil unter seinem Namen umgewandelt. Dort, wo sich einst das Bett von Stanislau befand und wo dieser seine Offenbarungen hatte, befindet sich ein Altar, über dem ein Gemälde hängt, das die Mutter Gottes mit Kind, die hl. Barbara und Engel, die ihm die Kommunion geben, darstellt. Außerhalb des Gebäudes, auf Seite der Kurrentgasse 2, befindet sich eine Kartusche mit der Aufschrift „Saceelum Olin Anno MDLXVI Subiculum Sancti Stanislai Kostka“.
Die Kapelle kann vom Tag des hl. Stanislaus, also dem 13. November, die ganze Oktav lang bis zum 20. November sowie während der jährlichen Langen Nacht der Kirchen besichtigt werden.

44. Die Ortsnamen auf dem Mahnmal für die Opfer des Holocausts
Holocaust-Mahnmal, Judenplatz, 1010 Wien
Das Mahnmal am Judenplatz im 1. Wiener Bezirk wurde im Jahr 2000 enthüllt und erinnert an die 65.000 während dem Holocaust ermordeten österreichischen Jüdinnen und Juden.

In Form eines Quaders stellt es eine Bibliothek dar, mit Buchrücken, die nach innen gerichtet sind. Die Regale sind mit scheinbar unzähligen Ausgaben desselben Buches gefüllt. Sie symbolisieren die große Zahl der Opfer, von denen jedes eine eigene Biografie hatte. Kein Buchrücken ist lesbar, sodass der Inhalt verborgen bleibt. Die Lage der Bücher auf dem Regal ist unnatürlich, ebenso wie die Opfer auf unnatürliche Weise den Tod fanden.
Obwohl diese „Namenlose Bibliothek“ einen symbolischen Eingang besitzt, kann sie nicht betreten werden. Die Flügeltüren, die auf die Möglichkeit eines Kommens und Gehens hinweisen, sind verschlossen. Die fehlenden Türklinken unterstreichen, dass dieser Zustand unveränderlich ist. Vor den verschlossenen Flügeltüren befindet sich eine Inschrift in deutscher, englischer und hebräischer Sprache, die auf den Holocaust und die Zahl der österreichischen Opfer verweist.
Um das Mahnmal herum wurden in den Sockel 45 Sterbeorte österreichischer Jüdinnen und Juden eingraviert. In den Jahren 1933-1945 gab es dort Konzentrations- und Vernichtungslager, Ghettos und Deportationsorte, die durch das Dritte Reich errichtet und verwaltet wurden. Folgende Orte, die auf dem Denkmal zu sehen sind, befinden sich im heutigen Polen: Auschwitz, Belzec, Chelmno, Groß-Rosen, Izbica, Kielce, Lagow, Lodz, Lublin, Majdanek, Modliborzyce, Nisko, Opatow, Opole, Rejowiec, Sobibor, Stutthof, Trawniki, Treblinka, Wlodawa, Zamość. Die restlichen sind in Österreich, Weißrussland, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Tschechien, Frankreich, Litauen, Lettland, Deutschland, Serbien und Italien zu finden.
Im Jahr 1938, vor dem Einmarsch der Wehrmacht in Österreich, lebten etwa 200.000 Jüdinnen und Juden in Wien. Die Jüdinnen und Juden Galiziens bildeten eine große Gruppe in der jüdischen Gemeinde, von denen der Großteil polnische Staatsbürger oder polnischer Herkunft waren oder Polnisch sprachen. Sie hatten ihre eigenen Vereine, Schulen und Gebetshäuser. Im 2. Bezirk bei der Leopoldsgasse 29 befand sich beispielsweise in den Jahren 1893-1938 die „polnische Synagoge“. Sie wurde auch „Polnische Schul“ genannt, weil sich in der Nähe, in der heutigen Oberen Donaustraße 79, eine Schule für polnisch-jüdische Kinder befand. Die Synagoge wurde jedoch während des Pogroms vom 9. auf den 10. November 1938 niedergebrannt. An ihrer Stelle steht heute ein Wohnhaus, an dessen Fassade eine Gedenktafel darauf hinweist, dass dort einst die „Polnische Synagoge in Wien“ stand.
Ab dem 12. März 1938, also dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich, war die Judenverfolgung auf den Straßen Wiens allgegenwärtig: Menschen wurden angegriffen, Geschäfte, Häuser, Schulen und Friedhöfe zerstört. Der Höhepunkt war das Novemberpogrom, das als „Reichskristallnacht“ in die Geschichte einging. Vom 9. auf den 10. November 1938 wurden von den SS- und SA-Einheiten, aber auch von Zivilisten, Synagogen in Wien in Brand gesetzt und jüdische Geschäfte und Häuser geplündert und verwüstet. Über 6.000 Jüdinnen und Juden wurden inhaftiert, und die Mehrheit davon in Konzentrationslager gebracht.
Der Zweite Weltkrieg begann in Europa am 1. September 1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen. Etwa 70.000 Jüdinnen und Juden lebten zu dieser Zeit noch in Wien. Am 11. September begann die Polizei Wiens unter anderem mit der Festnahme von „polnischen Juden“. Dazu gehörten hauptsächlich die Jüdinnen und Juden Galiziens, die in Österreich wohnhaft waren und keine oder eine ehemalige polnische Staatsbürgerschaft besaßen. Nachdem die Gefängnisse voll waren, wurden sie im Praterstadion interniert und später in Ghettos oder Konzentrationslager im besetzten Polen deportiert. Von über 65.000 in den Osten deportierten Jüdinnen und Juden aus Wien überlebten nur 2.000.
Bis Kriegsende gelang es nur einigen hundert Menschen, sich in Wien zu verstecken. Von den 200.000 in Wien lebenden Jüdinnen und Juden wurden über 130.000 ihres Eigentums beraubt und vertrieben und über 65.000 ermordet. Um das Mahnmal herum sind ihre Sterbeorte vermerkt.

45. Die Steine der Erinnerung
Wipplingerstraße 13, 1010 Wien
Viele Einwohnerinnen und Einwohner, die durch die Straßen Wiens wandern, bemerken sie nicht, obwohl es viele von ihnen gibt. Wenn man aufmerksam unter die eigenen Füße schaut, können kleine, goldfarbenen Platten im Gehsteig bemerkt werden.

Dabei handelt es sich um sogenannte „Steine der Erinnerung an jüdische Opfer des Holocausts“, und auf vielen von ihnen finden sich polnische Ortschaften.
Viele Wohnhauseigentümer sind gegen das Anbringen von Gedenktafeln an der Fassade ihres Gebäudes, weshalb jene am häufigsten im Gehsteig vor dem jeweiligen Haus angebracht werden, in dem die vertriebenen oder ermordeten Menschen wohnten. Auf diese Weise werden die Opfer in ihrem Heimatbezirk symbolisch geehrt, und ihre Verwandten können ihrer gedenken.
Die Steine der Erinnerung finden sich in vielen Bezirken Wiens, auch in der Innenstadt. Sie sind am häufigsten im Gehsteig platziert, gelegentlich an den Wänden von Gebäuden. Hier eine Liste der einzelnen Orte im 1. Bezirk, in denen polnische Ortschaften genannt werden: Annagasse 3a (Lodz), Ballgasse 4 (Auschwitz), Biberstraße 22 (Lodz), Börsegasse 10 (Treblinka), Drahtgasse 3 (Auschwitz, Lodz), Fleischmarkt 20 (Auschwitz, Sobibor), Fleischmarkt 22 (Auschwitz), Franz-Josefs-Kai 19 (Auschwitz, Treblinka), Franz-Josefs-Kai 21 (Litzmannstadt), Gonzagagasse 8 (Chelmno, Lodz), Heinrichsgasse 3 (Izbica), Johannesgasse 18 (Treblinka), Judengasse 5 (Chelmno, Lodz), Passauer Platz 6 (Auschwitz, Izbica), Petersplatz 3 (Auschwitz, Treblinka), Rabensteig 2 (Auschwitz), Rotenturmstraße 21 (Treblinka), Schottenring 35 (Auschwitz, Izbica, Treblinka), Spiegelgasse 3 (Auschwitz), Sterngasse 2 (Auschwitz), Stoß im Himmel 3 (Auschwitz), Tuchlauben 18 (Auschwitz), Werdertorgasse 4 (Auschwitz, Lodz, Treblinka), Werdertorgasse 15 (Lodz), Werdertorgasse 17 (Nisko), Wipplingerstraße 13 (Auschwitz), Zedlitzgasse 8 (Auschwitz).
Den Nachkommen der Deportierten und der in Konzentrationslagern Ermordeten dienen die Gedenktafeln als Grabstein ihrer Verwandten, weil sie oft keinen anderen haben. Es heißt: „Die Menschen leben, solange andere die Erinnerung an sie pflegen“.

46. Das Oberste Nationalkomitee (NKN)
Neutorgasse 9, 1010 Wien
Wien ist unmittelbar mit den Ereignissen verbunden, die zur Unabhängigkeit Polens im Jahr 1918 führten. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs bemühte man sich, die Freiheit Polens durch Wirken in der damaligen österreichisch-ungarischen Monarchie zu erlangen. Viele Institutionen, die sich für die bewaffnete Auflehnung für die Freiheit der Heimat einsetzten, hatten ihren Sitz in Wien. Es ist uns oft nicht bewusst, wenn wir durch die Straßen Wiens gehen, wie viele Orte mit diesen Ereignissen zusammenhängen. Obwohl heute nicht einmal eine Gedenktafel an sie erinnert, sollten sie in unserem Bewusstsein weiterleben. Eine solche Adresse ist die Neutorgasse 9.

Mit Zustimmung der Behörden in Wien gründeten polnische Politikerinnen und Politiker in Krakau das Oberste Nationalkomitee (polnisch: Naczelny Komitet Narodowy, NKN), eine Organisation, die die Polnischen Legionen betreute. Leider verschärfte sich in den ersten Monaten des Ersten Weltkriegs die Situation an der Front und der russische Angriff auf Krakau schien immer unausweichlicher. Am 8. November 1914 wurde das NKN aus der bedrohten Stadt evakuiert. Als neuer Sitz für die Verwaltung wurde Wien als Zentrum des politischen Lebens gewählt. Das NKN richtete seine Büros in mehreren Räumen im dritten Stock des Gebäudes in der Neutorgasse 9 ein. Es hatte dort seinen Sitz bis zu seiner Rückkehr nach Krakau Mitte Juli 1915.
Das Ziel der Polinnen und Polen im NKN in Wien war es, die Unterstützung legionärer Angelegenheiten in der Gesellschaft und in österreichischen Regierungs- und Hofkreisen aufrechtzuerhalten. Zunächst mussten materielle Ressourcen für die Ausrüstung der Legionen beschafft werden – sowohl mit der Hilfe der Bürgerinnen und Bürger als auch der Regierung. Obwohl sich die Gesellschaft für den Wiederaufbau Polens sehr engagierte, konnte die Militärausrüstung (Waffen und Munition) nur vom österreichischen Bundesheer bezogen werden. In dieser Angelegenheit verhandelte das NKN mit der Regierung Wiens. Ihr fernes Ziel war es, eine starke polnische Nationalarmee aufzustellen, die am Ende des Krieges die politischen Entscheidungen beeinflussen konnte.
Am 18. Dezember 1914 reiste Józef Piłsudski, der Kommandant der I. Brigade der Polnischen Legionen, zu einer Besprechung mit dem Vorstand des NKN nach Wien. Er war direkt von der galizischen Front gekommen. Er wurde von Kaiser Franz Joseph I. in Audienz empfangen, der seine Dankbarkeit ausdrückte, dass die Polinnen und Polen nicht nur als Rekruten in der österreichisch-ungarischen Armee kämpften, sondern auch als Freiwillige in den von ihnen geschaffenen Polnischen Legionen.
Um Freiwillige für die Legionen zu erwerben, betrieb das NKN auch ein Rekrutierungsbüro. Aus Polinnen und Polen, die in Wien lebten, entstanden neue Kompanien von Soldaten. Nach der Ausbildung gingen sie an die Front und wurden somit Teil der Polnischen Legionen.
Hunderte Menschen engagierten sich für die Polnischen Legionen in Wien. Sie hofften dadurch, die Unabhängigkeit ihrer Heimat wiederzuerlangen. „Polinnen und Polen! Vereint euch alle mit unbeugsamem Willen für eine bessere Zukunft und unerschütterlichen Glauben an diese Zukunft! Kämpft zum Schutz unserer Freiheit und des Glaubens unserer Väter! Werft eure Zweifel beiseite, reißt den Groll aus euren Herzen und steht stark als Einheit mit der Entschlossenheit, euer Leben und euer Eigentum für das Vaterland zu opfern!“ – so lautete der Aufruf der polnischen Abgeordneten im österreichischen Parlament vom 16. August 1914. 1918, vier Jahre später, erlangte Polen seine Unabhängigkeit und wurde zur freien Nation.

47. Das Pressebüro des Obersten Nationalkomitees (NKN)
Neutorgasse 15, 1010 Wien
Viele Institutionen, die Polinnen und Polen zur bewaffneten Auflehnung für die Freiheit ihres Heimatlandes ermutigten, hatten ihren Sitz in Wien. Das Pressebüro des NKN, dessen Sitz sich in der Neutorgasse 15 befand, war dafür verantwortlich, die Anliegen der Polnischen Legionen bekannt zu machen und die in der Hauptstadt von Österreich-Ungarn lebenden Polinnen und Polen zum patriotischen Aufstand aufzufordern.

Das Pressebüro in Wien brachte die Zeitschrift „Polen”, ein Wochenblatt in deutscher Sprache, heraus. Ihr Ziel war es, über das Streben der Polinnen und Polen nach Unabhängigkeit zu informieren und die Gunst der öffentlichen Meinung von Österreich zu gewinnen. Auf polnisch hingegen erschien der sogenannte „Wiedeński Kurjer Polski” (deutsch „Polnischer Kurier Wiens”), der über die Lage an der Front berichtete, zum Beitritt zu den Legionen und zur materiellen und finanziellen Unterstützung der Einheiten aufrief. Außerdem wurden Militärhandbücher, Taschenkalender, patriotische Postkarten und Belletristik zu Themen veröffentlicht, die die nationale Identität stärkten. Ein erheblicher Teil davon wurde kostenlos verteilt, während die Einnahmen aus dem Verkauf für die Legionen bestimmt waren.
Fast 600 Freiwillige marschierten aus Wien und schlossen sich den Polnischen Legionen an. „Die Legionen sind das Land Polen, wenn Polen noch nicht anders vertreten wird. Die Legionen sind eine Stimme, die lauter als die Kanonenschüsse der gesamten Welt verkündet, dass Polen lebt und leben muss!” – schrieb Hauptmann Kazimierz Wysocki, der Kommissar der Polnischen Legionen, im „Kalender der Polnischen Legionen“, der 1915 in Wien veröffentlich wurde.

48. Polnisches Institut Wien
Am Gestade 7, 1010 Wien
Ein halbes Jahrhundert ist nicht allzu alt, wenn man andere polnische Andenken in Österreich betrachtet, deren Geschichte oft mehrere hundert Jahre zurück liegt. Im Vergleich zu diesen historischen Gebäuden ist das Polnische Institut Wien noch voller Leben, was es einzigartig macht. Machen wir uns deshalb mit seiner Entstehungsgeschichte sowie mit dem Gebäude, in dem es sich befindet, vertraut.

Die Geschichte der Entstehung des Polnischen Instituts Wien reicht die 1950er Jahre. Durch einige aufeinanderfolgende Ereignisse, wie den Tod von Josef Stalin, den Posener Aufstand im Juni 1956 und den Polnischen Oktober (polnisch „odwilż gomułkowska“), kam es zu Änderungen der Innenpolitik in Polen, welche gleichzeitig das Verhältnis zu anderen Staaten Westeuropas verbesserten. Gegen Ende der Dekade erklärte sich Polen bereit, die kulturelle und wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Österreich in Form eines internationalen Abkommens zu regeln.
Ein Zeichen der Annäherung dieser zwei Staaten war die Berufung und Eröffnung einer polnischen Bibliothek in Wien im Jahr 1961, die Literaturabende und Diskussionen veranstaltete. 1965 eröffnete Österreich in Polen ihr Äquivalent, das Österreichische Kulturinstitut in Warschau.
In den 70er Jahren, in Zeiten der Regierung von Edward Gierek, kam es in Polen zu einer stärkeren Öffnung in Richtung Westen und gleichzeitig zu einer Intensivierung der polnisch-österreichischen Beziehung. 1972 wurde ein „Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik Polen über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur und Wissenschaft“ unterzeichnet. Dieser Vertrag trat ein Jahr später in Kraft. Er erklärte „die Kulturinstitute als Instrumente zur Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen beider Staaten“ und bildete eine Rechtsgrundlage für die Bildung des Polnischen Instituts in Wien.
Daraufhin reichte das polnische Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten (MSZ) eine diplomatische Note an Österreich ein, mit dem Vorschlag, ab 1. Jänner 1974 den Namen der bereits bestehenden polnischen Bibliothek in Wien in Polnisches Institut Wien zu ändern und als Zeichen der Gegenseitigkeit, das Österreichische Kulturinstitut in Warschau zum Österreichischen Kulturforum Warschau zu entwickeln. Österreich willigte auf den Vorschlag ein, und das Polnische Institut wurde am 5. Juni 1974 eröffnet. Sein Sitz befindet sich im Zentrum Wiens, im ersten Bezirk, Am Gestade 7.
In den fast 50 Jahren, die es das Institut jetzt gibt, hat sich viel verändert: Die Volksrepublik Polen endete und die neue Republik Polen wurde Mitglied der Europäischen Union. Auch der Tätigkeitsbereich des Polnischen Instituts Wien veränderte und erweiterte sich. Was sich hingegen nicht geändert hat, ist das Ziel und die Mission des Instituts – die Vermittlung von Kultur, Geschichte und Wissen über das zeitgenössische Polen an Österreicher. Dies soll dem gegenseitigen Kennenlernen und Annähern der beiden Staaten dienen. Der Sitz des Polnischen Instituts Wien ist ebenfalls der gleiche geblieben.

Geschichte des Gebäudes des Polnischen Instituts Wien
Das Bürgerhaus, Am Gestade Nr. 7, wo sich das Polnische Institut Wien befindet, zählt zu den ältesten in Wien und befindet sich auf der Liste der denkmalgeschützten Objekte. Erste Erwähnungen über die Besitzer kommen aus dem Jahr 1533, doch die steingerahmten Fenster im unteren Teil des Gebäudes dienen als Beweis, dass das Gebäude bereits im 14. Jahrhundert existierte.
Die Geschichte war gnädig mit dem Gebäude, vor allem zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, als die Häuser auf der anderen Straßenseite durch Bombenangriffe zerstört wurden. Heute ist es eines der wenigen Objekte Wiens, das architektonische Originalelemente behalten hat, obwohl es mehrmals umgebaut wurde, wie andere Gebäude in derselben Reihe (Nr. 1, 3, 5, 7). 1803 wurden zwei Stockwerke hinzugefügt. Kurz vor der Eröffnung des Polnischen Instituts im Jahr 1973, wurde es gründlich renoviert.
Das Gebäude liegt an der Ecke von den Straßen Am Gestade und Tiefer Graben. Dort, auf der Höhe des Gehsteigs, blieb ein kleiner Sockel aus Stein erhalten, der damals die Kante des Gebäudes vor zu nahe vorbeifahrenden und anfahrenden Kutschen schützte. Nicht viele bemerken, dass von Seiten des Tiefen Graben, auf der Höhe des ersten Stockwerks, auf der Fassade des Gebäudes in einer halbrunden Ädikularahmung eine barocke Steinstatue der Maria Immaculata aus dem 18. Jahrhundert angebracht ist.
Gleich beim Eingang in das Gebäude, auf der rechten Seite, befindet sich eine mit Stein umgebaute Wasserzapfstelle, die damals von den Bewohnern des Gebäudes verwendet wurde. Im Hof steht ein Steinbrunnen aus dem 16. Jahrhundert, der heute nur noch als Dekoration dient.
Der Innenhof wird von hinten mit einer Mauer abgegrenzt. Es ist das einzige so große Fragment der ehemaligen Burgmauer, die damals zur Verteidigung diente. Die Burgmauer stammt ungefähr aus dem Jahr 1200, der Babenbergerzeit, und wurde teilweise entlang der Reste der Festung des damaligen römischen Legionslagers Vindobona (1 – 5. Jahrhundert) erbaut. Außerdem war sie die erste mittelalterliche Schutzmauer, die die Vedunia-Siedlung beschützte, die sich im Gebiet des heutigen ersten Bezirks befand.
Rund um den Hof herum hängen malerische Pawlatschengänge aus Holz aus dem 18. Jahrhundert, durch die man damals zu den Wohnungen gelangte. Einen vertikalen Zugang zu den einzelnen Stockwerken gewährt eine bis heute erhaltene, schmale Wendeltreppe, die an einer Säule befestigt ist. Bemerkenswert sind auch die im Original erhaltenen Tonnengewölbe.
Derzeit befinden sich im Erdgeschoss des Gebäudes die Galerie des Polnischen Instituts Wien, die öffentliche Bibliothek und Säle, die zu didaktischen Zwecken bereitgestellt werden. Im ersten Stock hingegen befindet sich ein Veranstaltungsraum und im zweiten Büroräume.

49. Hl. Klemens Maria Hofbauer, Stadtpatron von Wien und Warschau
Kirche Maria am Gestade, Salvatorgasse 12, 1010 Wien
Wir besuchen die Kirche Maria am Gestade in der Nähe des Polnischen Instituts Wien. In diesem prächtigen gotischen Gotteshaus, um das sich der Redemptoristenorden kümmert, befindet sich die Reliquie des heiligen Klemens Maria Hofbauer, dem Stadtpatron von Wien und Warschau.
Die sterblichen Überreste des heiligen Klemens Maria wurden in einem kleinen Sarg im Marmoraltar in der Seitenkapelle im zentralen Teil der Kirche platziert. Neben dem Altar steht eine Statue des Heiligen und auf der Kapellenwand hängen zeitgenössische Gemälde, die Orte darstellen, mit denen er besonders in Verbindung gebracht wurde: Tasswitz, Tivoli, Rom, Warschau und Wien.
(die Lebensgeschichte des hl. Klemens Maria Hofbauer: siehe Nr. 4)

50. Die Kapelle von Stanislaus Kostka in der Jesuitenkirche
Jesuitenkirche, Doktor-Ignaz-Seipel-Platz 1, 1010 Wien
Die Kapelle, die dem heiligen Stanislaus Kostka geweiht wurde, ist die zweite auf der linken Seite vom Haupteingang in die Kirche.

Auf dem Altar im zentralen Bereich wurde ein Bild platziert, das den jungen Stanislaus Kostka darstellt, der in Rom vom General der Jesuiten Francisco de Borja (1510-1572) die Kommunion empfängt. 1567 hatte dieser Stanislaus Kostka in das Noviziat in Rom aufgenommen (zur Person des Heiligen: siehe Nr. 43).
In der Kapelle von Stanislaus Kostka befinden sich zwei weitere Gemälde. Auf der linken Seite ist Aloisius von Gonzaga (1568-1591), ein Heiliger der katholischen Kirche und einer der jüngsten heiliggesprochenen Jesuiten, zu betrachten. Ähnlich wie Stanislaus Kostka trat er gegen den Willen seiner Familie in den Orden ein.
Das Bild rechts hingegen zeigt drei Missionare, die Kreuze tragen (Jakob Kisai, Paul Miki, Johannes Soan de Goto). 1597 wurden diese Märtyrer der Jesuiten als Opfer der Christenverfolgung in Japan in Nagasaki ermordet.


51. Hl. Hyazinth – Apostel von Polen
Dominikanerkirche, Postgasse 4a, 1010 Wien
Wir gehen nun zur Dominikanerkirche (St. Maria Rotunda) an der Postgasse 4a. An der Fassade des Gotteshauses steht, auf Höhe des oberen Stockwerks links, in einer der Nischen die Statue des heiligen Hyazinths, eines polnischen Heiligen, großen Missionars und historischen Schutzpatrons von Polen.

Der hl. Hyazinth ist mit Heiligenschein dargestellt und trägt einen Dominikanerhabit, also ein Ordenskleid, das mit einem Überwurf mit Kapuze bedeckt ist. In seiner rechten Hand hält er einen Kelch und in der linken eine Figur der Mutter Gottes mit dem Jesuskind. Der Kelch symbolisiert den Glauben und die Erlösung, während die Statue auf den besonderen Kult verweist, mit dem die Dominikaner die Mutter Gottes umgaben.
Über dem Portal des Haupteingangs der Kirche befindet sich eine Statue der Hl. Maria vom Rosenkranz. Das Rosenkranzgebet hat im Dominikanerorden eine besondere Bedeutung. Der Gründer der Dominikaner, der hl. Dominikus Guzmán, habe nämlich in einer erlebten Offenbarung einen Rosenkranz von der Mutter Gottes erhalten. Die Kirche ist daher ihr gewidmet. An der Vorderseite der Kirche befinden sich weitere acht Steinfiguren der Heiligen, die alle dem Dominikanerorden angehörten. Auf der Höhe des Obergeschosses befindet sich in der linken Nische die Statue des hl. Hyazinth.

Der Sitz des Dominikanerordens in Wien
Neben der Dominikanerkirche befindet sich ein Kloster. Es ist einer der ältesten Sitze des Dominikanerordens. Nur drei Hauptquartiere des Ordens sind bis heute erhalten: in Wien, in Krakau und in Dubrovnik.
Um die Jahreswende 1225/1226 wurde in Wien das Dominikanerkloster gegründet und sein Bau 1237 abgeschlossen. Im selben Jahrhundert entstand neben dem Gebäude eine Kirche, die ständig erweitert wurde. Das Kloster und die Kirche wurden während der Ersten Wiener Türkenbelagerung 1529 schwer beschädigt. Das Gotteshaus musste teilweise abgerissen werden, um die schwache Stadtmauer mit dem Baumaterial zu verstärken (die Mauern von Wien und die nahegelegene Dominikanerbastei verliefen hinter dem Kloster und der Kirche). Erst im 17. Jahrhundert begann der Bau einer neuen Klosterkirche im Barockstil.
Der offizielle, lateinische Name des Dominikanerordens lautet Ordo Praedicatorum (dt. Predigerorden), weshalb die Abkürzung OP verwendet wird. „Dominikaner“ ist eine umgangssprachliche Bezeichnung, die sich vom Namen des Ordensgründers Dominikus (lat. Dominicus) ableitet. 1216 wurde dieser katholische Männerorden gegründet, dessen erster Generation der Pole, der hl. Hyazinth, angehörte.

Unermüdlicher Missionar
In der Geschichte Polens spielte der hl. Hyazinth eine wichtige Rolle. Im 12. Jahrhundert war das Christentum in Polen noch nicht gefestigt. Aus diesem Grund war es nötig, umfangreiche Evangelisierungsaktivitäten durchzuführen. Erst im 13. Jahrhundert kam es zu einer religiösen Erweckung, der auf bedeutende Weise zu der hl. Hyazinth, auch als „Apostel der Nordländer“ bezeichnet, beigetragen hat. Er war ein unermüdlicher Missionar, der zu Fuß durch Italien, Österreich, Mähren, Tschechien, Schlesien, Brandenburg, Pommern, Preußen, Litauen und Ruthenien reiste und dabei das Christentum verbreitete. Trotz der Feindseligkeiten und Gefahren, denen er ausgesetzt war, entschied er sich, die heidnische Prußen, Litauer und orthodoxen Ruthenen zu evangelisieren. Gleichzeitig war er ein großartiger Organisator. Er gründete viele Klöster, die seine missionarische Tätigkeit fortsetzten.
Historische Quellen zur Figur des hl. Hyazinth (lat. Hyazinthus Odrovantius, poln. św. Jacek Odrowąż) sind lediglich fragmentarisch überliefert. Er wurde 1183 in Groß Stein geboren, entstammte der Adelsfamilie Odrowąż und war ein Verwandter von Ivo von Konsky, einem Bischof aus Krakau, der ihn zum Studium der Theologie und des Kirchenrechts ins Ausland schickte. 1220 trat er in Rom in den katholischen Predigerorden ein, der vier Jahre früher vom hl. Dominikus gegründet wurde. Dieser schickte Hyazinth mit der Evangelisierungsmission in den Norden Europas.
Bereits auf dem Weg nach Polen begann er mit der Missionsarbeit, förderte die Idee eines neuen Ordens und bemühte sich um Berufung und Spender der neu geschaffenen Dominikanerklöster. Der Weg in seine Heimat führte über Österreich, Tschechien und Mähren. Er verbrachte mehrere Monate in Kärnten und gründete dort die ersten Dominikanerklöster im deutschen Sprachraum: ein Männerkloster in Friesach und ein Frauenkloster in Lienz. Auf seiner weiteren Reise gründete er Dominikanerkloster unter anderem in Znaim, Iglau, Olmütz, Prag und Wroclaw. Ca. 1222 kam Hyazinth nach Krakau, wo ebenfalls ein Kloster entstand.
Um ca. 1225 leitete der hl. Hyazinth eine Missionsgruppe, die nach Norden aufbrach. Er predigte das Evangelium in Masowien, Pommern, Preußen und Ruthenien. Gleichzeitig war er ein kompetenter Organisator – sobald es ihm gelang, ein Kloster an einem neuen Ort zu errichten, machte er sich auf den Weg, ein anderes zu gründen. 1243 kehrte er nach Krakau zurück und verbrachte dort die letzten Jahre seines Lebens. Er starb am 15. August 1257 und wurde in der dominikanischen Dreifaltigkeitskirche in Krakau begraben.
Es gibt viele Geschichten über die angeblichen Wunder des hl. Hyazinth. Sein bereits im 13. Jahrhundert entstandener Kult ist noch heute an vielen Orten der Welt präsent. 1594 wurde er heiliggesprochen und 1686 zum Patron von Polen und Litauen erklärt. Er wurde als Apostel der Slawen, der Nordländer und Licht des Nordens bezeichnet und war ein unermüdlicher Missionar und Erbauer kirchlicher Strukturen in Mittel- und Osteuropa. Er trug zur Verstärkung der Evangelisierung in Polen bei, indem er das Evangelium in seiner Muttersprache verkündete. Es ist Menschen wie dem heiligen Hyazinth zu verdanken, dass die polnische Nation die Eroberung durch die byzantinische Zivilisation vermieden hat – erklärte 1927 der Historiker Prof. Feliks Koneczny in einem Vortrag mit dem Titel „Polen zwischen Ost und West“ an der Katholischen Universität Lublin.
Der hl. Hyazinth nahm, wo immer er war, apostolische Arbeit auf und gründete in Friesach und Lienz die ersten Dominikanerklöster in Österreich.

Hl. Hyazinth, der historische Schutzpatron von Polen
Johann III. Sobieski bat vor seinem Aufbruch, um Wien zu helfen, in der Dreifaltigkeitskirche in Krakau am Grab des hl. Hyazinths um den Sieg und um seinen Beistand. Nach dem großen Triumph über die osmanische Armee beabsichtigte der König, den hl. Hyazinth neben dem hl. Adalbert von Prag, dem hl. Stanislaus von Krakau und dem seliggesprochenen Stanislaus Kostka zum Patron von Polen zu erklären.
Drei Jahre nach dem Sieg in Wien schrieb Sobieski am 31. August 1686 eine dementsprechende Bitte an Papst Innozenz XI. und drückte diese folgendermaßen aus: Heiliger Vater, im ganzen Königreich Polen genoss der hl. Hyazinth aus dem Dominikanerorden seit jeher die größte Verehrung, und zahllos sind die Gnaden, die Gott durch die Fürsprache seines großen Dieners den dort lebenden Menschen gewährt hat und gewährt. Aus diesem Grund rief ihn die Königliche Hoheit, als er in den letzten Krieg zog, zu sich und wählte ihn zu einem seiner Verteidiger, um ihn auf seinen heroischen Expeditionen im Namen des Heiligen Glaubens zu begleiten. Das ganze Königreich Polen, entflammt vom Eifer der Frömmigkeit und bewegt durch das Beispiel des Königs, wünscht daher aufrichtig, dass der heilige Hyazinth zu seinen wichtigsten Schutzherren und Beschützern gezählt wird, und richtet durch ein besonderes Schreiben Seiner Majestät seine demütigste Bitte an Eure Heiligkeit, dass ihm diese Gnade gewährt werden möge.
Die Autorität von Johann III. Sobieski wirkte sich positiv aus. Im apostolischen Schreiben vom 24. September 1686 kündigte Papst Innocent XI. an, dass er den hl. Hyazinth zum Hauptpatron des Königreichs Polen und des Großfürstentums Litauen ernennen würde. Somit schloss sich der große polnische Missionar den bestehenden Patronen von Polen an: dem hl. Adalbert von Prag, dem hl. Stanislaus von Krakau und dem seliggesprochenem Stanislaus Kostka. In den folgenden Jahrhunderten stieg die Zahl der Hauptpatrone von Polen an, und den Altären wurden weitere Polen hinzugefügt. Um aber die Idee des Hauptpatrons nicht abzuwerten, hat der Heilige Stuhl deren Anzahl begrenzt. Zurzeit zählen zu ihnen die Allerheiligste Jungfrau Maria - Königin von Polen und die Bischöfe und Märtyrer, der hl. Adalbert von Prag und der hl. Stanislaus von Krakau. Zweitrangige Patronen hingegen verblieben der hl. Stanislaus Kostka und der hl. Andreas Bobola. Offiziell ist der hl. Hyazinth daher kein Patron von Polen mehr. Der Titel des Apostels von Polen bleibt diesem großen Missionar aber weiterhin erhalten.
Die Person vom hl. Hyazinth ist auf der ganzen Welt bekannt. Seine Statue, als einziger polnischer Heiliger, wurde neben 140 Heiligenstatuen an der Spitze der Kolonnade Berninis am Petersplatz vor dem Petersdom im Vatikan platziert. Der hl. Hyazinth wird mit folgenden Attributen dargestellt: In seiner rechten Hand hält er ein Gefäß zur Aufbewahrung des Allerheiligsten Sakraments, in der linken ein Lorbeerblatt. Die Statue des polnischen Heiligen befindet sich beim linken Brunnen und ist die dritte links an den Säulengängen. Diese Hervorhebung zeigt, dass er als einer der größten Missionare der Kirche in der Alten Welt angesehen wird.

52. Ladislaus IV. Wasa, König von Polen
Dominikanerkirche, Postgasse 4a, 1010 Wien
Im linken Seitenschiff der Dominikanerkirche, in der Nähe des Hauptaltars, befindet sich aus der Zeit um 1700 eine prächtige, vergoldete Kanzel. Darunter wurde eine Marmortafel platziert, die mit einer vergoldeten Schrift in lateinischer Sprache versehen ist. Aufmerksamen Leserinnen und Lesern wird sicher die Passage „AD SERENISSIMUM REGEM POLONIAE WLADISLAWVM“ in der linken Textspalte im 16. Vers von oben auffallen. Ins Deutsche übersetzt bedeutet sie „zu dem durchlauchtesten König Polens, Wladislaw“.


Woran genau erinnert diese Tafel, die an einer so exponierten Stelle in der Kirche angebracht wurde? Und in welchem Zusammenhang steht dort der Name des polnischen Königs? Sehen wir uns dazu den auf Deutsch übersetzten Text an: Lieber Passant, betrachte diesen Stein als Zeichen des Lebensendes, unter dem der ehrwürdige und edle Herr Johann Putz von Adlersthurn und sein Sohn Johann Franz Edmund Putz von Adlersthurn ruhen. Beide zeichneten sich durch ihre Verstandsfähigkeit, Vernunft, Besonnenheit und ihre Treue zu Gott, dem Kaiser und dem Vaterland aus. Der Vater war ein würdiger Verwalter der vier Provinzen Schweidnitz, Jauer, Oppeln und Ratibor, und gleichzeitig des Landguts von Schlesien, des Umkreises Mährens und des Bezirks Glatz und wurde in lobenswerter Weise zum polnischen König Wladislaw geschickt, wo er sich ebenfalls gut und unermüdlich um das Wohl des Hauses des ehrwürdigsten Kaisers von Österreich sorgte. Sein Sohn war Verwalter der Bodenschätze im Königreich Böhmen, hinterließ eine Spur von Tugenden und erbte alle Güter seines Vaters. Einst trennte der traurige Tod Vater und Sohn, und nach 14 Jahren sind sie durch dieses Grab wieder zusammengekommen: dasselbe Grab, dieselbe Asche hat sie vereint. Seinem Vater treu und seinem Bruder im Herzen verbunden, errichtete er dieses Denkmal für beide.
Es handelt sich hierbei um eine Grabplatte, die zwei Personen verewigt: den Vater Johann Putz von Adlersthurn (1595-1660) und seinen 14 Jahre später verstorbenen Sohn Johann Franz Edmund Putz von Adlersthurn (1637-1674). Diese Gedenktafel wurde vom zweiten Sohn, Ignaz Dominik (1649-1718), finanziert.
Um herauszufinden, wieso der Name des polnischen Königs dort zu finden ist, sollten wir zuerst der Frage nachgehen, wer Johann Putz von Adlersthurn war.

Im Dienst des Kaisers
Johann Putz stammte aus einer böhmischen Adelsfamilie. Als die Habsburger den böhmischen Thron bestiegen, begann die Rekatholisierung des bis dahin protestantischen Landes und die Germanisierung der Bevölkerung. Dieser Prozess spielte sich manchmal freiwillig ab, wurde aber primär aufgezwungen, da der böhmische Adel offizielle Positionen am Hof des habsburgischen Kaisers übernommen hatte. Dies war auch bei Johann Putz der Fall, der im Dienst von Österreich nicht nur hohe Positionen einnahm, sondern auch zu einem großen Vermögen kam.
Johann Putz wurde für seine treuen Verdienste in der Habsburgermonarchie von Kaiser Ferdinand III. zum Ritter geschlagen und erwarb die Landgüter Mimoň und Děvín in Böhmen, die zum Sitz seiner Familie wurden. 1636 wurde Johann Putz zum Oberregent von den Gebieten Schlesien, Böhmen und Mähren ernannt und herrschte dort im Namen der Monarchie. 1645 begab er sich nach Warschau, um bei den Verhandlungen mit dem polnischen König Wladislaw IV. über die finanziellen Belange des Kaisers zu wachen. Was genau betrafen diese Verhandlungen?

Die überfällige Mitgift
Wladislaw IV. Wasa (1595-1648) war der Sohn von Sigismund III. Wasa und Anna aus dem Haus der Habsburger. In den Jahren 1632-1648 war er König von Polen und wurde nach seinem Tod in der Wawel-Kathedrale begraben. Wladislaw IV. Wasa hat zweimal geheiratet. Seine erste Frau war die Erzherzogin Cäcilia Renata von Österreich, die Tochter des Kaisers Ferdinand II. aus dem Haus der Habsburger. Sie starb sieben Jahre nach der Hochzeit.
Nach damaligem Brauch war mit der Hochzeit ein Ehevertrag über die Mitgift verbunden, die die Ehefrau erbringen musste. Die Mitgift war das Erbe der Tochter aus dem Familienbesitz. Sobald sie diese erhielt, verlor sie ihre Rechte auf das übrige Familienvermögen. In der Regel wurde die Mitgift in Form von Geld bezahlt und sollte den künftigen Ehemann bei allen Kosten unterstützen, die mit der Ehe verbunden waren. Auch für die Frau war sie von Vorteil. Sie konnte sich nämlich Unterstützung von ihrem Ehemann entsprechend dem Wert der eingebrachten Mitgift erwarten.
Falls die Ehefrau starb, ging die Pflicht, die Angelegenheiten der Mitgift zu regeln, auf ihre engste Familie über. Dies war auch bei der Ehe von Wladislaw IV. Wasa der Fall. Als im Jahr 1644 seine Frau Cäcilia Renata von Österreich starb, wandte sich der König wegen dem ausstehenden Mitgiftbetrag an ihren Vater, Kaiser Ferdinand II. aus dem Haus der Habsburger. Bei dieser Gelegenheit forderte er auch den unbezahlten Mitgiftbetrag an seinen Vater Sigismund III. Wasa ein, der ebenfalls Frauen aus dem Hause der Habsburger geheiratet hatte (1592 die Erzherzogin Anna von Österreich und nach ihrem Tod 1605 die Erzherzogin Constanze von Österreich).
Im vorehelichen Vertrag zwischen Wladislaw IV. Wasa und Cäcilia Renata von Österreich wurde der Betrag der Mitgift, die sie in die Ehe einbringen sollte, in Form der Güter in Wittingau (Třeboň) festgelegt. Da sich diese aber in Südböhmen befanden, schlug der König vor, das Gut Wittingau gegen das Herzogtum Oppeln und Ratibor, das näher an der Grenze zu Polen lag, einzutauschen.
Das Herzogtum Oppeln und Ratibor gehörte zum Gebiet des Herzogtums Schlesien, das jahrhundertelang von den schlesischen Piasten, einer Linie der polnischen Herrscherdynastie, regiert worden war. Der letzte Piastenherrscher des Herzogtums Oppeln und Ratibor war der Fürst von Oppeln, Johann II. der Gute. Er hat nie geheiratet und hatte keine Nachfolger. Ohne Erben fiel nach seinem Tod das Land des Herzogtums zum Teil an das Königreich Böhmen. Dies geschah aufgrund verschiedener diplomatischer Verhandlungen und finanzieller Transaktionen. Da die Habsburger zu dieser Zeit auf dem böhmischen Thron saßen, kam das Herzogtum unter ihre Herrschaft. Im Gegensatz zu den Piasten, die sich um ihr Land kümmerten, war es für die Habsburger lediglich ein Handelsobjekt. Es wurde verkauft oder im Rahmen einer Abrechnung mit anderen Höfen verpfändet und wechselte somit oft den Besitzer. 1645 war dies ebenso der Fall. Nach anfänglichen Protesten war der Kaiser einverstanden, das Herzogtum im Rahmen der Mitgiftabrechnung an Wladislaw IV. Wasa zu übergeben, allerdings unter bestimmten Bedingungen. Im Frühjahr 1645 kamen die kaiserlichen Gesandten aus Wien unter Leitung von Johann Putz zu den Verhandlungen nach Warschau, um jene Bedingungen zu besprechen.

Die Verhandlungen
Nach den Verhandlungen zwischen den Vertretern des Kaisers und den Beauftragten des polnischen Königs wurde ein Vertrag erstellt. Bevor der polnische König das Herzogtum Oppeln und Ratibor übernehmen konnte, musste er dem Kaiser ein schnelles finanzielles Darlehen gewähren (heute das sog. Sofortdarlehen).
Im Juli 1645 ratifizierte der König den Vertrag in Warschau. Das Herzogtum Oppeln und Ratibor ging dabei als Hypothek für die restlichen Mitgiftbeträge seiner verstorbenen Ehefrau Cäcilia Renata sowie Anna und Constanze, der Ehefrauen seines Vaters Sigismund III., in die Hände von Wladislaw IV. Wasa über. Im August 1645 ernannte er eigene Kommissare, die das Herzogtum übernahmen und die letzten Formalitäten erledigten. Es traten jedoch unvorhergesehene Schwierigkeiten auf.
Das oben erwähnte Darlehen an den Kaiser war eine der Bedingungen, an die die Übergabe des Herzogtums gekoppelt war. Bei der Übertragung des Geldes kam es jedoch zu einem Streit, da laut Vertrag das Darlehen in voller Höhe gewährt werden sollte, dann aber in Raten ausbezahlt wurde. Es war schwierig, den gesamten Betrag in so kurzer Zeit anzuhäufen. Johann Putz als Vertreter des Kaisers weigerte sich anfangs, den unvollständigen Teilbetrag anzunehmen, willigte aber schließlich ein, da der Kaiser dringend Geld benötigte.
Es gab ebenfalls Probleme, die kaiserlichen Steuerrückstände aus dem Herzogtum Oppeln und Ratibor abzurechnen. Putz wollte diese von dem Darlehen abziehen, das vom polnischen König gewährt wurde. Die Vertreter von Wladislaw IV. Wasa wollten dem aber nicht zustimmen. Letztendlich handelte Putz aus, diese Summe vom Rest des Darlehens abzuziehen, das der König nach der Übernahme des Herzogtums gewähren sollte.
Ein weiterer Streitpunkt betraf den Anspruch des Kaisers, über das Herzogtum Oppeln und Ratibor zu herrschen, bis der polnische König die gesamte vereinbarte Summe des Darlehens gezahlt hatte. Die polnische Seite stimmte einer solchen Lösung nicht zu. Schließlich erklärte sich Johann Putz bereit, Zugeständnisse zu machen.
Epilog
Johann Putz und die polnischen Verhandlungspartner schlossen eine endgültige Vereinbarung, der der Kaiser und der König zustimmten. Im Oktober 1645 versammelten sich die Vertreter des Adels, des Klerus und des Bürgertums in Oppeln bei einer Zusammenkunft des Herzogtums Oppeln und Ratibor. Das Land wurde dem polnischen König vereidigt und die entsprechenden Dokumente unterzeichnet. Von diesem Moment an übernahm Wladislaw IV. Wasa die Herrschaft über das ganze Herzogtum. Am Ende der Zeremonie wurde auf Kosten des Kaisers ein Festmahl veranstaltet und Johann Putz überreichte den königlichen Verhandlungspartnern Geldgeschenke.
Leider traten im Jahr 1646 neue Probleme auf. Die Armeen des Kaisers zogen zum vereinbarten Termin nicht ab und verließen somit nicht das Herzogtum Oppeln und Ratibor. Die polnische Seite verlangte daher, sie sollen sich zurückziehen. Der polnische König machte die Auszahlung des restlichen Darlehens davon abhängig. Nach weiteren anstrengenden Verhandlungen verließen die kaiserlichen Armeen 1647 schließlich das Herzogtum, das somit endgültig unter die Herrschaft des polnischen Königs Wladislaw IV. Wasa fiel. Die Mission von Johann Putz war somit beendet.
Wer hätte gedacht, dass sich hinter der kurzen Erwähnung von Wladislaw IV. Wasa auf der Tafel in der Dominikanerkirche in Wien eine komplizierte Staatsaffäre und eine persönliche Angelegenheit des Königs verbirgt?

53. Hl. Josaphat Kunzewitsch, Schutzpatron von Polen und der Ukraine
St. Barbara Kirche, Postgasse 8, 1010 Wien
Besuchen Sie die St. Barbara Kirche in der Postgasse 8, die Pfarrkirche der Ukrainischen Unierten Kirchengemeinde in Österreich.

An der vorderen Fassade der Kirche, auf der Höhe des dritten Stocks, kann man zwei Statuen in Nischen sehen. Auf der linken Seite befindet sich eine Statue der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Kirche, während auf der rechten Seite der Heilige Josaphat Kunzewitsch zu sehen ist. Dieser in Polen wenig bekannte Heilige ist der historische Schutzpatron Polens und der Ukraine und wurde 1863 zum Schutzpatron des Januaraufstandes erklärt.
Im Inneren der Kirche, rechts vom Hauptaltar, befindet sich die Kapelle des Heiligen Josaphat Kunzewitsch. Sie ist mit zwei Gemälden des österreichischen Malers Paul Reckendorfer geschmückt, auf denen Szenen aus dem Leben des Heiligen dargestellt sind. Außerdem sind in einer Glasvitrine Josaphats Gewänder (aus der Zeit um 1620) und der Sarg, in dem der einbalsamierte Leichnam des Heiligen lag, zu sehen (die Kirche ist wegen Renovierungsarbeiten vorübergehend geschlossen). Die sterblichen Überreste von Josaphat wurden hier von 1916 bis 1949 aufbewahrt, bevor sie aus Furcht vor Zerstörung während der sowjetischen Besetzung Wiens heimlich nach Rom überführt wurden. Wer also war Josaphat Kunzewitsch, ein Heiliger, der nicht nur zu Lebzeiten, sondern auch nach seinem Tod bekämpft worden war?
Geschichte des Lebens des Heiligen
Er wurde 1580 in der Königlichen Republik der Polnischen Krone und des Großfürstentums Litauen, einem multinationalen, multikulturellen und multireligiösen Staat, in Włodzimierz (Wolodymyr, einer Stadt im Westen der Ukraine) in einer orthodoxen, ruthenischen (national ukrainischen) Familie mit dem Familiennamen Kunczyc geboren. Bei seiner Taufe erhielt er den Namen Iwan (polnisch: Jan), später nahm er den Nachnamen Kuncewicz an (deutsch: Kunzewitsch), der dem Adel angemessen war. Sein Vater war Kaufmann, und so ging Jan nach dem Abschluss der Gemeindeschule in seiner Heimatstadt nach Vilnius, um einen Beruf zu erlernen. Doch sein Leben verlief anders.
In Vilnius begann er eine Lehre bei einem örtlichen Kaufmann. Sein Eintritt ins Erwachsenenalter fiel in eine Zeit stürmischer Veränderungen in einer zwischen Katholiken, Orthodoxen und Protestanten gespaltenen Kirche. Vilnius, eine Stadt der verschiedenen Kulturen und Nationen, war ein Zentrum vieler Religionen. Der junge Jan kam sowohl mit der orthodoxen als auch mit der katholischen Gemeinde in Kontakt, schloss sich aber keiner von beiden an und war stattdessen von der Idee ihrer Annäherung und Vereinigung fasziniert. Er wurde ein glühender Verfechter der christlichen Einheit, der so genannten Union von Brest, d. h. des Zusammenschlusses der westlichen (römisch-katholischen) und der östlichen (orthodoxen) Kirche in Brest-Litowsk im Jahr 1596 und der Anerkennung der Oberhoheit des Papstes. Dadurch entstand die Unierte Kirche in Polen (unio bedeutet auf Lateinisch Einheit).
Jan beherrschte die polnische Sprache, und dank seiner Kontakte zu polnischen Jesuiten, Professoren der Vilniuser Akademie, vertiefte er seine theologischen Kenntnisse. Im Alter von 24 Jahren trat er auf Anraten von Jesuitengeistlichen in den Basilianerorden ein (ein orthodoxer Orden, der nach der Annahme der Union von Brest die Oberhoheit des Papstes anerkannte). Er legte die Mönchskutte an und nahm den Ordensnamen Josaphat an. Mehrere Jahre lang studierte er Philosophie und Theologie an der Vilniuser Akademie. Bereits zu dieser Zeit schrieb er eine Reihe von polemischen Abhandlungen über die Notwendigkeit der Vereinigung der beiden Stränge des Christentums: Der lateinischen Kirche und der orthodoxen Kirche. Im Jahr 1609 wurde er zum Priester der Unierten Kirche geweiht und ging anschließend nach Kiew, um die Einheit der westlichen und östlichen Kirche zu predigen. Während dieser Zeit begann er, die adlige Version seines Nachnamens Kuncewicz anstelle des Nachnamens Kunczyc zu verwenden.
Er besuchte verschiedene Ortschaften und wurde als großer Prediger berühmt. Er vertrat die Ansicht, dass die Christen unter der Autorität des Papstes - des Nachfolgers des Heiligen Petrus - vereint bleiben sollten, dass es keine ernsthaften dogmatischen Unterschiede zwischen der westlichen und der östlichen Kirche gebe und dass die Union keine Bedrohung für die liturgische Tradition des Ostens darstelle.
Sein Einsatz für die Rückkehr der östlichen Christenheit zur Einheit mit Rom rief bei den Gegnern der Union bisweilen feindselige Reaktionen hervor. Im Pechersk-Kloster in Kiew wurde er nach einer Rede von wütenden orthodoxen Mönchen von der Kanzel gezerrt und schwer verprügelt, während er bei einer anderen Gelegenheit im letzten Moment vor einem Angriff orthodoxer Bauern gerettet wurde. Josaphat, der sich der Gefahr bewusst war, ließ sich nicht einschüchtern, predigte weiter und veröffentlichte auch Texte, in denen er die Unterschiede zwischen Katholizismus und Orthodoxie erklärte und die Gültigkeit der Union rechtfertigte. Sein Wunsch, zur Einheit des Christentums zurückzukehren, sollte ihn bis zu seinem Ende begleiten, mit allen Konsequenzen.
Das Engagement von Josaphat wurde von seinen kirchlichen Vorgesetzten anerkannt. Im Jahr 1613 wurde er mit dem Amt des Oberen des Basilianerklosters in Vilnius betraut, und 1618 wurde er Erzbischof von Polazk, ein Amt, das er die letzten fünf Jahre seines Lebens innehatte. In der ausgedehnten unierten Erzdiözese Polazk, die fast das gesamte heutige Weißrussland, d. h. den Nordosten der Polnisch-Litauischen Union umfasste, nahm er eine umfangreiche seelsorgerische Tätigkeit auf und bewies dabei großes Organisationstalent. Dank seiner persönlichen Kontakte in den Kreisen des unierten Adels konnte er aus deren Reihen Mittel für die Renovierung von Kirchen und die Eröffnung von unierten Pfarrschulen und Klöstern beschaffen.
Josaphats Aktivitäten gefielen den Gegnern der Union, die die Erzdiözese Polazk beherrschten, nicht. Sie warfen ihm vor, einen Rituswechsel mit Gewalt zu erzwingen, beschuldigten ihn der Verfolgung, hetzten die Orthodoxen auf und bedrohten ihn sogar mit dem Tod.

Märtyrertum
Im Herbst 1623 begab sich Kunzewitsch zu einem Pastoralbesuch nach Witebsk (eine Stadt in Weißrussland an der Düna). Der Vorwand für das tragische Attentat auf Kunzewitsch war die Festnahme eines orthodoxen Priesters in Witebsk am 12. November 1623 durch die Diener des Erzbischofs, der sich ihnen gegenüber aggressiv verhalten hatte. Kunzewitsch selbst erfuhr davon erst, als er von einem Gottesdienst nach Hause kam. Obwohl er ihn sofort freiließ, wurde die Verhaftung als ein weiterer Akt der Verfolgung von Orthodoxen dargestellt. Die Anstifter schlugen Alarm, und ein wütender Mob brach die Tür des Hauses auf und drang ein. Kunzewitsch wurde mit Stöcken und Äxten angegriffen und schließlich mit einem Schuss in den Kopf getötet.
Die orthodoxen Stadtbewohner massakrierten den Leichnam, schleppten ihn durch die Straßen der Stadt und warfen ihn in den Fluss Düna. Eine Woche nach der Ermordung wurde Josaphats Leiche gefunden und in die Kathedrale der Unierten in Polazk gebracht, wo sie beigesetzt wurde.

Das Schicksal der sterblichen Überreste des heiligen Josaphat
Die Geschichte der sterblichen Überreste des heiligen Josaphat war turbulent. Als die Armee des russischen Zaren 1654 in das Gebiet der Republik Polen einmarschierte (Polnisch-Russischer Krieg 1654-1667), befürchtete der unitarische Erzbischof von Polazk, dass die Reliquien entweiht oder gar zerstört werden könnten, und brachte den Sarg mit dem einbalsamierten Leichnam des heiligen Kunzewitsch in das Kloster in Żyrowice (heute Weißrussland). Nach der Rückkehr von Polazk in die Republik wurde der Sarg 1667 in einer feierlichen Prozession in diese Stadt zurückgebracht.
Im Jahr 1705 wurde Polazk von der Moskauer Armee wieder eingenommen. Mit Hilfe des litauischen Kanzlers Karol Radziwill wurden die Reliquien der Heiligen heimlich nach Biała Podlaska gebracht, einer Stadt, die damals der Familie Radziwill gehörte, und in ihrem Schloss versteckt. Erst 1765 wurden sie öffentlich auf dem Altar des von den Radziwills in Biała Podlaska errichteten unierten Tempels der Heiligen Barbara verehrt. Die Reliquien zogen Scharen von Gläubigen an und wurden zum Ziel von Massenpilgerfahrten.
Während des Januaraufstandes wurde Josaphat zum Schutzpatron des Aufstandes ernannt. Nach der Niederschlagung des Aufstandes begann das zaristische Russland mit Repressionen, und auch die Unierten wurden verfolgt. Gemäß der russischen Religionspolitik identifizierten sich die Unierten zu sehr mit der Tradition und Kultur der ehemaligen Republik. 1864 wurde die Gemeinde in Biała Podlaska nach der Vertreibung der Unierten Mönche von orthodoxen Geistlichen übernommen, die der zaristischen Politik treu ergeben waren. Das zaristische Regime fürchtete die nationenbildende Rolle der Religion und sah darin eine Bedrohung für die Herausbildung einer von Russland getrennten nationalen Identität auf der Grundlage religiöser Unterschiede, insbesondere für das Erwachen eines ukrainischen Nationalbewusstseins. Das Ziel der Russen war in der Tat die Homogenität ihres Reiches in politischer, religiöser und nationaler Hinsicht.
Aus Angst vor einer Bedrohung des „einen unteilbaren Russlands“ bekämpfen die Eroberer den Kult des Heiligen Josaphat. Unter Ausnutzung der Schließung der Kirche für die Dauer der Renovierung wird der Sarg mit den Reliquien von den orthodoxen Geistlichen vom Altar entfernt, heimlich in den Untergrund gebracht und in einer der Krypten eingemauert. Der 14-jährige Emilian Radomiński, der seinem Vater, der mit Reparaturarbeiten beschäftigt ist, eine Mahlzeit bringt, wird zufällig Zeuge dieser Verbergung. Die Entdeckung der Reliquien des heiligen Josaphat nach jahrzehntelangem Verstecken ist das Verdienst von Emilian Radomiński, einem polnischen Unabhängigkeitsaktivisten. Er wurde 1850 in Biała Podlaska geboren. Als Jugendlicher nahm er zusammen mit seinem Vater am Januaraufstand von 1863 teil. Wegen seiner Teilnahme am Aufstand, der Verteidigung der Unierten und des Widerstands gegen die Einführung der Orthodoxie wurde er vier Monate lang in einem russischen Gefängnis - der Warschauer Zitadelle - gefangen gehalten und nach Sibirien geschickt. Nach sechs Jahren in Strafhaft kehrte er nach Biała Podlaska zurück.
Die eingemauerten Überreste des Heiligen Josaphat blieben bis zum Ersten Weltkrieg verborgen. Als die russischen Truppen 1915 im Zuge der Frontverschiebung aus Biała Podlaska vertrieben wurden, zog sich der orthodoxe Klerus mit ihnen zurück. Deutsche und österreichische Soldaten rückten in Biała Podlaska ein. Einem der österreichischen Offiziere, Franciszek Zając, vertraute der damals 65-jährige Emilian Radomiński an, dass er wisse, wo die Reliquien des heiligen Josaphat versteckt seien. Bald darauf wurde in einer der zugemauerten Krypten ein Sarg mit den sterblichen Überresten des Heiligen gefunden, aus den Gewölben geholt und in der Kirche öffentlich ausgestellt.
1917 beschloss man aus Angst vor der Rückkehr der russischen Armee, die kostbaren Reliquien nach Wien zu bringen. In einer feierlichen Prozession wurden die Reliquien zum Bahnhof und dann mit dem Zug über Warschau in die österreichische Hauptstadt gebracht.
In Wien wurde der Sarg mit den Reliquien zunächst in der Kirche St. Barbara aufgestellt. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Sarg mit den Reliquien 1944 aus Angst vor Zerstörung durch die alliierten Bombenangriffe auf Wien in den Untergrund der Kirche St. Rochus gebracht. 1945 entstand eine neue Gefahr, die wiederum mit der Anwesenheit russischer Truppen, diesmal in Wien, zusammenhing. Der Sarg wird überführt und in den Katakomben des Stephansdoms versteckt. Da dies immer noch kein sicheres Versteck war, überführte der amerikanische Armeekaplan auf Bitten von Papst Pius XII. die sterblichen Überreste des heiligen Josaphat 1949 heimlich auf dem Luftweg von Wien über Frankreich, Gibraltar und Afrika nach Rom. Zunächst wurden sie versteckt gehalten, bis Papst Johannes XXIII. beschloss, sie im Petersdom im Vatikan aufzubewahren, wo sie sich noch heute in einem gläsernen Sarkophag im Altar des Seitenschiffs befinden.

Apostel der Einheit
Der Kult um den heiligen Josaphat, Bischof und Märtyrer, entwickelte sich in den polnischen Gebieten nach seinem Tod sowohl in der unierten als auch in der katholischen Kirche. König Sigismund III. Wasa, sein Sohn König Wladislaw IV. Wasa, aber auch der Sejm der Republik und der Klerus bemühten sich um die Seligsprechung von Erzbischof Josaphat.
Im Jahr 1642 begründete Papst Urban VIII. seine Entscheidung, den Seligsprechungsprozess einzuleiten, mit folgenden Worten: „Auf Bitten der Edlen von Polen und Schweden, der Könige Sigismund III. und Wladislaw IV. und auch auf Bitten der Metropoliten, Erzbischöfe und Bischöfe (...) soll die Sache des Dieners Gottes Josaphat, Erzbischof von Polazk (...) gründlich untersucht werden, und nachdem dies geschehen ist, soll er unter die Märtyrer aufgenommen werden“. Im Jahr 1643, 20 Jahre nach seinem Tod, wird Josaphat Kunzewitsch seliggesprochen.
1867 wurde Josaphat Kunzewitsch von Papst Pius IX. in der gesamten katholischen Kirche heiliggesprochen und zum Schutzpatron Polens und der Rus erklärt.
Papst Leo XIII. dehnte das liturgische Gedenken an ihn auf die ganze Kirche aus und schrieb: „Der heilige Josaphat, Erzbischof von Polazk, das berühmte Licht der Völker Polens und der Rus“. Papst Johannes Paul II. wiederum nannte den heiligen Kunzewitsch „den Apostel der Einheit“. Gemäß der Botschaft Jesu „Auf dass sie alle eins seien“ (Johannesevangelium) war die Wiederherstellung der ursprünglichen Einheit des Christentums in der Tat das Motto von Josaphats Tätigkeit.
Die Ikonographie zeigt den heiligen Josaphat als bärtigen Mann in Mönchskutte oder bischöflichem Gewand, mit einem Kreuz, einem Hirtenstab, der Märtyrerpalme und dem Beil, mit dem er getötet wurde. Der Gedenktag des heiligen Josaphat Kunzewitsch fällt entweder auf den 12. November (katholische Kirche) oder den 25. November (ukrainische griechisch-katholische Kirche). Heute wird er in der gesamten katholischen Kirche verehrt, insbesondere in der polnischen, ukrainischen, weißrussischen und litauischen griechisch-katholischen Kirche. Der heilige Josaphat Kunzewitsch ist zu einer gemeinsamen Figur der Völker der ehemaligen Königlichen Republik der Polnischen Krone und des Großfürstentums Litauen geworden.

54. Wohnhaus von Franz Kolschitzky
Domgasse 8, 1010 Wien
Hinter dem Stephansdom befindet sich die kleine Domgasse. Genau dort unter der Hausnummer 8 soll sich das erste Kaffeehaus befinden, das von dem Polen Georg Franz Kolschitzky gegründet wurde.


1983 wurde anlässlich des 300. Jahrestags der Schlacht am Kahlenberg auf der Wand des Gebäudes, das an der Stelle des Wohnhauses von Kolschitzy steht, eine Gedenktafel aufgehängt. Sie wurde von Cech Rzemiosł Spożywczych, einer Organisation aus Warschau, gestiftet.
Es heißt, dass Franz Kolschitzy für seine Taten während der Verteidigung von Wien im Jahr 1683, von der Stadtverwaltung mehrere hundert Kaffeesäcke, die in dem türkischen Lager hinterlassen wurden, sowie das Mietshaus bei der Domgasse 8 erhalten habe. In türkischer Tracht gelang es ihm nämlich, den Lagerplatz der osmanischen Armee, die Wien belagerte, zu durchqueren und den Hilfstruppen Informationen über die dramatische Situation in der Stadt zu überbringen. Kolschitzky kehrte nach Wien zurück und berichtete vom sich nähernden Entsatz, wodurch die Bewohner der Hauptstadt die Hoffnung nicht verloren und ihr Wille, die Stadt zu verteidigen, gestärkt wurde.
Kolschitzky gelang es, in das türkische Lager durchzudringen, weil er die türkische Sprache beherrschte. Diese hatte er vor dem Krieg als Kaufmann von Waren aus dem Osten erlernt. Nach der Befreiung Wiens erhielt er für seine Heldentat das ausschließliche Recht, mit Kaffee zu handeln, den die osmanische Armee säckeweise in ihrem Lager hinterlassen hatte. Anfangs dachten die Österreicherinnen und Österreicher, dass es sich dabei um Futter für Kamele handle, bis Kolschitzky dem Stadtkommandanten der Verteidigung Wiens, Graf Starhemberg, erklärte: „Ich kenne diese Bohnen. Aus ihnen wird ein Getränk zubereitet, das erregt, ohne die Sinne zu trüben. Geben Sie mir, gütiger Herr, diese Säcke mit den Bohnen und ich werde daraus ein Getränk namens Kaffee machen, das bei den Wienerinnen und Wienern ebenso beliebt sein wird, wie es seit hunderten Jahren in der Türkei der Fall ist“.
Einige Historiker zweifeln daran, dass der Held der Befreiung Wiens der erste war, der ein Kaffeehaus eröffnete und den Wienern beigebracht hat, Kaffee zu trinken. Eines ist allerdings sicher: Kolschitzky war eine historische Figur und Pole. Eine Tafel bei der Domgasse 8 verewigt seine Person. Darauf steht geschrieben: „Wohn- und Sterbehaus von Franciszek Jerzy Kulczycki >Franz Georg Kolschitzky< (1640-1694), Hofkurier und Kundschafter während der Belagerung Wiens 1683“.
Es ist interessant zu wissen, dass eine der Straßen Wiens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Georg Franz Kolschitzky benannt wurde. Trotz der Proteste der Polinnen und Polen, die damals in Wien wohnten und sich wünschten, die polnische Schreibweise des Nachnamens Kulczycki zu belassen, entschied sich der Stadtrat für den Straßennamen Kolschitzkygasse. Bis heute ist an der Ecke Kolschitzkygasse/Favoritenstrasse, am Eckhaus, in dem sich bis Mitte des 20. Jahrhunderts das Kaffeehaus „Zum Kolschitzky” befand, im ersten Stock eine Steinskulptur von Georg Franz Kolschitzky erhalten geblieben. Die Skulptur zeigt ihn in türkische Tracht gekleidet und eine Kaffeekanne und ein Tablett mit Tassen in der Hand haltend. Anfangs verkaufte er nämlich Kaffee auf der Straße und trug ein Tablett mit Kanne und Tassen bei sich. Später soll Kolschitzky angeblich das erste Kaffeehaus in Wien gegründet haben.

55. Octavianus Wolckner von Krakau
Domkirche St. Stephan, Stephansplatz 3, 1010 Wien
Wir kehren an den Ort zurück, wo unsere Tour auf der Suche nach polnischen Spuren im Zentrum Wiens begonnen hat. Zum Schluss der Besichtigung wollen wir einen Blick auf den Haupteingang des Stephansdoms werfen.

Es lohnt sich nämlich, eine Figur zu erwähnen, die heute aus Legenden bekannt ist, aber möglicherweise historische Wurzeln hat. Es handelt sich dabei um einen gewissen Octavianus Wolckner, den Erbauer der romanischen Allerheiligenkirche. Im Archiv der wienerischen Baumeister, das 1784 als Ergänzungsband zur „Sammlung Österreichischer Gesetze und Ordnungen“ veröffentlicht wurde, befindet sich nämlich eine Notiz, dass die Fundamente dieser Kirche in der Mitte des 12. Jahrhunderts von „Oktavianus Wolckner von Krakau aus Polen“ erstellt wurden. Genau an den Mauern der Allerheiligenkirche wurde im 13. Jahrhundert der Stephansdom erbaut. Da viele Originaldokumente verloren gingen oder vernichtet wurden, wurde das Archiv der Baumeister des Wiener Doms überarbeitet. Aus diesem Grund sind Historiker seit dem 20. Jahrhundert der Meinung, dass der sogenannte „Octavianus Wolckner von Krakau aus Polen“, keine historische, sondern eine legendäre Figur ist.
Von dem damaligen romanischen Gotteshaus blieb nur die Fassade mit dem Riesentor erhalten, das als Haupteingang in den Dom dient, sowie die zwei unvollendeten Heidentürme, die sich an seinen Seiten befinden. Diese wurden womöglich von Wolckner erbaut.
Das Geheimnis von Octavianus Wolckner aus Krakau wartet noch immer darauf, gelöst zu werden.

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